IMDB

Plakatmotiv: Harold und Maude

Ein unmögliche Liebe?
Nein! Und schön erzählt.

Titel Harold und Maude
(Harold and Maude)
Drehbuch Colin Higgins
Regie Hal Ashby, USA 1971
Darsteller

Ruth Gordon, Bud Cort, Vivian Pickles, Cyril Cusack, Charles Tyner, Ellen Geer, Eric Christmas, G. Wood, Judy Engles, Shari Summers, Tom Skerritt, Susan Madigan, Ray K. Goman, Gordon De Vol, Harvey Brumfield u.a.

Genre Komödie
Filmlänge 91 Minuten
Deutschlandstart
19. April 1974
Website web.archive.org/www.geocities.com/harold.htm
Inhalt

Der etwa 20-jährige Harold lebt mit seiner wohlhabenden Mutter in einer kalifornischen Villa. Er hat eine distanzierte Beziehung zu der Mutter, die oberflächlich ist und fast nur auf gesellschaftliche Etikette achtet. Harold kämpft gegen die Langeweile seines Alltags, indem er wieder seinen Tod inszeniert – Suizid durch den galgen, durch ertrinken, durch verbrennen. Seine Mutter reagiert allenfals noch genervt: „Harold. Pleeeaase ..!“ Harold ist vom Tod fasziniert.

Harold fühlt sich zu Friedhöfen und Beerdigungen hingezogen. Bei den Bestattungen begegnet er mehrmals der exzentrisch anmutenden Maude, einer 79-jährigen Frau. Sie freunden sich schnell an. Maude ist wie ein Gegenpol zu ihm: unkonventionell, energisch, impulsiv und lebensfroh – obwohl (oder: gerade weil) sie auch schlimme Zeiten durchgemacht hat.

Trotz ihrer unterschiedlichen Charaktere fühlen sich die beiden zueinander hingezogen und verbringen immer mehr Zeit miteinander. Gleichzeitig versucht Harolds Mutter, ihn über eine Heiratsagentur mit jungen Frauen zu verkuppeln. Harolds Selbstmord-Inszenierungen sorgen jedoch dafür, dass die Kandidatinnen ein ums andere Mal entsetzt flüchten. Als Harolds Mutter ihn mithilfe seines Onkels, des fanatischen Generals Victor Ball, in den Vietnamkrieg schicken will, wissen Harold und Maude dies mit einer List zu verhindern.

Im Laufe seiner Beziehung zu Maude lernt Harold das Leben schätzen und emanzipiert sich zusehends von seiner dominanten Mutter. Schließlich verkündet er seiner Mutter, dass er Maude liebe und sie heiraten wolle …

Was zu sagen wäre

Die erste Überraschung ist, dass dieser Film aus den USA kommt. Sein subtiler Witz, die arrogante Upper-Class-Haltung, in die Harold hinein geboren wurde, wirken britisch. Aber wir sind in Kalifornien. Harold wohnt in einem Schlossartigen haus, fährt Leichenwagen und Ruth, seine Geliebte, lebt in einem ausrangierten Eisenbahnwaggon. Das ist die zweite Überraschung – und hier kommt auch Harolds Psychater nicht mehr mit: „Es gibt Menschen, die sich in ältere Frauen verlieben, weil sie eigentlich mit ihrer Mutter schlafen wollen. Aber Du, Harold, warum willst Du mit Deiner Großmutter schlafen?“ Dabei spielt dieser Teil der Liebesgeschichte – der Sex – nur eine untergeordnete Rolle, anders, als noch im Trailer.

Hal Ashby hatte tatsächlich eine Sexszene zwischen Harold und Maude vorgesehen. Das lehnten aber die die Produzenten von Paramount ab – schockiert. In der Endfassung liegen n un als Harold und Maud am Morgen danach im Bett, er bläst Seifenblaen in die Luft, sie lächelt entspannt. Der Original-Kinotrailer enthielt noch eine Liebesszene, die für die Kinofassung jedoch herausgeschnitten wurde.

Plakatmotiv (US): Harold und MaudeDie dritte Überraschung ist Harolds augenscheinliche Todessehnsucht, die er in immer neuen Suizid-Varianten auslebt und damit potenzielle Heiratskandidatinnen verscheucht, die seine Mutter ihm über eine Agentur zuführt – eine langweiliger als die andere. Wie überhaupt alles in diese Nicht-Harold-Welt, also alles Normale, hier langweilig und zersetzend auftritt. Polizei? Militär? Die als Ordnungskräfte wahrgenommenen Institutionen geraten bei Hal Ashby Blumenkindern zu Lachfiguren, da ist ist diese freiheitliche Coming-of-Age-Story ganz bei der Flower-Power-Attitüde der Post-68er.

Colin Higgins schrieb „Harold und Maude“ als Student für ein Drehbuchseminar. Über Umwege geriet das Filmskript auf den Schreibtisch von Stanley R. Jaffe von Paramount Pictures, der es Higgins abkaufte.

Interessant ist der Einsatz von Musik. Anstatt wie allgemein üblich Instrumentalstücke produzieren zu lassen, holte Hal Ashby Cat Stevens an Bord, der diesen Film mit seinen Songs zusammenhält. Stevens übersetzt so die Seelenlage der Figuren mit Texten aus seinen Songs. Mit „Don’t Be Shy“ und „If You Want to Sing Out, Sing Out“ komponierte Stevens zwei Stücke speziell für den Film. Die Originalaufnahmen der anderen Lieder stammen von den Alben Mona Bone Jakon und Tea for the Tillerman.

Es lohnt, den Film ein zweites Mal zu schauen, wissend, wie er endet. Schaut man ihn das erste Mal, ist es schwierig, sich an den morbiden Späßen des jungen Harold zu erfreuen oder die unerschütterliche Lebenslust der 79-jährigen Maude zu deuten – erst, wenn man die Tätowierung auf ihrem Arm sieht, sieht man klarer und dann entfaltet der Film große Gefühle, die mit profaner romantische Liebe wenig zu tun haben, zeigt Herz und sehr menschlichen Humor.

Für die Rolle der Maude wurde eine lange Liste verschiedener Grandes Dames der Schauspielerei in Betracht gezogen: Peggy Ashcroft, Edith Evans, Gladys Cooper, Celia Johnson, Lotte Lenya, Luise Rainer, Pola Negri, Minta Durfee, Edwige Feuillère, Elisabeth Bergner, Mildred Natwick, Mildred Dunnock, Dorothy Stickney und sogar die Schriftstellerin Agatha Christie. Die Wahl fiel schließlich auf die Schauspielerin und Autorin Ruth Gordon (Wo is' Papa? – 1970), die einige Jahre zuvor für ihre Rolle in Rosemaries Baby den Oscar gewonnen hatte. Ähnlich wie ihre Filmfigur Maude galt auch die damals 74-jährige Gordon als unkonventionelle und energische Persönlichkeit.

Für die Rolle des Harold waren Richard Dreyfuss, Bob Balaban, John Savage, John Rubinstein und auch der junge Elton John im Gespräch gewesen, ehe die Wahl auf Bud Cort fiel. Mit seiner Filmfigur hatte Cort die enge Beziehung zu einer älteren Person gemein; er lebte von 1970 bis zu dessen Tod im Haus des betagten Star-Komikers Groucho Marx, der ein enger Freund von ihm war.

Wertung: 6 von 8 D-Mark
IMDB