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Plakatmotiv: Da 5 Bloods (2020)

Ein überraschungsarmer Vietnam-Film, der
Brisanz durch Black Lives Matter bekommt

Titel Da 5 Bloods
(Da 5 Bloods)
Drehbuch Danny Bilson & Paul Demeo & Kevin Willmott & Spike Lee
Regie Spike Lee, USA 2020
Darsteller

Chadwick Boseman, Norm Lewis, Delroy Lindo, Clarke Peters, Jonathan Majors, Paul Walter Hauser, Isiah Whitlock Jr., Veronica Ngo, Jean Reno, Mélanie Thierry, Jasper Pääkkönen, Giancarlo Esposito, Norm Lewis, Johnny Nguyen, Y. Lan, Lam Nguyen, Sandy Huong Pham u.a.

Genre Abenteuer, Drama, Krieg
Filmlänge 154 Minuten
Deutschlandstart
12. Juni 2020 (Streaming)
Website netflix.de/da5bloods
Inhalt

Die vier Afroamerikaner Paul, Melvin, Otis und Eddie treffen sich in Ho-Chi-Minh-Stadt wieder. Die Kriegsveteranen sind nach fast vier Jahrzehnten nach Vietnam zurückgekehrt, um die sterblichen Überreste ihres damals gefallenen Anführers Norman zu suchen und in die USA zurückzubringen. Viele Jahre konnte dessen provisorisches Grab nicht gefunden werden, doch nach einer Schlammlawine sind dessen Spuren auf aktuellen Satellitenfotos wieder zu sehen. Dort hatten sie auch eine größere Menge an Goldbarren vergraben, die sie aus einem abgestürzten Flugzeug bergen konnten. Mit dem Gold wollte sich die CIA von Lahu-Verbündeten Informationen über den Vietcong erkaufen. Die "Bloods" haben jedoch etwas anderes mit dem Gold vor. Sie gelobten, eines Tages nach Vietnam zurückzukehren, das Gold zu bergen und der afroamerikanischen Bevölkerung als eine Art Reparation für erlittene Qualen in der Sklaverei zukommen zu lassen.

Paul hat sich seit damals am meisten verändert. Er ist ständig gereizt, leidet an einer PTBS, die nie behandelt wurde, und ist zur Überraschung der anderen ein Anhänger des Präsidenten. Auch finanziell steht er nicht gut da. Eddie umgekehrt ist Besitzer einer Kette von Autohäusern. Trotz aller Unterschiede haben die Vier eine Sache gemeinsam. Sie vergötterten ihren gefallenen Truppführer Stormin’ Norman. Er war es auch, der sie davon abhielt ihre Maschinengewehre gegen ihre weißen Kameraden zu richten, als sie durch eine Propagandasendung des Vietcong von der Ermordung von Martin Luther King erfahren mussten. Plakatmotiv (US): Da 5 Bloods (2020) Sie wollten nicht für ein Land ihr Leben riskieren, das ihre schwarzen Helden tötet, doch Norman machte ihnen klar, dass es einen anderen Weg gibt, die USA zu verändern.

Ihre Mission erscheint aussichtlos. Paul, Otis, Eddie und Melvin, die von Pauls besorgtem Sohn begleitet werden, haben mit Mensch wie Natur zu kämpfen. Der Vietnamkrieg und seine Verwüstungen, ob moralisch oder physisch, setzt den Männern hart zu …

Was zu sagen wäre

Fünf Rentner kehren nach Vietnam zu rück, um die sterblichen Überreste ihres Kameraden heimzuholen, und wollen bei der Gelegenheit eine große Menge Goldbarren aus dem Land schmuggeln. Das Vietnam-Trauma lässt die amerikanischen Filmemacher noch nicht los. Es schien eine Zeit lang, als sei die Zeit der Filme, die sich mit den Dramen im Dschungel von Vietnam und deren Folgen beschäftigen, vorbei. Das ist sie aber nicht, jedenfalls nicht für eine Bevölkerungsgruppe, die nach Ansicht des afroamerikanischen Regisseurs Spike Lee (BlacKkKlansman – 2018; Inside Man – 2006; "Malcolm X" – 1992; "Jungle Fever" – 1991; "Do the Right Thing" – 1989) in diesen Filmen nur als visuelles Beiwerk mitlaufen; handeln, entscheiden tun die Weißen. Dabei war auf dem Höhepunkt des Vietnamkriegs jeder dritte US-Soldat ein Schwarzer, auch wenn sie nur zehn Prozent der US-Bevolkerung stellen.

