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Plakatmotiv: Der letzte Ausweg (1973)

Ein Film von fragwürdiger Ideologie,
der nur vorgibt, bedeutend zu sein

Titel Der letzte Ausweg
(No Place to Hide)
Drehbuch Larry Beinhart & Robert Allen Schnitzer
Regie Robert Allen Schnitzer, USA 1973
Darsteller

Tony Page, Sylvester Stallone, Vickie Lancaster, Dennis Tate, Barbara Lee Govan, Rebecca Grimes, Roy White, Henry G. Sanders, Jed Mills, David Orange, Joe Kottler, Linda Adana, Laura Giammarco, Lillian Baley, Susan Glassman, Suzy Mann, Rusty Cole, Lenny Grodin u.a.

Genre Drama, Thriller
Filmlänge 80 Minuten
Deutschlandstart
22. August 1980
Inhalt

New York in den späten 60ern: Eine politisch motivierte Gruppe von Studenten will einen Bombenanschlag auf ein Unternehmen in einem Bürohaus unternehmen, das angeblich Geschäfte mit Diktatoren in Mittelamerika betreibt.

Unter seriösem Deckmantel liefert die Firma tatsächlich Käfige zu Folterzwecken aus. Doch als sie einen bekannten Terroristen und Bombenspezialisten kontaktieren, heftet sich bereits das FBI an ihre Fersen …

Was zu sagen wäre

Eine junge Frau erzählt ihrem Bettgenossen unter Tränen von einem Schwangerschaftsabbruch auf der Toilette eines 24hrs.-Diner, in dem sie arbeitete, irgendwann in der Nacht. Erzählt, wie der Fötus in die Schüssel klatschte, wie sie später, aus Angst jemand könne ihn finden, den Fötus in einer Milchflache eine Woche mit sich herumtrug, bis sie ihn schließlich irgendwo entsorgte. Plakatmotiv: Der letzte Ausweg (1973) Als sie ihre Story zu Ende erzählt hat, sagt er: „Beruhige Dich jetzt. Wir haben morgen einen schweren Tag.“ Aber vorher hat er ja immerhin drei Minuten schweigend zugehört, ihr Aufmerksamkeit geschenkt.

Anders gesagt: Auch Links-Terroristen sind Menschen. FBI-Beamte scheren sich nicht um das Verhindern von Todesopfern, sie sehen nur die Beförderung „um zwei Dienstgrade“, die ihnen blüht, wenn sie eine Überwachung mit einem verhinderten Anschlag abschließen. Die Terroristen sind sich nicht einig, ob nicht die schwarze Gemeinschaft besser geeignet wäre für den Anschlag und die Frauen säuseln vom Frieden auf dem Land und dass ihnen die Stadt zu hektisch sei. Menschen wie Du und ich.

Der Film ist schon sieben Jahre alt, als er in Deutschland 1980 doch noch in die Kinos kommt, weil Sylvester Stallone (Bananas – 1971), mittlerweile als Boxer Rocky Balboa (1976) im Kino zu Weltruhm gelangt, die zweite Hauptrolle spielt. 1973 als der Film in den USA in die Kinos geriet, muss eine ganz andere Zeit gewesen sein. Da planen Terroristen aus dem Studentenmilieu, also der linken Szene, einen Anschlag auf ein Bürogebäude eines Unternehmens, das Waschmittel produziert, insgeheim aber Folterkäfige an südamerikanische Korruptionspräsidenten liefert. Menschen sollen bei dem Anschlag nicht zu Schaden kommen. Das gibt den Terroristen, Robert Allen Schnitzer zeigt es ausführlich in seinem Film, Gelegenheit, über Gott, die Welt, den Rest und die sinnvollste Form des Sprengstoffs zu reden. Und, siehe oben, über Abtreibungen. Und ein paar Straßen weiter sitzen zwei Beamte mit Karriereplänen, die all diese Gespräche abhören. Es ist ein Film vor allem mit Talking Heads, Köpfe, die im Schnitt/Gegenschnitt Sätze sprechen, die den Film mal mehr, mal weniger voranbringen.

