Das Leben in den Weiten des Westens ist ein langer ruhiger Fluss. Man lebt, reitet und schleicht genügsam nebeneinander her und dahin und alle paar Tage muss man sich aus einem Galgenstrick befreien. Abahachi, Häuptling der Apachen, und seinem weißen Blutsbruder Ranger wird das Leben von einer neuen, aufstrebenden Bande schwer gemacht.
Sie locken Abahachi und Ranger in eine Falle, um an das "Kanu des Manitu" zu gelangen. Erst in letzter Sekunde können sie von ihrem treuen Weggefährten Dimitri und seiner neuen Fachkraft Mary gerettet werden. Doch wie sich herausstellt, war das alles Teil eines großen Plans und auch erst der Anfang.
Mit vereinten Kräften (und allerlei Meinungsverschiedenheiten und Missverständnissen) stürzen sich die Helden ins Abenteuer – und finden überraschende Antworten auf die allerwichtigsten Fragen des Lebens …
24 Jahre nach Der Schuh des Manitu artet das Wiedersehen in eine große Familienfeier aus. Wer zu Beginn nicht schon auf die ein oder andere Weise miteinander verwandt war, holt das im Laufe des Films, spätestens im großen Finale durch wilde Knutschereien nach. Im Wilden Westen sind wir doch alle eine große Familie.
Die Gagdichte ist ähnlich hoch wie 2001. Das war aber auch das Mindeste, was Bully Herbig liefern musste. Es zeugt von großer Souveränität, dass er sich dann lieber 24 Jahre Zeit mit dieser Fortsetzung seines historischen Ereignisfilms – 12 Millionen Kinobesucher, erfolgreichster Film der Nachkriegsgeschichte – gelassen hat. Damals hat er sehr schnell eine Extended Version folgen lassen, sich dann aber gerne den Wunsch seiner Fans zu Herzen genommen und lieber (T)Raumschiff Surprise gemacht.
Heute kommt "Das Kanu des Manitu" daher, wie eine Neuauflage des damaligen Films. Abahachi und Ranger streiten nach Kräften, Winnetouch hat jetzt eine – pinkfarbene – Tanzschule, Dimitri startet eine Neu-Neu-Eröffnung einer Taverne mit Namen "Hellas Fellas", eine Gaunerbande, zeitgemäß jetzt unter dem strengen Regiment einer Frau, ist hinter einem Apachenschatz, dem titelgebenden Kanu, her. Und Ranger hat eine Tochter, Mary.
Jasmin Schwiers spielt Mary und ist kein Glücksgriff. In der bunten Truppe von bayerischen, griechischen, sächsischen, sabbernden Dialekten ist sie eine hochdeutsche Dialogsätze-immer-richtig-Betonerin – was im allgemeinen für die Professionalität einer Schauspielerin spricht, macht sie in diesem Film zum Fremdkörper; sie hat keine Funny Bones. Ihre komischen Momente stehen im Drehbuch, sie kommen nicht aus ihr heraus. So gerät die dralle Blondine zu einem überraschungsarmen Überraschungsei, das immer die richtige Lösung des gerade akuten Problems weiß. Das bringt die Handlung voran, nicht aber die Witze.
Bully Herbig und Christian Tramitz sind derart eingespielt, dass sie sich die Streitereien, die sie sich ins Drehbuch geschrieben haben, in physischer Anmut lebensnah um die Ohren hauen können. Ordentlich darüber gelacht haben wir 2001, als das neu war. Diesmal begleitet unser Schmunzeln den Film. Rick Kavanian spielt heute nicht mehr nur Dimitri, den griechischen Wortverdreher, sondern auch den sächselnden Deputy-Sheriff Ratford. Der Dimitri-Figur tut das nicht gut. Der Grieche verliebt sich und wird heiraten, verdreht aber sonst nur gewohnt die Worte und bleibt ein langweiliger Charakter. Kavanian hat seine kreative Energie in die Ratford-Figur gegeben, der ein Tollpatsch in alter Slapstick-Manier ist, der auf den Besen tritt, dessen Stil ihm dann ins Gesicht schlägt, der in Eimer stolpert, sich in Kleister setzt, solche Sachen.
Die größte Debatte löste im Vorfeld des Filmstarts die Indianer-Frage aus. Darf man so einen Film heute noch machen? Prompt herrscht Abahachi einmal seinen Ranger an, dieser solle ihn nicht Indianer nennen. In den einschlägigen Netzwerken soll die Aufregung über schamlose kulturelle Aneignung groß gewesen sein. Bully Herbig hat für seinen Abahachi mit dem bayerischen Dialekt eine elegante Lösung mit echten Apachen aus New Mexiko in den Film eingebaut, die so mancher woken Kritik den Wind aus den Segeln nimmt. Weiter aber geht der Film auf diese Frage nicht ein, eiert herum, statt sich zu dieser Zeitgeistfrage zu positionieren. Schade, da hätte vielleicht weiteres Komödienpotenzial geschlummert.
Handwerklich beweist Herbig einmal mehr, dass er die Arbeit mit der Kamera und der großen Leinwand virtuos beherrscht. Die Witze sind charmant, die Pointen sitzen, die Schauspieler geben ihr Bestes. Aber es ist die Crux solcher Filme, deren Geschichte lediglich als Grundlage für eine möglichst hohe Gag-Dichte dient, dass sie in ihrer Fortsetzung ihren Überraschungsfaktor verlieren und bestenfalls More of the Same bieten können. Da fehlt automatisch die Originalität. Im Kinosessel neben mir saß eine junge Frau, Ende 20, die andauernd herzlich gelacht hat. Den "Schuh des Manitu" von damals kannte sie nicht.
"Das Kanu des Manitu" ist also sowas wie "Der Schuh des Manitu" für die Gen Z. Die Witze sind herüber gerettet aus den 90er Jahren, die auch heute noch ein Revival nach dem anderen erleben. So ist der Film gleichermaßen Ausdruck für den kreativen Stillstand in der deutschen Filmbranche, wie auch für das gekonnte Recyceln vergangener Ideen für ein neues Publikum.