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Plakatmotiv: Werner – Eiskalt! (2011)

Produzenten vermarkten totes Pferd.
Wenn Realität sich zum Film macht.

Titel Werner – Eiskalt!
Drehbuch Rötger Feldmann & Thomas Platt & Herman Weigel
nach den Comics von Rötger Feldmann
Regie Gernot Roll, Deutschland 2011
Darsteller

Rötger Feldmann, Ivonne Schönherr, Marysol Fernandez, Richard Sammel, Kalle Haverland, Andi Feldmann, Jochen Nickel, Michael Lott, Thorsten Schütt, Holger Henze, Lilo Wanders, Horst Krause u.a.
Stimmen: Klaus Büchner, Kulle Westphal, Benedikt Brandt, Bertram Hiese, Janosch P. Augustin, Karolin Spies, Ingrit Dohse, Holger Henze, Thomas Sturck, Robert Missler, Harald Wehmeier, Thomas Patt, Alva Lütt, Enid Lütt u.a.

Genre Zeichentrick
Filmlänge 93 Minuten
Deutschlandstart
23. Juni 2011
Website Werners Heimseite
Inhalt

Schon im Babyalter lieferten sich Werner und Holgi in ihren Kinderwagen heftige Rennduelle. Aufgrund der besseren Ausstattung seines Kinderwagens war Holgi seinem Rivalen Werner immer einen Schritt voraus.

Werner, der ewige Zweite?

Nicht mehr lange! Jahre später will der in armen Verhältnissen aufgewachsene Klempner Revanche …

Was zu sagen wäre

Angesichts dieses Films merkt man plötzlich, dass man alt geworden ist. Vor 30 Jahren, 1981, als der erste Werner-Band ("Werner – Oder was?") erschien, war ich 20 Jahre alt und fand diesen neuen, die Grenzen des Guten Geschmacks sprengenden Werner-Typen ziemlich cool. Weder war ich Motorrad-Hengst, noch konnte ich dem Bier-Abpumpen viel abgewinnen, aber in meinem Zimmer im bildungsbürgerlichen Elternhaus war auch mir klar, dass hier einer die große Freiheit gefunden hatte – für sich auf der Horex mit dem Flaschbier in der Hand und für seinen Geldbeutel die Freiheit des Erzählens mittels eines Comics über Typen, die nur vier Haare auf dem sonst kahlen Schädel haben, für bierselige Anarchie stehen und Chaos verbreiten. Anders gesagt: die dem Alkoholismus frönen. In einem Comic! 1981!

30 Jahre später bin ich zu alt für so'n Scheiß. Und die heute 20-Jährigen, geboren zehn Jahre nach dem ersten Werner-Comic, finden in Motorrad und Saufgelage eher nicht mehr die große Freiheit – eher schon in iPhone und Ecstasy. Das die Zeiten sich geändert haben, ist den Machern hinter den – wirtschaftlich sehr erfolgreichen – Werner-Filmen beim Geld zählen offenbar auch aufgefallen. Deswegen machen sie keinen vierten Komplett-Zeichentrickfilm, sondern kehren zum Real- und Trickfilm-Mix des ersten Films zurück und wühlen in Werners Vergangenheit herum. Plakatmotiv: Werner – Eiskalt! (2011) Da finden und bereiten sie das Rennen "Holgis Red Porsche gegen Werners Red-Porsche-Killer" auf, das es, auf dem Höhepunkt des Werner-Hypes im September 1988, aus dem Comic ("Werner – Eiskalt!“, 1985) zum echten Event auf dem Flugplatz Hartenholm gebracht hatte. Brösel verlor damals gegen seinen Sandkastenkumpel Holgi in dessen Red Porsche. Im neuen Film steht nun eine Revanche eben dieses Rennens, welches einen neuen Werner-Comic promoten soll, im Zentrum. Da zitiert also eine künstliche Realität die Kunst, die die Realität als Kunst zitiert – was Gaga klingt – also irgendwie genial – aber von Brösels „steinreichem Werner-Verleger“ Hermann Seidel mit „das ist doch Out, wie Rauchen, Saufen, Sex“ abgeschmettert wird. Heute sei Manga in. Brösel solle sich zur Ruhe setzen. Schwer enttäuscht schmeißt Brösel seinen noch unveröffentlichten 13. Comicband in die Tonne.

Tja.

Kurz darauf ist Brösel, der Werner-Erfinder, tot. Gestorben beim Flachköppern auf Korsika, wo er schon lange hin wollte. Und während nun sein steinreicher Werner-Verleger Seidel erkennt, dass mit Brösels unveröffentlichtem 13. Werner-Comic postum viel Geld zu machen ist und noch mehr mit einer Verfilmung desselben und noch noch mehr mit einem neuen Rennen gegen Andis roten Porsche, da erkennt Brösel im fernen Korsika, dass er gar nicht tot ist. So, wie der Verleger im Film einen toten Gaul noch ein bisschen reiten will, so kann man das interpretieren, so will auch der Filmproduzent den toten Gaul noch ein wenig reiten – für einen fünften Film reicht es gerade noch.

Tja.

Reicht es nicht. Die Realfilmszenen sind ähnlich unlieb zusammengedreht worden, wie weiland in Werner – Beinhart (1990). Einige der Zeichentricksequenzen, wenn Klein-Werner gegen Klein-Holgi immer neue Chaos-Rennen in immer abgedrehteren Vehikeln austragen, haben Charme, und von der Tom-und-Jerry-artigen Eskalation der Katastrophe, die sich diesmal während eines Polizeifestes hochschraubt, hätte es durchaus noch ein bisschen mehr vertragen.

Aber dann haben sich die Produzenten, die erkannt haben, dass ihr Werner-Pferd nun tatsächlich und endgültig nicht wiederzubeleben ist, entschieden, ein Mädchen einzuführen, in das Brösel/Werner künftig einführen darf – entschuldigung, das ist so platt im Film umschrieben. Ivonne Schönherr ist entzückend anzuschauen, ihre blonde Barbara indes absolut unglaubhaft in ihrer aufkeimenden Liebe für den doch bräsigen, nach Öl schmeckenden Film-Brösel. Aber wer will schon Realismus im Kino?

Und so reiten Brösel sowie sein Werner Wernersen jeweils mit ihren blonden Holden in den Sonnenuntergang. Natürlich nicht auf toten Gäulen. Sondern auf ihren Öfen.

Und das Rennen gegen Porsche-Holgi? Geht in alle Ewigkeit weiter – auch als sie dort irgendwann zu Asche verbrannt sind, blowin' in the wind.

Wertung: 3 von 7 €uro
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