IMDB

Plakatmotiv: The Marvels (2023)

Cat-Content erobert
das Marvel-Universum

Titel The Marvels
(The Marvels)
Drehbuch Nia DaCosta & Megan McDonnell & Elissa Karasik
Regie Nia DaCosta, USA 2023
Darsteller
Brie Larson, Teyonah Parris, Iman Vellani, Samuel L. Jackson, Zawe Ashton, Gary Lewis, Park Seo-joon, Zenobia Shroff, Mohan Kapur, Saagar Shaikh, Leila Farzad, Abraham Popoola, Daniel Ings, Alex Hughes, Shardiah Ssagala, Cecily Cleeve, Remi Dabiri-McQuaid, Ffion Jolly u.a.
Genre Comic-Verfilmung
Filmlänge 105 Minuten
Deutschlandstart
8. November 2023
Inhalt

Die als Captain Marvel bekannte Carol Danvers hat hart gekämpft, um nicht nur über die herrschsüchtigen Kree zu triumphieren, sondern auch über die sogenannte Obere Intelligenz an der Spitze der Alienrasse. Doch Captain Marvels Taten bleiben nicht ohne Folgen. Der Kree-Heimatplanet Hala liegt im Sterben und der neuen Anführerin Dar-Benn ist so ziemlich jedes Mittel recht, um das zu verhindern.

Im Zuge dessen sorgt sie auch für ein rätselhaftes Wurmloch, das Carols Kräfte verrückt spielen lässt. Es scheint, als hätten diese plötzlich sowohl eine Verbindung zur inzwischen erwachsenen Tochter ihrer besten Freundin, der S.A.B.E.R.-Astronautin Monica Rambeau, als auch zu ihrem absoluten Superfan Kamala Khan alias Ms. Marvel aufgebaut.

An einen Alleingang ist jetzt nicht mehr zu denken. Die drei Frauen müssen sich zusammentun, um der neuen Bedrohung den Garaus zu machen und wieder Stabilität ins Universum zu bringen …

Was zu sagen wäre

Dieser Kinofilm aus dem Marvel Cinematic Universe, es ist der 33., wirkt, als sei im Schneideraum aus Versehen was unter den Tisch gefallen. Es ist nicht so, dass der Story was fehlt, Anfang, Mitte, Ende sind schon da. Es ist nur so, dass der Anfang schon so wild ist, dass sich die Geschichte darin dann verliert und sich bis zum Ende davon nicht erholt.

Disney/Marvel will in seinen TV-Serien künftig mehr Wert auf Charaktertiefe legen. Klar: Action auf dem Bildschirm kommt weniger gut, als auf der großen Leinwand. "The Marvels" besteht nahezu nur noch aus Action. Es gibt wilde Raumschlachten, die wenn man braver Verfolger aller Filme ist, zunehmend austauschbar erscheinen und gleich zu Beginn findet die Kree-Anführerin Dar-Benn einen mystischen Armreif, nach dem sie lange gesucht hat. Er verleiht ihr große Macht – aber erst, wenn sie auch den zweiten Armreif findet; ein dramaturgischer Kniff, an dem weiland schon Thanos gescheitert ist. Der zweite Armreif befindet sich im Kinderzimmer von Kamala Khan, die seit einiger Zeit, wie wir aus der nicht sehr charakterstarken, gleichnamigen TV-Serie wissen, in New Jersey als Ms. Marvel die Welt retten hilft. Plakatmotiv: The Marvels (2023) Irgendwie also sind die beiden Armreife nun verbunden und plötzlich sind die Kräfte von Captain Marvel, Kamala Khan und der S.A.B.E.R.-Astronautin Monica Rambeau miteinander verwoben. Setzen die Frauen ihre Kräfte ein, tauschen sie miteinander die Plätze – egal, wo im Universum sie sich gerade aufhalten. Da findet sich die Teenagerin Kamala Khan plötzlich in einem Raumschiff in einer fremden Galaxie wieder – während Captain Marvel im Wohnzimmer einer ihr fremden Familie auftaucht. Das ist so, weil irgendwie Dar-Benn "Sprungpunkte" ins Universum reißt, eine Art Wurmlöcher, die wir schon mal gesehen haben bei den Guardians of the Galaxy, die aber bisher nie eine tiefere Rolle gespielt haben.

Jetzt sind die Sprungpunkte plötzlich elementar wichtig für das Überleben der Galaxis, denn: Zu viele Sprungpunkte sorgen dafür, dass dass Universum in Fetzen fliegt. Oder so ähnlich. Viel Mühe geben sich die Autoren mit diesem Umstand nicht, aber bald nach dem Platztausch-Chaos stehen alle drei als Team auf der Raumstation von S.A.B.E.R., auf der Nick Fury jetzt das Zepter schwingt und lernen, dass Dar-Benn und ihre Armee mehrere Planeten angreifen und zerstören will. Sie will deren Ressourcen Luft, Wasser oder Sonnenenergie, um ihren kaum noch bewohnbaren Kree-Heimatplaneten Hala zu retten. Es stellt sich heraus, dass Captain Marvel ihre Drohung aus Teil 1 umgesetzt und die Oberste Instanz zerstört hat, jene KI, unter der die Kree ein schönes, klar strukturiertes Leben führten. Ohne die KI sind sie leider so wie alle Wesen aus Fleisch und Blut: Sie zogen gegeneinander in den Krieg, beuteten ihren Planeten aus und stehen nun vor dem Untergang – hier klopft das Star Trek-Universum an die Tür und hätte gerne das Drehbuch zu seinem sechsten Kinofilm Das unentdeckte Land zurück. Man muss das so böse sagen, weil sich kaum was Menschliches, Dramatisches tut.

