Taschenbuchcover: Lautlos
G8-Gipfel-Verschwörung in Köln
ein Fingernägel-Knabber-Roman
Titel Lautlos
Autor Frank Schätzing, Deutschland 2000
Verlag Emons Verlag Köln
Ausgabe Taschenbuch, 606 Seiten
Genre Thriller
Website frank-schaetzing.com
Inhalt

Dunkle Mächte sammeln sich zwei Jahre vor dem G8-Gipfel in Köln. Jemand ist bereit, 25 Millionen Dollar zu bezahlen, um der Welt zu zeigen, wie verwundbar die Arroganz der Macht wirklich ist.

Ein Mann namens Mirko wird beauftragt, das richtige Team zu finden. Mirko findet Jana. Topterroristin. Serbin. Im „zivilen” Leben erfolgreiche Unternehmerin.

In Köln nervt der Physiker Dr. Liam O'Connor seine Umwelt. Der angehende Nobelpreisträger ist auf Lesetour in Köln, ständig betrunken, sarkastisch, unhöflich und für Presseagentin Kika Wagner nach 24 Stunden die große Liebe und Zuflucht. Empfindet Liam auch so?

Keine Zeit für Antworten, nachdem O'Connor am Flughafen auf einen alten Studienfreund trifft, der, wie zu hören war, später wichtiges Mitglied der IRA wurde. Was macht der hier? Zwei Tage, bevor US-Präsident Bill Clinton hier landen soll? Wieso kriegt ein IRA-Mann irgendwo auf der Welt einen Job in sensiblen Bereichen?

Sieht O'Connor jetzt Gespenster? Oder hat der geniale Physiker und Bestsellerautor nur wie üblich zu tief ins Glas geschaut?

O'Connor lässt nicht locker. Tatsächlich stößt er auf eine Verschwörung und eine unheimliche Waffe, die einen neuen Kalten Krieg auslösen könnte. Aber wer glaubt schon einem Mann, der seine Umwelt mit Vorliebe zum Narren hält …

aus dem Klappentext

Was zu sagen wäre
Lautlos

Ein toller Thriller. Schnell. Gute Figuren. Flott geschrieben. Und natürlich spielt er in Köln. Wenn der Roman zu Ende ist, wird Schätzing allerdings etwas ausschweifend. Offenbar hat er viel recherchiert, um serbische Politik, irischen Whisky, russische Mafia und amerikanische Politik korrekt darzustellen. Also liefert er alles in einem „Anhang” nach – völlig überflüssiger Ausdruck von Eitelkeit.

Ab diesem Moment nervt es dann auch ein wenig, dass der zwar stets betrunkene, aber doch sympathische, schlagfertige, trocken argumentierende O'Connor, dessen „Muskeln wie gemeißelt” sind, mit seinen kurzgeschnittenen, graumelierten Haaren doch sehr dem Foto des Autors auf dem Buchcover entspricht …

DIe Story geht flott voran, wechselt die Schauplätze, eignet sich also hervorragend für eine Verfilmung. Noch dazu ist eine romantische Liebesgschichte verwoben, die weder kitschig, noch banal ist.

Kurz: Klasse!

Leseprobe: Was fühlte er? Kika hatte versprochen, so schnell wie möglich wieder herzukommen, falls Lavallier ihn bis zum Abend nicht fortließ. Gemeinhin beunruhigten ihn derartige Versprechen. In O'Connors Ohren nahmen sie sich wie Drohungen aus. Sinistre Ankündigungen, in seinen Lebensraum eindringen und ihn fremden Bedürfnissen unterwerfen zu wollen, einem nicht von ihm gemachten Zeitplan. Jedesmal aufs neue hatte er sich gefragt, warum nicht alles aus Anfängen bestehen konnte, aus beliebig gedehnten ersten Malen? Er hatte die flüchtige Natur des Lichts gezähmt. Warum konnten Liebesgeschichten nicht im Beginn verharren, konnte man ihr Fortschreiten nicht abbremsen wie Photonen? Warum unterwarfen sich Gefühle nicht der Physik? Das Chaos gebar den Augenblick, die Attraktion, die Reise ins Unbekannte, die Außerkraftsetzung von Regeln und Formen. Hierin lag etwas Großartiges, ungemein Elektrisierendes. Wie aufregend war es, Amerika zu entdecken!

Wie zäh und freudlos, es zu besiedeln!

Was folgte, waren gemeinsam verbrachte Stunden wie Perlen auf einer Schnur, sauber aufgereiht, von zunehmender Häufigkeit und Regelmäßigkeit. Man bemächtigte sich der Zeit des anderen und damit seiner Lebensumstände und seiner Person. Statuten wurden aufgestellt, feste Tage, an denen man sich sah und anderes dafür einschränkte. Dem Außergewöhnlichen folgte das Gewöhnliche. Es begann die zementartige Verdichtung zu dem, was sich irgendwann Beziehung nennen würde und mit dem Fortissimo des Auftakts nicht wesentlich mehr zu tun hatte als das repetetive Verstreichen von Minuten mit dem Urknall.

O'Connor goss Portwein nach und ließ die duftende Flüssigkeit langsam im Glas kreisen.

War es nicht genau das, was ihn immer abgestoßen hatte? Wie aus einer wilden, explosiven Leidenschaft ein domestiziertes Feuerchen wurde, auf dem Alltag dahinköchelte. Wie der eine versuchte, dem anderen all das abzugewöhnen, weswegen er sich in ihn verliebt hatte. Feste Beziehungen liefen dem Wesen der Faszination zuwider. Das war so. Der andere begann, darüber zu befinden, was für einen wichtig war und was nicht. Man möblierte sein Leben, der andere möblierte es um. Er richtete sich solange in der Persönlichkeit des Partners ein, bis er sich wohler darin fühlte als der ursprüngliche Bewohner. Der freie Geist verendete im Wir. Ja, wir fahren gerne in die Berge. Nein, wir gehen nicht gern auf Partys. Ja, wir lieben dieses Auto. Nein, diese Partei wählen wir nicht. Der Film hat uns gefallen. Das Buch hat uns weniger gefallen. Wir gehen jetzt nach Hause, es ist spät genug. Wir finden, wir meinen, wir sind der Ansicht, dass.
Nicht wahr, Schatz?
Alles, weil man es nicht bei der Premiere belassen hatte.
Warum sehnte er sich dann nach ihr?
aus: Lautlos von Frank Schätzing, Seiten 390-391

Großartig ist der Clou des Romans, der Vieles auf den Kopf stellt, was mich als Leser durch die Story zu begleiten schien. Mit Schaudern erinnere ich mich dann an die Hetzjagd, die „interessierte Kreise” in den USA einst auf Bill Clinton unternommen haben. Gänsehaut fördernd ist das und vielleicht gab es das Attentat ja wirklich, wie es das Vorwort frech behauptet („Dies ist ihre Geschichte”).