Buchcover: Dan Brown – Illuminati
Das Ende des Vatikan
als berauschender Lesestoff
Titel Illuminati
(Angels & Demons)
Autor Dan Brown, USA 2000
aus dem Amerikanischen von Axel Merz
Verlag Bastei-Lübbe
Ausgabe Taschenbuch, 701 Seiten
Genre Thriller
Website dan-brown.de
Inhalt

Ein Kernforscher wird in seinem Labor im Schweizer CERN ermordet aufgefunden. Auf seiner Brust finden sich merkwürdige Symbole eingebrannt, Symbole, die den aus Harvard herbeigerufenen Symbolologen Robert Langdon elektrisieren und erschrecken: Die Symbole gehören zu der legendären Geheimgesellschaft der Illuminati.

Diese Gemeinschaft scheint wieder zum Leben erweckt zu sein. Oder war sie gar nie fort? Hat sich ruhig gehalten, bis ihre Zeit gekommen ist?

Aus dem Labor des ermordeten Kernforschers wurde Antimaterie entwendet. Ein Milligramm dieser viele Meter unter CERN hergestellten Substanz reichen für einen gewaltigen Energieschub - oder für eine gewaltige Explosion. Auch die Tochter des Ermordeten, Vittoria, die an den Antimaterieexperimenten beteiligt war, ist entsetzt.

Bevor sich jemand bewusst machen kann, was es heißt, dass "ein viertel Gramm Antimaterie" verschwunden ist, klingelt das Telefon. Der Vatikan ist dran. Wenige Stunden später befinden sich der Symbolologe und die Wissenschaftlerin im Landeanflug auf Rom, wo sie bald darauf auf einen Bildschirm starren, der ein Gefäß zeigt. In dem Gefäß befindet sich - magnetisch in der Schwebe gehalten - die verschwundene Antimaterie. Unter dem Gefäß läuft eine Digitaluhr. Rückwärts.

Die Uhr zeigt an "etwas über sechs Stunden". Die Schweizer Garde, die Palastwache des Papstes, macht deutlich, dass sich der Behälter in Vatikanstadt befinden muss. Vittoria macht deutlich, dass, wenn die Uhr abgelaufen ist, Schlag Mitternacht, das viertel Gramm Antimaterie aus seinem luftleeren Magnetismus fällt und die gesamte Vatikanstadt pulverisieren wird - samt aller anwesenden Kardinäle, die zum Konklave in der Sixtinischen Kapelle eingesperrt sind, um einen neuen Papst zu wählen.

Die Illuminati, die uralte Bruderschaft der Wissenschaft, der Geheimbund, der gegen die Kirche gegründet wurde, hat offenbar zu ihrem entscheidenden Schlag gegen die Religion ausgeholt ...

Was zu sagen wäre
Illuminati

Ein klassischer Thriller um Geheimbünde und Verschwörungen, in dem es mindestens um das Erbe der Menschheit geht. Es wimmelt die Reißersprache: Da gefriert dem Helden das Blut in den Adern, erkennt er in Bruchteilen von Sekunden einen furchtbaren Fehler, worauf die Erkenntnis darüber wie lodernde Flammen in der Brust wildern. Da strahlen stahlharte Augenschlitze die disziplinierte Entschlossenheit jahrelangen entbehrungsreichen Trainings aus. Und das meist genutzte Adverb lautet "atemberaubend"

Die Kapitel sind kurz, treiben die Handlung voran, springen im jeweils entscheidenden Augenblick an einen anderen Schauplatz und produzieren so dauernd neue Cliffhanger. Robert Langdon, der etwas tapsige und die ersten zweihundert Seiten eher neben den Ereignissen stehende Held, leidet an - "nur einer leichten Form von" - Klaustrophobie und befindet sich auf den weiteren Seiten also dauernd in engen, muffigen, nach Verwesung stinkenden Gruften, Sarkophagen oder in den vatikanischen Archiven, in denen immer die Luft zu knapp ist - gebremst durch eine Vorrichtung, die uraltes Papier schützen soll.

Die Haupthandlung spielt zwischen ein Uhr nachmittags und Mitternacht. Sie ist gefüllt vor allem mit einer höchst kunstvoll angelegten Schnitzeljagt quer durch die Ewige Stadt von einem historischen Bauwerk zum nächsten. Vier Kardinäle schweben in Lebensgefahr und die Geheimnisse der Schnitzeljagd auf dem "Pfad der Erleuchtung", angelegt von Galileo Galilei, sollen die Kardinäle retten.

Die Auflösung gleitet nochmal über hundert Seiten dahin und gebiert noch die ein oder andere Wendung, wobei mir tatsächlich zur Mitte des Buches klar war, wer der Drahtzieher ist. Dafür wurde zuviel von ständiger "Dualität" - Yin und Yang, Gut und Böse, Gott und Teufel - geredet, die Leben erst ermöglicht. Oder von der Ambiguität, die den Genius der Illuminati beflügelt und erst zu der exzessiven Klarheit geleitet, die sie berühmt gemacht hat.

Ist nicht weiter schlimm. Brown schreibt so, dass es Spaß macht weiterzulesen und zu rätseln, ob ich denn nun auch Recht behalte mit meiner Theorie. Ärgerlich ist eine Szene am Fuße des Obelisken auf dem Petersplatz. Da wollen unsere beiden Helden und etliche Schweizergardisten einen Mord Punkt 21 Uhr verhindern und sind dann so albern mit sich beschäftigt, dass der Mörder gleich mehrere Minuten Zeit hat, sein Werk auszuführen. Das ist schlicht unglaubwürdig. Und dass Brown das Medieninteresse an einem Konklave Ende des 20. Jahrhunderts derart unterschätzt, wundert bei seiner sonstig zur Schau getragenen Penibilität schon sehr. Dass das Interesse der Medien in aller Welt um ein Vielfaches größer ist, war schon Jahre vor dem Tod Johannes Pauls II. (April 2005) klar.

Aber der Rest ... spannend, unterhaltsam ... und vielleicht schließe ich mich jenem sagenhaften Pilgerstrom an, der sich seit Erscheinen des Romans durch Rom wälzt auf der Suche nach all den Verschwörungszeichen, Tunneln und Bruderschaften, die es laut Dan Browns Vorwort tatsächlich alle geben soll.

Illuminati ist so eine Art erster Teil der Robert-Langdon-Abenteuer. Teil zwei, Sakrileg, wurde noch erfolgreicher und spielt die Schnitzeljagd anhand von Leonardo-da-Vinci-Werken durch. Tom Hanks spielt die Hauptrolle in der Verfilmung dieses Da Vinci Code und ein Vatikan-Geistlicher macht im Sommer 2005 Werbung, indem er Sakrileg verbieten lassen möchte.

Bevor Ron Howard 2009 dann doch noch die Illuminati verfilmte, waren mir schon viele schöne Motive für das Plakat eingefallen - ein nackter Kardinal, an Ketten aufgehängt über einem aus Bänken und Stühlen errichteten Scheiterhaufen in einer Kirche ist nur eines davon; schade, dass das Marketing sich für ein grottig langweiliges Plakat entschied.

Ich habe Illuminati vom 25. bis 30. November 2005 gelesen.

Die Verfilmung Illuminati - Angels & Demons