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Plakatmotiv: The New Mutants (2018)

Eine Frischzellenkur, die sich
als Rohrkrepierer entpuppt

Titel The New Mutants
(The New Mutants)
Drehbuch Josh Boone & Knate Lee
Regie Josh Boone, USA 2018
Darsteller
Maisie Williams, Anya Taylor-Joy, Charlie Heaton, Alice Braga, Blu Hunt, Henry Zaga, Adam Beach, Thomas Kee, Colbi Gannett, Happy Anderson, Dustin Ceithamer, Jacinto 'Spirit Wolf' Vega, Chuck, Marilyn Manson u.a.
Genre Comic-Verfilmung
Filmlänge 94 Minuten
Deutschlandstart
10. September 2020
Inhalt

In einer mysteriösen Klinik werden die Teenager Illyana, Sam, Roberto und Rahne behandelt. Sie sind Mutanten und sollen angeblich unter der Anleitung von Dr. Reyes lernen, ihre Kräfte zu kontrollieren, damit sie keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit darstellen.

Doch nach der Ankunft der neuesten Patientin Dani Moonstar leiden die übrigen Jugendlichen vermehrt unter Flashbacks, Albträumen und erschreckend realen Halluzinationen, was die ohnehin schon angespannte Situation unter den eingesperrten und wenige Freiheiten genießenden Teenagern noch weiter verschärft.

Bald müssen sie feststellen, dass hinter ihrer Klinik mehr steckt, als sie bislang wissen. Die neuen Mutanten müssen ihre gegenseitige Skepsis ablegen und zusammenarbeiten, um gemeinsam mit vereinten Kräften zu überleben …

Was zu sagen wäre

Diese neuen Mutanten sollen auf der Leinwand den Generationswechsel in Marvelx X-Kosmos einleiten. Weg von den zwar mal schlecht gelaunten, gar rebellischen, letztlich aber ordentlich erzogenen, folgsamen, braven Mutanten um Überprofessor Charles Xavier hin zur neuen Riege misstrauischer, eigenwilliger Halb- oder Vollwaisen, die sich ohne Vorbilder durchschlagen müssen. Plakatmotiv: The New Mutants (2018) Josh Boone, in Coming-of-Age-Themen kein unbeleckter Regisseur (Das Schicksal ist ein mieser Verräter – 2014), kehrt im Grunde genommen in die Anfangstage der X-Men im Kino (2000) zurück, um gleich dort aber einen anderen Weg einzuschlagen. Damals, im Jahr 2000, küsste ein pubertierendes Mädchen, das später als "Rogue" berühmt wird, ihren ersten Freund – und saugte ihm beinah das Leben aus. Bryan Singer nahm dann damals die Route hin zu den Actionabenteuern der ständig gegen ihre Ausgrenzung kämpfenden, dabei aber die Welt rettenden Mutanten um Cyclops, Storm, Mystique und den stets mürrischen Wolverine, der die Grund-Bravheit der X-Truppe ein wenig unterlaufen durfte.

Ausgehend von der oben geschilderten Horrorsituation aus dem Jahr 2000 biegt Josh Boon anders ab. Er bleibt mit seinen neuen Mutanten dem Horrorgenre näher als dem Actionabenteuer. Was läge schließlich auch näher: Pubertät ist der Horror, das Coming of Age – das Heranwachsen – in eine Welt voller diktatorischer Erwachsener, die seltsame Entscheidungen treffen, ist, weil man sich dagegen auflehnen muss, mühsam. Im Grund fühlt man sich als Teenager in der Welt von Eltern, Lehrern und Supermarktdetektiven ununterbrochen nicht zugehörig, anders ausgedrückt: wie ein Mutant. Als solcher ist man nicht allein, sondern man landet alsbald in einem düsteren Gemäuer unter seinesgleichen – schlecht gelaunte, verzogene Teenager, die mit ihren Mutantenkräften den ein oder anderen Toten zu verantworten haben und hier auf den rechten Weg erzogen werden sollen.

Es ist ein bemerkenswerter Un-Ort, den Boone für seine Pubertierenden entworfen hat: ein düsteres Gemäuer mit steinernem Todesengel vor dem Hauptportal, das in seinen Ecken nach viktorianischem Gruselschloss müffelt. Mit einer Überwachungszentrale, die an High-Tech-Fiction aus den 1940er Jahren gemahnt; und ein bisschen von Batmans Arkham Asylum ist auch mit drin. Nichts erinnert an das verwinkelte Gemäuer mit den artigen Jung-Mutanten darin, die von Charles Xavier unterrichtet werden. Das grünstichige Design des Films nimmt Anleihen bei Guillermo del Toro. Plakatmotiv (US): The New Mutants (2018) Hier leben die Teenager, gefangen, ohne Ahnung, warum oder wofür. Der Zuschauer weiß ein bisschen mehr. Hinter all dem steht – man muss sagen: schon wieder – ein anonymer Großkonzern mit eher düsteren Interessen, die sich nicht am Wohl der betreuten Kinder orientiert. Einmal wird über ultimative Waffen geraunt.

Zu Gruppe der zunächst vier Mutanten stößt eine junge Cheyenne, die während eines irgendwie rätselhaften Sturms gerade ihren kompletten Stamm verloren hat und sich nun in neuer Umgebung einfinden, ihren Platz behaupten muss. Auf den Videos der allgegenwärtigen Überwachungskameras erfahren wir, dass die neue, Dani Moonstar, offenbar Psi-Kräfte hat, also über die Macht geistiger Manipulation verfügt. Das ist den dunklen Hintermännern des anonymen Konzerns zu gefährlich, deshalb soll das Mädchen sterben. Natürlich haben die Hintermänner die Rechnung ohne die Teenager gemacht. Die konnten sich zwar bis eben gerade kaum leiden, gingen sich weiträumig aus dem Weg. Aber wenn es gegen Erwachsene und ihre Regeln geht, ändern sich die Prioritäten in diesem volatile Alter ja schnell.

Mehrt passiert nicht. Und das auch nur in einem bunt gepixelten Actionfinale, in dem es einen monströsen Bären zu bändigen gibt. Davor sitzen die fünf Teenager und ihre ungeliebte Dompteuse, eine Frau Dr. Reyes, in harten Stuhlkreisen oder denken an Suizid oder spüren ersten romantischen Trieben nach. Oder kämpfen gegen die eigenen inneren Dämonen, die jeweils sehr unvermittelt die dürre Filmhandlung usurpieren, um rasch wieder ins Reich der möglichen Einbildung zu entschwinden. Meistens aber sitzen die Fünf rum, tun cool und geben an, was durchaus realer Teenagertätigkeit entspricht, in einem Film aber nicht hilft, wenn sich dahinter nicht ein großes Drama entfaltet. Es entfaltet sich nichts.

"The New Mutants" seziert im Gewande eines Vorabend-Horrorstücks Teenagerängste und ihr Gefühl der Andersartigkeit. Im Kinosessel ist das wie im richtigen Leben. Da war die Teenagerzeit auch aufregend, spannend, gefährlich. Schaut man diesem Leben aber von außen zu, passiert zwischen Daddeln, Smartphone und dem Gang zum Kühlschrank herzlich wenig.

Wertung: 2 von 8 €uro
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