Der arbeitslose Journalist Fred Flarsky sieht nach langer Zeit seine erste große Liebe (aber auch ehemalige Babysitterin) Charlotte Field wieder. Nun ist sie als Außenministerin der Vereinigten Staaten von Amerika eine der einflussreichsten Frauen der Welt und hat sogar vor, als Präsidentin der USA zu kandidieren.
Fred ist zwar ein durchaus talentierter Journalist mit einem leichten Hang zum Chaos, doch Charlotte ist als intelligente, gebildete und versierte Frau das komplette Gegenteil von ihm. Obwohl die beiden bis auf ihre Vergangenheit nichts miteinander verbindet, stellt Charlotte ihn kurzerhand als ihren Redenschreiber ein. In ihrem Team, das nur aus den Besten der Besten ihrer Zunft besteht, ist er somit ein Frischling.
Doch Fred hat ganz andere Probleme: Wie kann er es als ausgewiesener Nerd schaffen, eine so unglaublich elegante Frau zu beeindrucken? Und ist es überhaupt so eine gute Idee, ein Verhältnis mit Charlotte anzufangen?
„Ich liebe Dich“, sagt die charmante, elegante, sehr gut aussehende Außenministerin zu dem freundlichen, moppeligen Ex-Reporter, ihrem Ex-Redenschreiber und Ex-Schulkamerad mit der Vorliebe für knallbunte Ballonseide am Körper, „und jetzt sag' was, sonst verfalle ich in Panik.“ „Ich liebe dich, seit ich 12 war“, antwortet der darauf und beide liegen sich in den Armen. Das sind so Momente im Kino, die gibt es nur dort. Und meistens funktionieren sie nicht.
Hier sagt das Charlize Theron zu Seth Rogan und im Kinosessel sind wir kurz davor, in Tränen der Rührung auszubrechen. Denn in diesem Film ist die ganz Welt ein wenig ballaballa, da beruhigen solche Märchendialoge ungemein. Die machtbewusste Außenministerin ist auf dem Sprung zur Kandidatur um die US-Präsidentschaft, weil der amtierende Präsident nach zwei Jahren im Amt keine Lust mehr hat und nach Ablauf der Legislaturperiode Filmstar werden möchte – er war Star einer TV-Serie, bevor er Präsident wurde; er spielte da den Präsidenten der Vereinigten Staaten. Ein Potentat aus dem arabischen Raum leidet unter brandgefährlichen Minderwertigkeitskomplexen, lässt sich von Secretary Field aber sofort überzeugen, nachdem die ihm am Telefon, zugedröhnt mit gutem Stoff aus dem Nachtclub, versichert hat, dass ihr US-Präsident ein eitles Arschloch sei.
Das ist die Basis für eine herrlich überdrehte Zotenparade, immer knapp an der Gürtellinie entlang. Liest man das Drehbuch ohne zu wissen, welches Geschlecht jede handelnde Person hat, wirkt es langweilig: machtbewusste Politiker verlieben sich in einfachen Menschen und müssen karrieregeile Assistenten und intrigante Lobbyisten im Zaum halten. Der Reiz dieses Films liegt in der Umkehrung der Geschlechterklischees, in pointierten Dialogen und in der Besetzung des Liebespaares mit dem moppeligen Brachialhumoriker Seth Rogen an der Seite von Charlize Theron (Tully – 2018; Fast & Furious 8 – 2017; The Huntsman & the Ice Queen – 2016; Mad Max: Fury Road – 2015; Young Adult – 2011; Im Bann des Jade Skorpions – 2001; 15 Minuten Ruhm – 2001; Sweet November – Eine Liebe im Herbst – 2001; Die Legende von Bagger Vance – 2000; Wild Christmas – 2000; Gottes Werk & Teufels Beitrag – 1999; "The Astronaut's Wife" – 1999; Im Auftrag des Teufels – 1997; 2 Tage in L.A. – 1996). Theron spielt in diesem Film den härteren Kerl an der Seite eines Typen, der seine besten Tage noch nicht hatte.
Die große Hürde, die der Film für seine Liebenden bereit hält, ist nicht ihr Status – sie Außenministerin, er arbeitsloser Reporter – sondern ihr Stil. Die peinlichsten Momente hat der Film, wenn die Hauptfigur mit dem sprechenden Namen Fred Flarsky in Ballonseide auf einen Staatsempfang geht, auf dem sie im atemberaubenden Kleid erscheint.
Ist der Film also ein Vorkämpfer für die Gleichberechtigung? Nein. Es sei denn, einer für die des durchschnittlichen Moppelmannes im Hollywoodkino. So gesehen ist es ein echter Männerfilm, von Männern über Männer für Männer. Rogen spielt die Männer, in denen sich jeder Durschnittsmann erkennt (Steve Jobs – 2015; The Green Hornet – 2011). Jeder Mann, der eher nicht bei Frauen punktet, die aussehen wie Charlize Theron und dazu noch sehr erfolgreich im Job sind. Da erinnert diese Komödie an Notting Hill (1999), in der sich die sehr erfolgreiche Schauspielerin Anna Scott in einen kleinen Buchhändler verliebt, der aber wenigstens noch aussieht wie Hugh Grant.
Hier verliebt sich die Außenministerin in einen visuell wenig attraktiven Typen, der aber gut mit Worten umgehen kann und sie an frühere Träume erinnert, die sie an der Schule mal hatte. Er liebt sie seit den Schultagen und 30 Jahre später geht sein Traum in Erfüllung – ausgerechnet an einem exotischen Traumstand, als sie und er im 5-Sterne-Hotelzimmer übereinander herfallen, der Sex nach 10 Sekunden erledigt ist und beide befriedigt und glücklich sind. Sie, weil bei ihr immer Termindruck herrscht, Schnelligkeit also gut ist, er, weil er (wie der Klischee-Mann) im Bett ohnehin kein Langstreckentyp ist und er nun kein schlechtes Gewissen haben muss. Und später fordert sie auch noch Sachen im Bett, die normalerweise immer dem männlichen Drang zugeschrieben werden.
Es ist echte, romantische Liebe, was da zwischen beiden Ungleichen keimt, also wird an die großen Gefühle appelliert – auch in der Politik, in der plötzlich Ehrlichkeit helfen soll, die großen Weltenretter-Träume von einst gegen die bösen Washingtoner widerstände durchzusetzen. Und während des Abspanns feiern wir die erste Frau am Schreibtisch im Oval Office. Alles gut also? Wir werden noch Zeuge einer kleine TV-Doku, in der der First Gentleman durchs Weiße Haus führt. Schließlich sitzt er mit seiner Frau auf dem Sofa im Präsidentinnenbüro und da redet dann ununterbrochen er, während sie brav und schweigsam neben ihm sitzt und nickt.
"Long Shot" ist eine warmherzige Komödie, die mit wilden Zoten überdeckt, dass sie am patriarchalen Status Quo nicht rüttelt.