Buchcover: Helmuth Karasek – Das Magazin

Witzig, zynisch, boshaft.
Aber leider keine Story

Titel Das Magazin
Autor Helmuth Karasek, Deutschland 1998
Verlag Rowohlt Verlag
Ausgabe Gebunden, 429 Seiten
Genre Drama
Inhalt

Journalist Daniel Doppler tritt irgendwann in den 70er, 80er Jahren seinen Dienst im gefeierten MAGAZIN an, einem Blatt, dessen Herausgeber Kahn Politiker macht und stürzt und sich einer göttlichen Allmacht in der Republik erfreut. Doppler erlebt, wie das MAGAZIN mit der Nazi-Vergangenheit eines österreichischen Bundespräsidenten umgeht, wie man einen schleswig-holstinscher Ministerpräsident stürzt, der sich daraufhin umbringt und wie das Wissenschaftsressort nach langen, darbenden Jahren durch die Seuche AIDS endlich zum allmächtigen Mittelpunkt der Redaktion wird.

Doppler erlebt die zwei zynischen Chefredakteure, die sich bei jeder Gelegenheit eifersüchtig gegenseitig in die Parade fahren und um die Gunst ihres Herausgebers buhlen, während der die Frauen der Mitarbeiter verführt und Untergebene nackt in seiner Villa im Tessin empfängt.

Es ist eine Machowelt, in die Doppler geraten ist: Genüßlich liest man, dass Männer nicht einfach die Toilette benutzen und schon gar nicht „leitende Herren“ der Redaktion. Sie schlagen ihr Wasser ab und machen damit aus einem, für die Hälfte der Menschheit, einfachen biologischen Vorgang, einen Akt der Anstrengung und Arbeit …

Was zu sagen wäre
Das Magazin

Der langjährige SPIEGEL – Redakteur Hellmuth Karasek gewährt in seinem Roman einen Blick hinter die Kulissen eines großen Nachrichtenmagazins. Er nennt es „Das Magazin“, sichert sich gegen etwaige Klagen dadurch ab, dass er „Stern“ und „Spiegel“ als Konkurrenzblätter erwähnt und nennt seinen Helden Daniel Doppler, ein von Karasek in Artikeln selbst benutztes Pseudonym.

Wer sich dafür interessiert, in welcher Männerdomäne ein so weit verbreitetes Magazin produziert wird und welche Gesetze dort herrschen, der kommt bei diesem sehr witzig formulierten Buch durchaus auf seine Kosten. Und auch die veröffentlichten Interviews (SPIEGEL-Gespräche) sollten zukünftig mit Vorsicht genossen werden. Hat Daniel Doppler doch bei einem Gespräch mit einem bekannten Schriftsteller (es soll sich da wohl um Günter Grass handeln) vergessen, das Diktiergerät einzuschalten. Kein Problem. Dann werden die Antworten eben aus der Erinnerung niedergeschrieben, frei nach dem Motto eines alten Ehepaares: Man kennt sich lange genug und formuliert brillanter, was der andere sagen wollte.

Schade ist, dass „Das Magazin“ keine Geschichte erzählt, also keinen dramaturgischen Spannungsbogen besitzt. Und so liest man und liest und liest und irgendwann ist das Buch halt zu Ende und man sagt sich: „Ja, so sind sie wohl, die Journalisten.“ Im Kleinen kenne ich das ja von den Kollegen, die mir im Hörfunk so über den Weg gelaufen sind. Alles kleine Macchiavellis und glaube ich meinen Kolleginnen, dann haben Frauen keine Chancen, nur weil sie Frauen sind und bisweilen ihren Gefühlen durch den Ausbruch von Tränen Ausdruck verleihen.

Kurz: Es ist völlig egal, ob Karasek den SPIEGEL meint oder den Stern oder FOCUS oder oder oder. Sein Buch ist witzig, zynisch und boshaft. Nur leider ohne Story.