England im Jahr 1852: Der Biologe und Samenhändler William kann seit Wochen das Bett nicht verlassen. Als Forscher sieht er sich gescheitert, sein Mentor Rahm hat sich abgewendet, und das Geschäft liegt brach. Doch dann kommt er auf eine Idee, die alles verändern könnte – die Idee für einen völlig neuartigen Bienenstock.
Ohio, USA im Jahr 2007: Der Imker George arbeitet hart für seinen Traum. Der Hof soll größer werden, sein Sohn Tom eines Tages übernehmen. Tom aber träumt vom Journalismus. Bis eines Tages das Unglaubliche geschieht: Die Bienen verschwinden.
China, im Jahr 2098: Die Arbeiterin Tao bestäubt von Hand Bäume, denn Bienen gibt es längst nicht mehr. Mehr als alles andere wünscht sie sich ein besseres Leben für ihren Sohn Wei-Wen. Als der jedoch einen mysteriösen Unfall hat, steht plötzlich alles auf dem Spiel: das Leben ihres Kindes und die Zukunft der Menschheit …
aus dem Klappentext
„Stirbt die Biene, stirbt auch der Mensch.“ Eine Weisheit, die mich seit vielen Jahrzehnten begleitet; und immer, wenn ich mich wieder über Insekten ärgere, fällt mir dieser Satz ein – auch wenn etwa Mücken sicher nicht die herausragende Bedeutung der Bienen haben. Maja Lunde hat den Roman zu dieser Weisheit geschrieben.
So wie sich den Bienenstock Königin, Arbeiterinnen und Drohnen teilen, teilen sich drei Figuren aus zwei Jahrhunderten die Geschichte, zu Beginn ein Konglomerat an Geschichten, die keinen Zusammenhang finden. Im Roman wird das augenscheinliche Chaos beschrieben, als dass ein Bienenstock auf den ersten Blick erscheint, der sich dann aber herausstellt als „Superorganismus, in dem jedes Individuum, jedes kleine Insekt, dem großen Ganzen untergeordnet war“. So ähnlich baut sich der Roman auf – erst chaotisch baut er mit zunehmender Dauer eine Erzählung auf drei Zeitebenen auf, die sehr wohl zusammenhängen, die ohne einander keinen Sinn ergeben.
Im Jahr 2098 ist die Welt, wie wir sie kennen, verschwunden. Eine "Kollaps" genannte, sich über die ganze Welt ausgebreitete Katastrophe hat die Menschheit zwischen 2007 und 2098 heimgesucht. Diese "Colony Collapse Disorder" (CCD) ließ die Bienen verschwinden. In der Gegenwart des Jahres 2007 hat das noch vor allem Auswirkungen auf das klassische Geschäftsmodell des Imkers George und seinen Berufskollegen, 2098 lebt die Menschheit dann von künstlich hergestellten Nahrungsmitteln, in China bestäuben Armeen von Menschen mühsam Plantagen voller Obstbäume, um deren fruchtbares Fortbestehen zu sichern.
In kurzen Sätzen, ohne leere Ausschmückungen erzählt Lunde ihre drei Geschichten. Da ist der englische Saatguthändler William im 19. Jahrhundert, der davon träumt, einen ganz neuartigen Bienenstock zu entwerfen, um seine Frau, vor allem seinen Sohn und die acht Töchter stolz auf ihn zu machen und der aber ein ums andere mal mit seinen Plänen scheitert; immer war jemand etwas Scheller als er. 2007 kann Imker George es nicht verwinden, dass sein Sohn Tom nicht in die Imkerei, statt dessen in den Journalismus strebt. Als seine Bienen verschwinden, steht er vor dem Ruin. 2098 beginnt sich die junge Baumbestäuberin Tao in Peking auf die Suche nach ihrem kleinen Sohn, der mit einer rätselhaften Krankheit verschwunden ist, offenbar entführt von Regierungsbeamten. Sie irrt durch eine verlassene Großstadt, in dem nur noch einige ausgemergelte Menschen ums nackte Überleben kämpfen und auch vor Kannibalismus nicht zurückschrecken.
Die drei ineinander verwobenen Erzählstränge, die jeweils mit ihrer/m Titelheldin/en überschrieben sind, halten die Aufmerksamkeit beim Lesen hoch, nie verlieren sich die Schicksale in Nebensächlichkeiten, wenn eine der Figuren mal wieder mit sich und ihrem Leben hadert; einem Cliffhanger ähnlich geht die Geschichte dann bei einer der beiden anderen Figuren weiter. Klappt man Buch am Ende zu, hat man ganz nebenbei auch allerlei Wissenswertes über Bienen erfahren.
Der Titel fiel mir auf einer Bestsellerliste auf. Ich mochte ihn. Und die Struktur der drei Zeitebenen. Mehr Motivation, das Buch in die Hand zu nehmen, gab's nicht.
Ich habe "Die Geschichte der Bienen" zwischen dem 29. Mai und 1. Juni 2025 in Mainz gelesen.
Die Autorin
Maja Lunde wurde 1975 in Oslo geboren, wo sie auch heute noch mit ihrer Familie lebt. Sie ist eine bekannte Drehbuch- sowie Kinder- und Jugendbuchautorin. Die Geschichte der Bienen ist ihr erster Roman für Erwachsene, der zunächst national und schließlich auch international für Furore sorgte. Er stand monatelang auf der norwegischen Bestsellerliste und wurde mit dem Norwegischen Buchhändlerpreis ausgezeichnet.