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Plakatmotiv: Die Fliege (1958)

Nur in Maßen gelungenes Creature Feature
dessen Finale aber lange nach hallt

Titel Die Fliege
(The Fly)
Drehbuch James Clavell
nach der Kurzgeschichte "Die Fliege" von George Langelaan
Regie Kurt Neumann, USA 1958
Darsteller
David Hedison, Patricia Owens, Vincent Price, Herbert Marshall, Kathleen Freeman, Betty Lou Gerson, Charles Herbert u.a.
Genre Drama, Horror
Filmlänge 94 Minuten
Deutschlandstart
3. Oktober 1958
Inhalt

Inspektor Charas untersucht den Tod des Wissenschaftlers André Delambre. Dessen Frau Helene gesteht die Tat: Delambre hat an einem Teleportationsgerät geforscht. In einem Selbstversuch hat er dabei eine Fliege im Gerät übersehen, und das Gerät hat die beiden gekreuzt: Delambre hat nun einen gigantischen Fliegenkopf und einen Fliegenarm, während die Fliege mit einem menschlichen Kopf davonfliegt. Um dies rückgängig zu machen, benötigt der Wissenschaftler die Fliege, derer er jedoch nicht habhaft werden kann.

In der Erkenntnis, das Geschehene nicht rückgängig machen zu können, beschließt der Wissenschaftler, sich und seine Forschungsergebnisse zu zerstören. Dazu bittet er seine Frau, alle Hinweise auf das Geschehen sowie seine Forschungsergebnisse zu zerstören und ihn zu töten, indem sie seinen Kopf und Arm in einer Presse zerquetscht, was sie mit seiner Hilfe schließlich auch macht.

Inspektor Charas glaubt der Ehefrau nicht und will sie verhaften lassen, als er von Andrés Bruder François in den Garten gerufen wird. Der spielende Sohn des Getöteten, Philippe, hat eine Fliege mit einem unnatürlichen, menschlichen Kopf entdeckt, die in einem Spinnennetz gefangen ist und um Hilfe ruft …

Was zu sagen wäre

Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt. Er lag auf seinem panzerartig harten Rücken und sah, wenn er den Kopf ein wenig hob, seinen gewölbten, braunen, von bogenförmigen Versteifungen geteilten Bauch, auf dessen Höhe sich die Bettdecke, zum gänzlichen Niedergleiten bereit, kaum noch erhalten konnte.“ So beginnt Franz Kafkas "Die Verwandlung" aus dem Jahr 1912.

Ein Mensch verwandelt sich in ein Ungeheuer. Nicht nur äußerlich. Auch im Charakter verwandelt sich der Mad Scientist seit der Transformation. Seine Instinkte werden animalischer, mehrfach kann er sich nur schwer zügeln, seine geliebte Frau zu überfallen und zu verspeisen. Dabei sollte es eine Erfindung sein, die „große Probleme der Menschheit“ beseitigt, indem sie Nahrungsmittel, Menschen, benötigte Ausrüstung in Katastrophengebieten in Nullkommanichts transportieren sollte. Als Delambre seiner Frau von dieser Vision vorschwärmt, ist schon klar, dass der Schuss nach hinten los gehen wird: Was wir sehen, ist eine Rückblende, Inhalt eines Geständnisses, das Delambres Ehefrau Helene einem Polizisten macht.

Der Film erzählt den Horror als Rückblende und er beginnt mit einem grausigen Tod. Helene zerquetscht ihren Ehemann in eine Presse in der familieneigenen Fabrik; der Tote kann nur noch anhand einer Narbe, die er am Bein hat, identifiziert werden. Helene gesteht die Tat, verweigert aber jede weitere Erklärung. Aber jedesmal, wenn eine Fliege durch den Raum summt, wird sie unruhig und möchte die Fliege fangen, sie aber keineswegs töten. Wir haben im Vorfeld des Films gruselige Plakatmotive gesehen, auch heißt der Film "The Fly", es gibt den berüchtigten Mad Scientist – all diese Faktoren zusammen mit dem Summen der Fliegen und der seltsamen Reaktion Helenes geben dem Film eine unheimliche, bedrückende Atmosphäre. Der Gänsehautfaktor ist hoch bei diesem Film, obwohl objektiv nicht viel passiert.

Die Aura des Befremdlichen liegt auch daran, dass es keinen klassischen Helden gibt, an den wir uns hängen können. Kurt Neumann hat sich eng an die Vorlage der Kurzgeschichte von George Langelaan gehalten. Der Wissenschaftler André Delambre ist ein guter Ehemann, ein freundlicher Mann, aber nach dem Unfall hat er einen pelzigen Fliegenarm und zieht ein schwarzes Laken über seinen Fliegenkopf. Helene ist die Erzählerin einer spannenden Geschichte, in der sie selbst aber kaum eine Entscheidung trifft; sie ist nicht handlungsrelevant. Also hat der Mad Scientist noch einen Bruder, dem ein eigener Handlungsfaden gesponnen werden muss, was zum Eindruck, dass objektiv nicht viel passiert, beiträgt. Diesen Bruder spielt Vincent Price, Urgestein des Genrekinos und König der boshaften Nebenfiguren (Die zehn Gebote – 1956). Seine Figur irrlichtert durch den Film, führt jene Gespräche mit dem ermittelnden Inspektor, die uns Zuschauern Handlungshintergründe erklären sollen. Price also nimmt die Zuschauer bei der Hand und muss sie entsprechend auch zum bizarren Finale vor einem Spinnennetz führen, in dem die „Fliege mit dem weißen Kopf und einem weißen Bein“ zappelt, die alle den ganzen Film über suchen, und panisch um Hilfe schreit, weil die Spinne schon ganz nah ist.

Der Film kommt also bisweilen nur zäh voran. Die letzten zehn Minuten aber, die ein philosophisches Drama eröffnen über animalische Grausamkeit gegen die Hybris des menschlichen Geistes und die Frage, wann ist Mord Mord. Und wann ist es Erlösung? Das lässt einen nicht los, auch wenn der Kinovorhang sich lange geschlossen hat.

Wertung: 4 von 7 D-Mark
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