Die drei Frauen, die eigentlich im Zentrum des Films stehen, finden als Fußnote statt. Charaktertiefe, wie sie künftig den Marvel-TV-Serien zukommen sollen, ist hier Fehlanzeige. Die Buddies aus dem Vorgängerfilm, Carol Danvers und Nick Fury, begegnen sich fast nur über Funk, ein komplexes Problem, das offenbar Danvers und Rambeau miteinander haben, ist letztlich mit drei freundlichen Sätzen aus der Welt geschafft. Bleibt Kamala Khan. In den Film eingeführt wird sie als absolutes Fan-Girl, die ihr Zimmer mit selbstgemalten Marvel-Bildern vollgepinnt hat, und es ist ein großer Spaß, ihr bei ihrer Traumreise an die Seite ihrer Heldin in den Weltraum und durch die Galaxien zu folgen. Der Spaß hält nur ebensowenig an, wie das offenbar doch nicht so komplexe Problem zwischen Rambeau und Danvers. Weil dann schon wieder eine Weltraumschlacht donnert. Ihre schönste Szene haben die drei bezeichnenderweise nicht in einer womöglich ausschlaggebenden Szene, sondern in einem Rocky-Clip. Mehrere Minuten lang trainieren die drei, ihre Bewegungen rund um die ungewollten Raum-Zeitsprünge zu koordinieren: Setzt eine ihre Superkraft ein, wechseln Position und Person. Das ist eine schöne Situation mit den drei Hauptfiguren, die aber endet und dann im Film keine Auswirkung mehr hat, Episode bleibt.

Das Potenzial, das in einem Superhelden-Fan-Girl in einem Superheldenfilm an der Seite von Superhelden schlummert, bleibt ebenso Episode; eine, die wahrscheinlich eine jüngere, weibliche Zielgruppe an das MCU binden soll. Dass sie am Ende nicht die ist, die den entscheidenden Schritt zur Rettung des Universums bietet, haut diesem Ansatz allerdings ordentlich ins Gesicht. Kamala Khan ist das Herz dieses Films, das wuchtig schlägt und die Emotionen treibt, Monica Rambeau war in Captain Marvel, der in den 1990er Jahren spielt, das süße kleine Mädchen und kämpft heute gegen den Running Gag, dass niemandem für ihre Kraft ein vernünftiger Superheldinnen-Name einfällt, und Carol Danvers ist nun sowas wie die große Schwester zweier Nachwuchsheldinnen – Plakatmotiv: The Marvels (2023) das spielt Brie Larson souverän über die Zeit (Fast & Furios 10 – 2023; Avengers: Endgame – 2019; Unicorn Store – 2017; Kong: Skull Island – 2017; Free Fire – 2016; Raum – 2015; Dating Queen – 2015; Don Jon – 2013; The Spectacular Now – Perfekt ist jetzt – 2013; 21 Jump Street – 2012; Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt – 2010), ohne allerdings eine Szene zu haben, in der ihr Schauspieltalent gefordert wäre.

Die große Background-Story, die die Handlung andauernd voran treibt, ist eher egal. Da sind die Kree, die im Marvel-Universum immer die brutalen Eroberer waren, die jetzt ihren Planeten zuschanden geritten haben und Erlösung suchen. Im Kinosessel lässt einen das kalt: Wenn der Film mich schon meine Hauptfiguren kaum in Ruhe kennenlernen lässt, wie soll ich da Interesse für das Schicksal einer anonymen, aber kriegerischen Milliardenbevölkerung entwickeln? Vielleicht, weil die Kree dabei sind, die gesamte Galaxis zuschanden zu reiten? Eher auch nicht. Dass das nicht passiert, ist ohnehin klar. Die Marvel-Comics haben immer über ihre Charaktere funktioniert und dann erst über die wilden Stories, an deren Ende die Galaxis natürlich nie untergegangen ist.

Deshalb bleibt von diesem Film am Ende das, was auch das Internet berühmt gemacht hat: Cat-Content. Vor vier Jahren tauchte da Kater Goose auf, der kein Kater war sondern ein "Flerken", der nicht nur einen unendlich großen Magen besitzt, sondern auch riesige Tentakel im Rachen und dafür verantwortlich ist, dass Nick Fury heute eine Augenklappe trägt. Goose war ein Überraschungshit 2019 in Captain Marvel. Deswegen bekommt er nun in "The Marvels" jede Menge Nachwuchs und wenigstens mit dem wissen die Autoren allerlei Spaßiges anzustellen. "The Marvels" ist im Reigen der 33 MCU-Filme einer, den man – auch aufgrund seiner angenehmen Lauflänge von nur 105 Minuten – mal so nebenbei weg schaut, und der weitere Pre- und eine Mid-Credit-Scene bietet, von denen es seit Endgame (2019) schon wieder so viele gibt, dass man die ersten, die alle ohne Folgen blieben, schon wieder vergessen hat.

Die zu geringe Figurenzeichnung bei zu viel austauschbarer Pixel-Action schlägt sich auch an der Kinokasse nieder. Nia DaCosta konnte kolportierte 230 Millionen Dollar für ihren Film ausgeben. Nach drei Wochen liegen weltweit erst 164,2 Millionen Dollar in den Kinokassen.

Wertung: 3 von 8 €uro
IMDB