Anfang der sechziger Jahre plant die aus französischen Algerienoffizieren bestehende Terrororganisation OAS, Staatspräsident General Charles de Gaulle zu ermorden. Für 500.000 Dollar wird der Profikiller mit dem Decknamen "Der Schakal" engagiert.
Die Polizei erfährt frühzeitig von dem Attentat und macht Jagd auf den Killer mit den tausend Masken. Der hat sich auf eine Affäre eingelassen, tötet seine Geliebte und gelangt nach Paris, wo er den General während einer Parade ermorden will …
Der französische Staatspräsident soll ermordet werden, von der OAS, Ex-Militärs, die De Gaulle seine Algerien-Politik nicht verzeihen können. Mehr weiß der Staatsapparat nicht. Aber immerhin das. Was daraufhin folgt, ist als Roman (aus der Feder von Frederick Forsyth) ein detailliert skizzierter Thriller, der die Möglichkeiten einerseits des Attentäters, andererseits die der Polizeibehörden auslotet. Man tötet ja ein Staatsoberhaupt mal nicht so eben nebenbei.
Fred Zinnemann spielt sich da nach sechs Jahren Regiepause nicht in den Vordergrund (Ein Mann zu jeder Jahreszeit – 1966; Geschichte einer Nonne – 1959; Verdammt in alle Ewigkeit – 1953; Zwölf Uhr mittags – 1952). Das Besondere an seinem Film ist, dass er es der Romanvorlage gleich tut. Er beobachtet, seziert, wartet ab. Sein Film ist gleichermaßen komplexer Psychothriller und kühl dokumentierende Reportage (freilich eine gefälschte Reportage). Die Story verhandelt nicht weniger als Weltpolitik: Französische Generäle sind nicht einverstanden damit, dass Charles de Gaulle Algerien frei gibt und beschließen, ihn zu ermorden. Das geht mehrfach schief – weil mal das Glück versagt, mal aber auch die Ausführung schlicht indiskutabel ist. Zinnemann inszeniert das in unaufgeregten Einstellungen, abwartend, was da kommt.
Dann nimmt der Plan der OAS Gestalt an – ein professioneller Auftragskiller von außerhalb muss es sein – und die Dramaturgie verdichtet sich. Über ein paar erzählerische Slalomstangen herum inszeniert Zinnemann ein klassisches Duell; er tauscht nur die unter glühender Sonne staubende Mainstreet, auf der sich Sheriff und Galgenvogel gegenüberstehen, gegen ein bläuliches Frankreich, das in verregneter Umgebung einsame Menschen aufeinander los lässt ist.
Der Schakal knüpft einsam seine Fäden. Der Commissair ist zwar friedlich verheiratet, aber während der Jagd einsam: „Womit fangen wir an?“ fragt sein Assistent. „Wir fangen damit an, dass wir nach Präsident De Gaulle die beiden mächtigsten Männer in diesem Land sind.“ Dann organisiert der sein kleines Büro um, verlangt „die beste Telefonistin, zehn ständig freie Leitungen“, dazu ein Feldbett, frische Laken und Rasierschaum; er weiß, er wird Tage und Nächte nicht heim kommen. Auch sein Assistent ist einsam. Meistens sieht man ihn hinter Papierbergen im muffigen Minibüro bei Nacht. Die Menschen, die der Schakal zwischenzeitlich als Tarnung missbraucht, sind einsame Menschen. Die Informationslücke im Krisenstab ist ein einsamer General, der sich auf ein Techtelmechtel mit der falschen Frau einlässt. Es ist eine traurige Welt, die der Film uns offenbart, eine die nichts gemein hat mit jener des britischen Agenten James Bond, der seine Gegner in einer 5-Sterne-Welt jagt. Fred Zinnemann Verbrecherjäger sitzen abends in verqualmten Pubs vor einem Pint Bier. Ihre Welt ist einsam, aber professionell.
Eine Welt, in der die Zusammenarbeit zwischen französischer und englischer Polizei, deren Abteilungsleiter sich aus früheren Tagen gut kennen, reibungslos funktioniert, in der dutzende Rund-um-die-Uhr-Überstunden ohne Klage hingenommen werden. Diese allgegenwärtige Einsamkeit macht sich die Politik zugute. Die britischen Behörden wollen auf keinen Fall, dass der französische Präsident von einem Engländer getötet wird und legen sich ins Zeug. Sie finden also in nächtlichen Doppelschichten allerlei Verbindungen heraus, die in Frankreich für erste Fahndungserfolge genutzt werden.
Über weite Strecken sieht Zinnnemanns Film aus wie ein Dokumentarfilm über eine Jagd, bei der niemand weiß, wer oder was eigentlich gejagt wird. Er verzichtet auf einen Score, verzichtet auf Stimmung machenden Soundtrack. Seine Inszenierung wirkt so abgeklärt, wie die Pläne des Attentäters. Erst, als der erfährt, dass die französischen Behörden Wind bekommen haben von einem "Schakal", der De Gaulle töten soll, und er, statt sofort abzubrechen, seiner Eitelkeit gehorchend seinen ziselierten Plan ein ums andere Mal anpasst, zieht auch Zinnemann das Tempo an; erst da wird eine Thrillerdramaturgie deutlich, die den dokumentarischen Charakter des bisher Gezeigten ablöst.
Obwohl der Ausgang fest steht (De Gaulle wurde nicht ermordet), entwickelt der Thriller in Sachen Spannung einen Sog, der atypisch für das zeitgenössische Kino ist, in dem kalte Krieger, schießwütige Cops oder schweigsame Scharfschuss-Cowboys die Leinwand beherrschen. Die Jagd, die Identitäten des Killers, die Wahl der Waffen, die Morde und das Attentat werden durch geschickte Montage effektiv gesteuert. Der bis dato in TV-Nebenrollen arbeitende Edward Fox wurde über Nacht zum Weltstar.
Ich finde es bewundernswert, wie souverän Zinnemann seine Story an aller Effekthascherei vorbei bildreich und alles andere als langweilig erzählt.
1997 inszenierte Michael Caton-Jones nach dem Drehbuch von Kenneth Ross eine Neuverfilmung von Der Schakal.