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Plakatmotiv: Nur ein kleiner Gefallen (2018)

Eine schöne Verbeugung vor
Krimikomödien der 60er Jahre

Titel Nur ein kleiner Gefallen
(A Simple Favor)
Drehbuch Jessica Sharzer
nach dem Roman "der Romanvorlage Nur ein kleiner Gefallen – A Simple Favor" von Darcey Bell.
Regie Paul Feig, Kanada, USA 2018
Darsteller
Anna Kendrick, Blake Lively, Henry Golding, Andrew Rannells, Linda Cardellini, Rupert Friend, Jean Smart, Ian Ho, Eric Johnson, Glenda Braganza, Dustin Milligan, Sarah Baker, Bashir Salahuddin u.a.
Genre Thriller, Komödie
Filmlänge 117 Minuten
Deutschlandstart
8. November 2018
Inhalt

Seit dem Tod ihres Mannes muss Stephanie ihren Sohn Miles alleine versorgen. Als mäßig erfolgreiche Mom-Bloggerin lässt sie dabei ihre Umwelt an den Höhen und Tiefen ihres Lebens teilhaben.

Zudem ist sie ungemein hilfsbereit. Daher ist es für sie selbstverständlich, ihrer neuen Freundin auszuhelfen: Mode-PR-Chefin Emily bittet sie darum, Sohn Nicky nach der Schule für ein paar Stunden mit nach Hause zu nehmen. Doch am Abend erscheint Emily nicht, um ihren Sprössling abzuholen.

Tage und Wochen ziehen ins Land, in denen sich Stephanie zusammen mit Emilys Mann Sean um den Jungen kümmert. Dabei kommen sich Stephanie und Sean näher. Sie beginnt, von einem neuen Leben zu träumen. Doch dann wird Emilys Leiche gefunden und alles erscheint in einem neuen Licht …

Was zu sagen wäre

Eine Mutter bittet eine andere Mutter, einen Nachmittag lang auf ihr Kind aufzupassen. Damit geht der Film los. Am Ende gibt es Intrigen, Polizeisirenen, Tote, Schlagzeilen und eine fröhliche Musik zum Abspann. Das sollte einen nicht allzu sehr wundern, der Film ist schließlich von Paul Feig, der sich mit Filmen wie Brautalarm (2011) einen Namen gemacht hat; es folgten Taffe Mädels (2013) und Spy: Susan Cooper Undercover (2015), Filme, in denen Frauen lustig sind und Dinge tun, die sonst eher die Männer im Kino tun. Smarte Dinge. Durchtriebene Dinge. Und häufig machen sie Pupswitze.

Pupswitze macht in Paul Feigs neuem Film niemand. Nicht einmal die kleinen Jungs auf dem Schulhof. Sein Film ist eine Reminiszenz auf das goldene Zeitalter des Kinos, als Männer wie Cary Grant schöne Frauen wie Audrey Hepburn (Charade – 1963) oder Gregory Peck Sophia Loren aus irrwitzig vertrackten Geheimdienstkillerstories rauspaukten. Feig beginnt seinen Film schon mit einem Vorspann, der an diese Klassiker der Kino-Eleganz erinnert. Visuell erinnert er an die Vorspannjuwelen aus der Saul-Bass-Schmiede, dazu singt eine Chansonniere eine fröhliche französische Nummer.

Nur die klugen Frauen-rauspauk-Männer braucht Feig nicht mehr. Seine Frauen konnten sich schon immer sehr gut alleine wo reinreiten und dann auch wieder rauspauken. Und wer überhaupt sollte diese Kunst besser beherrschen als Mütter. In diesem Film werden zwei davon aufeinander losgelassen und es ist ein großer Spaß, ihnen dabei zuzusehen. Blake Lively (The Shallows: Gefahr aus der Tiefe – 2016; Café Society – 2016; "Für immer Adaline" – 2015; Savages – 2012; Green Lantern – 2011; "Pippa Lee" – 2009) ist die erfolgreiche PR-Frau, die die Erziehung ihres Jungen zum Teil ihrem Mann überlässt, der zehn Jahre nach seinem Bestseller immer noch kein zweites Buch geschrieben hat. Lively spielt diese Emily als coole Trinkerin, trickreiche Verschauklerin und sexy Vamp und ihr Spiel hat dabei mehr Nuancen, als ihr gemeinhin zugetraut werden. Aber Lively ist nur zweite Geige, wenn Anna Kendrick im Bild ist ("The Accountant" – 2016; "Into the Woods" – 2014; "Pitch Perfect – Die Bühne gehört uns!" – 2012; "End of Watch" – 2012; "Was passiert, wenn's passiert ist" – 2012; Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt – 2010; Up in the Air – 2009; "Twilight – Biss zum Morgengrauen" – 2008).

Kendrick spielt die perfekte Hockey-Mom – organisiert, beste Kochergebnisse, immer 105 Prozent. Und einen Videoblog über das Leben als allein erziehende Mutter macht sie auch noch. Das ist so eine Figur, wie es sie zuletzt in Hollywoods Schwarz-Weiß-Ära gegeben und heute nur noch in Komödien überlebt. Kendrick beherrscht die ganze Palette von der etwas langweiligen Alles-Könner-Mutter über das naive Mädchen bis hin zur durchtriebenen Rächerin.

Apropos Pups-Witze: die unangenehmen Momente des gestressten Mutterdaseins wie vollgekotzte Küchenböden oder durchgekreischte Nächte blendet Paul Feig in seinem Duell der Mütter komplett aus und inszeniert statt dessen eine Schöner-Wohnen-Welt mit elegant gekleideten Frauen, die Martinigläser schwenken. Die Männer in diesem Film spielen eher die Rolle des Stichwortgebers.

Schön gemacht, mutig geradezu, einen solchen Film heute noch im Kino zwischen all den Green-Screen-Spektakel zu platzieren. Zumal der Einstieg in den Film tatsächlich auch noch viel zu langsam geraten ist. Bis es mal los geht, ruht der Film tatsächlich ausschließlich auf den schmalen Kendrick- und den hochgewachsenen Lively-Schultern. Passieren tut in den ersten 30 Minuten kaum etwas. Da etabliert Feig in aller Ruhe die Welt, die anschließend in die Brüche geht. Da zitiert er auch das Tempo der 1960er-Kinofilme. Das läuft den heutigen Sehgewohnheiten der Zielgruppe zuwider.

Der Film ist elegant zusammengeklöppelt und bei genauerem Hinsehen – was ich während des Films kaum tue, weil ich von den eleganten Martini-Frauen abgelenkt bin – so auf Kante genäht, dass ich empört sein müsste; aber nee, stimmt ja: Es ist eine Reminiszenz an diesen irrwitzigen Actionkomödien aus den 1960er Jahren.

Wertung: 4 von 8 €uro
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