Die studentischen Bombenbastler sind angemessen empört über das geheime Gebaren des bösen US-Konzerns, der seine Gewinne über Menschenleben stellt und zwingt den Zuschauer in ebendiese Perspektive. Denn von dem Konzern und seinen Folterkäfigen taucht im Film nie jemand auf; niemand, der vielleicht eine andere Version erzählen würde, wonach es sich beispielsweise um Käfige für alltägliche Tierhaltung handele, oder der zynisch von Gewinnmaximierung durch das Auslöschen von Menschenleben spricht. Bis auf einen grauen Aktenschrank, aus dem die Terroristen ein paar Akten klauen, bleibt der Konzern für den Zuschauer anonym.

Und dann entpuppt sich auch noch ein Verräter in der Truppe – was wir von Beginn an ahnten, weil die Bundesbeamten so besonders luxuriös mit Abhörmikrofonen im Terroristennest ausgestattet sind. Nur passieren tut nicht viel; eigentlich gar nichts – bis auf die erwähnten Gespräche. Dabei gibt sich der Film einen schon 1973 irre mondänen Anstrich. Die Kamera hastet durch die Straßen der Hochhausstadt den Protagonisten hinterher, das gibt authentischen Flair abseits der Studioatmosphäre, die Big Hollywood so liebt, weil man dort besser Licht und Wetter beeinflussen kann. Aber hat nicht schon Jean Luc Godard 1960 in Europas Kino mit A bout de soufle bewiesen, dass wirklich auf der Straße gefilmte Szenen einfach viel mehr Authentizität versprühen? Plakatmotiv (US): Rebel (1973) Nun ist "No Place to hide" nicht annähernd wie das Kino der Nouvelle Vague. Genau genommen ist er vor allem langweilig, weil die Ermittlungsbeamten nur rumsitzen, die Anschlagsplaner vor allem Kerlesprüche schwätzen, die Frauen von einem besseren Leben träumen und nie jemand mal irgendwie zu Potte kommt.

Und dann verstoßen Drehbuchautor Larry Beinhart und Regisseur Robert Allen Schnitzer auch noch gegen das simple Tschechowsche Gesetz – das mit dem Gewehr im ersten Akt, also der literarischen Technik, mit der ein Element in die Geschichte eingeführt wird, dessen Zweck nicht sofort klar ist, das aber später eine Rolle spielen wird. Dauernd ist im vorliegenden Film von einer Bombe die Rede, mit der der – aus Zuschauersicht möglicherweise – böse Konzern vor aller Welt entlarvt werden soll. Der russische Schriftsteller Anton Tschechow sagte einst: „Man kann kein Gewehr auf die Bühne stellen, wenn niemand die Absicht hat, einen Schuss daraus abzugeben“ und „Wenn im ersten Akt ein Gewehr an der Wand hängt, dann wird es im letzten Akt abgefeuert“.

Nun ist Anton Tschechow für Kinogänger erstmal nur ein weiterer Autor mit Theorien über seinen Job. Aber der vorliegende Film gibt ihm mit umgekehrten Vorzeichen Recht. Im ganzen Film geht es um ein Bombenattentat. Als dann wirklich eine Bombe explodiert, tut die das nur im filmischen Off mit einem akustisch fragwürdigen Booum. Dem fällt dann eine Figur zum Opfer, die für einen der Bombenleger einen emotionalen Verlust bedeutet und der dann auch filmgerecht verzweifelt zusammenbricht. Die wahrscheinlich wirklich existierenden Folterkäfige des möglicherweise bösen Konzerns aber spielen beim Abspann längst keine Rolle mehr.

Auf dem Heimweg herrscht der Gedanke vor: Diese idiotischen Linken mit ihren Weltverbesserungsplänen – lassen sich kaufen und vermasseln alles. Ein seltsamer, in jeder Hinsicht gescheiterter Film einer Ideologie getriebenen Wirtschaft.

Wertung: 1 von 8 D-Mark
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