Die Sicht der Afroamerikaner auf diesen Film hat nach Spike Lees Ansicht also noch gefehlt. Und so fistbumpen, motherfuckern, high-fiven und brothern sich jetzt die fünf Rentner jetzt durch den Dschungel und klären die Zuschauer gefühlt alle zehn Minuten darüber auf, dass die Afroamerikaner in diesem Krieg als Kanonenfutter an die Front geschickt worden seien, während sich die weißen College-Jungs vom Dienst freikaufen konnten. Wir werden erinnert, dass es die USA ohne die Afroamerikaner gar nicht gebe: „Wir haben von Anfang an für dieses Land gekämpft“, sagt Stormin' Norman. „Die Vereinigten Staaten von Amerika wurden auf dem Land errichtet, das den Ureinwohnern Amerikas gestohlen wurde. Und es wurde auf Sklaverei gebaut. Das ist das Fundament, auf dem das Land errichtet wurde.“ Zwischen diesen Klarstellungen afroamerikanischer Perspektiven geht die Handlung voran, um die von der irrwitzigen Idee getrieben wird, dass fünf alte Männer eine Kiste Goldbarren durch den Dschungel schleppen könnten. Aber zu tief sollte man nach Realismus in diesem Film vielleicht nicht graben. Es ist mehr ein Abenteuerfilm, der die DNA von John Houstons Der Schatz der Sierra Madre (1948) trägt, gekreuzt mit David O. Russels Three Kings (1999).

Als Film ist das so leidlich spannend. Dass Krieg brutal ist, das Krieg die Seele eines Menschen zerstört, dass Krieg gnadenlos ist, dass die Folgen für die Vietnam-Veteranen im eigenen Vaterland keine schönen waren, das ist als Grund, einen Vietnamkrieg-Film zu produzieren, naiv. Die Zahl der Filme, Bücher, Dokumentationen, die das akribisch aufarbeiten, ist Legion. Plakatmotiv (US): Da 5 Bloods (2020) Wollte man die jetzige Generation potenzieller oder aktiver Soldaten per Film mit der Botschaft erreichen, wären die Post-9/11-Kriege der USA der besser Hintergrund. Tatsächlich aber ist die Kulisse Vietnams und des Krieges, der dort vor 50 Jahren geführt wurde, nur Kulisse, um im Rahmen eines Abenteuerfilms mit vier unterschiedlich sympathischen Typen und einem Mann, der an den Folgen von Agent Orange und einer nie aufgeklärten Schuld irre geworden ist, der Wut der Afroamerikaner eine Stimme zu geben.

Jetzt wird's politisch, denn nur so kann ich dem Film offen und emphatisch gegenübertreten und dann mit Gänsehaut zur Kenntnis nehmen, dass er Mitte Juni 2020 im Angebot eines Streaming-Anbieters in die Öffentlichkeit gelangt, als die Black Lives Matter-Bewegung nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd durch einen weißen Polizisten, über die halbe Welt verbreitet. Für die Öffentlichkeit, die via Fernsehen, Youtube, den Sozialen Medien und im Akkord arbeitenden Reportern mit den aktuellen Protestbildern versorgt werden, erscheint die Wut, die sich da entlädt neu – trotz der vielen Afroamerikaner, die in den vergangenen Jahren  von weißen Polizisten mal lieber erschossen wurden, bevor die sich beim Handschellen anlegen in Gefahr bringen könnten. Die Produktion eines Films dauert lang, als das Konzept für diesen Film entworfen wurde, war George Floyd noch ein quicklebendiger Kleinkrimineller, der mit Ladendiebstahl und Falschgeld aktenkundig geworden war.

Der Film macht den weißen Durchschnittszuschauer auf die Jahrhunderte alte Unterdrückungspolitik der USA gegen ihre afroamerikanische Bevölkerung aufmerksam. Diese Form der Belehrung, oder: der Aufklärung durch einen bunten Abenteuerfilm mit komischen, spannenden, blutigen Elementen ist okay. Aber sie muss sich dann auch auf dem Weltmarkt der Filme behaupten – und dort steht er als wütende Antwort auf das Kino der Weißen in einem bündig inszenierten Film, der davon lebt, dass er zufällig zur rechten Zeit fertig und in der verunsicherten Welt war.

Wertung: 4 von 8 €uro
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