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Plakatmotiv: Enola Holmes (2020)

Ein lebensfroher Abenteuerfilm,
der für die rechte der Frau kämpft

Titel Enola Holmes
(Enola Holmes)
Drehbuch Jack Thorne
nach dem Roman "Der Fall des verschwundenen Lords – Ein Enola Holmes-Krimi" von Nancy Springer
Regie Harry Bradbeer, UK 2020
Darsteller

Millie Bobby Brown, Henry Cavill, Sam Claflin, Helena Bonham Carter, Louis Partridge, Burn Gorman, Adeel Akhtar, Susan Wokoma, Hattie Morahan, David Bamber, Frances de la Tour, Claire Rushbrook, Fiona Shaw, Gaby French, Paul Copley u.a.

Genre Abenteuer, Crime
Filmlänge 123 Minuten
Deutschlandstart
23. September 2020 (Premiere im Stream)
Inhalt

Während das viktorianische England bereits ihren genialen Bruder Sherlock für seinen detektivischen Spürsinn feiert, wächst die junge Enola Holmes auf dem Land bei ihrer Mutter Eudoria auf. Die exzentrische Dame bringt ihrer Tochter neben Bogenschießen und Alchemie auch bei, wie man sich als Frau in einer kaltschnäuzigen Männerwelt behaupten kann – nämlich mit Grips, Mut und einem Repertoire an ausgefeilten Jiu-Jitsu-Techniken.

Eines Morgens ist Eudoria verschwunden, was prompt Enolas Geschwister Sherlock und den hartherzigen Mycroft auf den Plan ruft. Statt sich aber mit ihren Brüdern gemeinsam auf die Suche machen zu können, wird das junge Mädchen von ihnen kurzerhand aufs Internat verfrachtet. Der eigensinnige Teenager nimmt reißaus und macht sich selbst an die Lösung des Falls.

Während sie dabei ihrem Brüderpaar einen Haken nach dem anderen schlägt, muss selbst Sherlock erkennen, dass Enolas Intellekt dem seinen durchaus ebenbürtig ist …

Was zu sagen wäre

Sherlock Holmes, der clevere, smarte, scharfsinnige Detektiv, dem nichts entgeht, hat in den 134 Jahren seiner Existenz schon die ein oder andere Wandlung durchgemacht. So blieb die Figur immer frisch. Und immer männlich. Irgendwann wurde dann sein Freund Watson für eine TV-Serie zur Frau. Und jetzt hat der brillante Denker eine jüngere Schwester. Die ist auf dem Familienanwesen von ihrer Mutter erzogen worden, während der ältere Bruder Mycroft in die Politik ging und Sherlock selbst zu jenem berühmten Detektiv wurde.

Enola hat keine Schule besucht. Ihre Mutter hat ihr alles beigebracht und als die an Enolas 16. Geburtstag verschwindet, ist aus dem Mädchen eine belesene, clevere, smarte, scharfsinnige junge Frau geworden, der ein schweres Los bevorsteht. Denn immer noch befinden wir uns im viktorianischen England, in dem Frauen freundlich zu lächeln und sich nicht einzumischen haben. Mycroft, der nach dem Verschwinden der Mutter die Vormundschaft über Enola hat, will sie ins Mädchenpensionat von Miss Harrison stecken, in dem sie lernen soll, wie sie sich als anständige Dame zu benehmen hat. Das geht natürlich gar nicht und also büxt Enola aus – nachdem sie eine geheime Nachricht ihrer Mutter entschlüsselt hat, die ihr einen Haufen Geld überlassen hat.

Kaum hat ihre Flucht begonnen, trifft sie einen jungen Lord, der ebenfalls von zuhause ausgerissen ist und den ein Mann mit Melone aus dem Leben befördern will. Enola steckt mitten in ihrem ersten Fall, den sie zunächst nicht wahrhaben will, weil ihr Fall doch die Suche nach ihrer Mutter ist. Am Ende hängt das alles, der Mordversuch an dem jungen Lord, das Verschwinden der Mutter und die Rolle der Frauen in der englischen Gesellschaft, zusammen.

Es war wohl Zeit geworden, wenn schon nicht Sherlock Holmes selbst, so doch aber die Welt des Sherlock Holmes weiblicher zu machen. Und auch gleich jünger, in der literarischen Vorlage ist Enola erst 14, im Film glaubhaftere 16. Erfunden hat sie Nancy Springer, die "Der Fall des verschwundenen Lords", die Vorlage für den vorliegenden Film, 2006 veröffentlichte. Zeitgemäß ist das Mädchen wild und aufsässig, hat seinen eigenen Kopf und den Drang, die eigene Zukunft selbst zu gestalten. Und natürlich ist sie intelligenter und gerissener, als alle Erwachsenen. Zwei der sechs bis 2010 erschienenen Enola-Holmes-Romane wurden für einen Edgar Award in der Kategorie Bester Jugendkrimi nominiert.

Harry Bradbeer, ein erfahrener TV-Serien-Regisseur, hat aus dem Stoff einen fröhlichen Abenteuerfilm gemacht, der die Holmes-typischen dunklen Spannungselemente nicht ausspart. Die Titelheldin spielt die 16-jährige Millie Bobby Brown (Godzilla II: King of the Monsters – 2019), die sich als Eleven in der Netflix-Serie "Stranger Things" die Aufmerksamkeit der Filmbranche erspielt und den vorliegenden Film auch produziert hat. Als emanzipierte Enola zeigt sich Millie Bobby Brown von einer weit weniger düsteren Seite als in anderen Filmen zuvor, was damit beginnt, dass sie uns Zuschauer direkt anspricht und so als ihre eigene Chronistin auftritt. Ihre Enola ist eine lebensfrohe junge Frau, die den Weg in die Eigenständigkeit sucht, also das tut, was Menschen in diesem Alter im Kino immer tun, eine Coming of Age Variante aus dem Kriminalmilieu. Unterhaltsam.

Wertung: 6 von 8 €uro
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