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Plakatmotiv (US): Save the Tiger – Rettet den Tiger (1973)

Die Demontage des American Dream

Titel Rettet den Tiger!
(Save the Tiger)
Drehbuch Steve Shagan
Regie John G. Avildsen, USA 1973
Darsteller

Jack Lemmon, Jack Gilford, Laurie Heineman, Norman Burton, Patricia Smith, Thayer David, William Hansen, Harvey Jason, Liv Lindeland, Lara Parker, Eloise Hardt, Janina, Ned Glass, Pearl Shear, Biff Elliot u.a.

Genre Drama
Filmlänge 100 Minuten
Deutschlandstart
1. Dezember 2005 (DVD-Release)
Inhalt

Harry Stoner steht vor den Scherben seiner Existenz: Seiner Textilfabrik droht der Konkurs, die Ehe mit seiner Frau Janet ist durch Routine und Sprachlosigkeit gekennzeichnet und böse Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg verschaffen ihm Alpträume.

Um seine Firma zu retten, genügt es nicht mehr, die Bücher zu frisieren. Auf einer Autofahrt lernt Harry das Hippie-Mädchen Myra kennen und lässt sich auf eine flüchtige Affäre mit ihr ein …

Was zu sagen wäre

Ein Mann, nennen wir ihn den Guten Amerikaner, hadert mit seinem Land. Aufgewachsen im Land of the Free erlebt er, dass die Werte, mit denen er aufgewachsen ist, gar nicht gelten, augenscheinlich nie gegolten haben: „Du brauchst mir nichts über unsere Land zu erzählen. Ich habe Freunde in Europa, die unter dem Sand liegen und über dem Sand liegen sie im Bikini. Ich habe früher jedes Mal eine Gänsehaut bekommen, wenn ich die Fahne gesehen habe. … Als Kind habe ich allein im Zimmer rumgesessen und am Radio rumgespielt und wenn sie die Nationalhymne gespielt haben, bin ich aufgestanden und habe Haltung angenommen. Also erzähle mir nichts von Amerika! … Jetzt machen sie sogar schon Unterhosen aus der Flagge.

DVD-Cover: Rettet den Tiger (1973)Dieser Harry wird gespielt von Jack Lemmon, der im Kino immer wieder Gute Amerikaner gespielt hat, ehrliche Männer, faire Sportsfreunde (Avanti, Avanti! – 1972; Nie wieder New York – 1970; Ein seltsames Paar – 1968; Der Glückspilz – 1966; "Das große Rennen um die Welt" – 1965; Wie bringt man seine Frau um? – 1965; Das Mädchen Irma La Douce – 1963; Das Appartement – 1960; Manche mögen's heiß – 1959; Spiel mit dem Feuer – 1957), der immer an das System geglaubt hat. John G. Avildsen schickt ihn in eine monströse Midlife Crisis. Eine, die sich nicht nur auf seine Libido beschränkt, sondern sein ganzes Dasein umfasst als Mann, Bürger und Geschäftsmann.

Avildsen führt uns in einen Kosmos der Enttäuschung. Immer hat Harry, der strampelnde Textilfabrikant, sich an die Regeln gehalten, hat getan, was ihm gesagt wurde. Weil er überzeugt war, dann mit dem American Way, mit der Tellerwäscher-Karriere, belohnt zu werden, auf der Seite der Guten zu stehen. Und jetzt? Heuert er Nutten an, um potenzielle Einkäufer seine Kreationen zu becircen, einen professionellen Brandstifter, der eine seiner Lagerhallen abfackeln soll, damit Harry an 100.000 Dollar Versicherungssumme kommt, die er braucht, um seinen Betrieb, Arbeitsplätze am Laufen zu halten. „Es gibt keine Regeln mehr. Es gibt nur noch Schiedsrichter. Früher hat nur Leistung gezählt. 15 Jahre lang haben wir unsere Verpflichtungen gegenüber denselben Gewerkschaften, Fabriken und Banken erfüllt. Aber heute zählt für alle nur noch der Saldo auf dem Konto. Und dann beurteilt ein gottverdammter Computer Deine Kreditwürdigkeit! Die Vergangenheit zählt nicht mehr!

Einmal steht der einsame Harry am Strand, beobachtet die tosenden Wellen und erinnert sich an die Tage des Krieges drüben in Europa, von dem die nachfolgende Generation schon gar nichts mehr weiß. An eine Zeit, als die Dinge seiner Ansicht nach noch einfacher und ehrlicher gewesen sind. Als es noch um aufrichtige Leistungen ging. Aber das ist vorbei. Jetzt hängen Geldverleiher von der Mafia an seinen Rockschößen, die ihm Kredit gegen 12 Prozent geben wollen. Weil die illegale Mafia ein Geschäft erkennt, wo legale Banken keinen ausreichenden Profit mehr vermuten. Das ist nicht das Leben des Harry of America. Er ist, wie der Tiger, für dessen Rettung er ein paar Cent spendet: eine aussterbende, kaum zu rettende Spezies.

Aber wer spendet für ihn? Es erdet ihn ein alter Jude, der für ihn näht und der schon im Nazi-Deutschland auf der Flucht war. Der also nie Pläne machen konnte. Aber eine Frau hat, die ihn lieb ansieht. „Jeden Tag.“ 

Eine Prostituierte, Vertreterin des Ältesten Gewerbes der Welt, bringt es auf den Punkt: „Süßes oder Saures. Es immer Halloween. Oder, Harry?“ „Jeden Tag!

Jack Lemmon wurde für sein Spiel mit dem Hauptrollen-Oscar ausgezeichnet.

Wertung: 7 von 9 D-Mark
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