Carol Cobb, Dieter Bravo und ihre Schauspielkollegen um die einflussreiche Influencerin Krystal Kris und die einst liierten Leinwandlegenden Lauren Van Chance und Dustin Mulray wollen den Abenteuer-Film "Cliff Beasts 6: The Battle For Everest" drehen, einen neuen Höhepunkt der "Cliff Beasts"-Saga über tödliche, fliegende Dinosaurier.
Die Drehtage sind lang und der Erfolgsdruck ist hoch. Das bekommen Cast & Crew immer wieder zu spüren. Die Corona-Pandemie sorgt dabei für erschwerte Bedingungen, da die Schauspieler sich nicht außerhalb eines definierten Personenkreises – ihrer Bubble – bewegen dürfen. Sie sitzen im selben Hotel fest, abgeschottet von der Außenwelt.
Alsbald liegen die Nerven blank und es kommt trotz der Sicherheitsmaßnahmen zu ersten Corona-Ausbrüchen …
„Wir sind nicht bei Patty Jenkins. Ich darf nicht mit Gal Gadot drehen. Ich kriege dafür diese … Wichser!“, klagt Regisseur Darren. So geht's zu am Set eines Franchise-Drehs. Der Regisseur ist ein verzweifelter Künstler, der Mühe hat, seine Autorität zu unterstreichen. Der Hauptdarsteller ist der heimliche Produzent ohne Credit, der dauernd die Texte umwirft. Die Jungschauspielerin, die mal die Hoffnung des Studios war, wird gerade abgesägt und gegen eine Influencerin mit 130 Millionen Follower ersetzt. Der Making-Of-Regisseur geht allen auf die Nerven. Und obwohl die Hälfte der Szenen noch nicht abgedreht ist, erwägt die Produktion, aus dem bereits gedrehten einen Film zu schneiden – Hauptsache, Das Ende ist gut, „Das ist doch, woran die Leute sich erinnern. Oder?“
Judd Apatow ist einer der großen zeitgenössischen Komiker des Hollywoodkinos. Das heißt, er schreckt auch nicht vor Furz-und-Kotz-Witzen sowie allgemein Humoresken auf diesem Niveau zurück (Dating Queen – 2015; Immer Ärger mit 40 – 2012; Beim ersten Mal – 2007; "Jungfrau (40), männlich, sucht…" – 2005). Als Produzent steckt er auch hinter Filmen wie Brautalarm (2011). Wenn sich einer wie Apatow also das Filmbusiness vornimmt, darf man einiges erwarten. Er enttäuscht nicht. Höchstens, dass er Fäkalwitze unterschlägt. Seine Branche ist ihm Wahnsinn genug, den muss er nicht künstlich mit Kaka und Pups würzen. Sein Film hat eine beklemmende Aktualität durch seine Rahmenhandlung: Wegen der Covid-19-Pandemie hat sich eine Filmproduktion auf einen englischen Landsitz in Isolation begeben, um den sechsten Teil der „Dreiundzwanzigst erfolgreichen Filmserie aller Zeiten“ zu drehen. Da findet sich jene verrückte, selbstfixierte Welt des Filmemachens in der titelgebenden Blase zusammen, die – auch ganz ohne Virus – schon manch Große der Filmkunst in den fortgeschrittenen Anfängen des Films aufbliesen, eine Mischung aus Enthusiasmus, Chaos und Gier. Im Mittelpunkt hier stehen Dinosaurier, auch die Typo der Credits nutzt die Jurassic-Fonts, aber es geht hier nicht speziell um einen Tritt in den Hintern der Jurassic-Park-Serie, im Gegenteil: eher fühlt man sich an die endlose Serie der Marvel-Filme erinnert, bei denen es mittlerweile wichtiger scheint, jeden einzelnen Film in der zeitlich korrekten Abfolge zu schauen, weil man sonst einen vermeintlich wichtigen Übergang zum wiederum nächsten Marvel-Film verpasst.
Es ist eine verlogene, zynische Gesellschaft, die Apatow uns da vorführt. Um künstlerische Ambitionen geht es einigen Verblendeten noch, die aber im Laufe des Filmes zur Seite gedrängt werden. Es geht um Profit, um das Einhalten der Drehpläne und das Wegschieben von Verantwortung. Wenn der Executive Producer am Set im Zoom-Call mit seiner Chefin klagt, das Budget sei nicht zu halten, stößt die üble Verwünschungen aus und wendet sich dann an den nächsthöheren Chef und der sich wieder an seinen Chef und der sich und so weiter und so fort. Im Grunde ist da keiner mit Engagement bei der Filmsache. Film ist da so, als würde man einen Schraubenschlüssel produzieren. Die Schauspieler, die nun im sechsten Film Dinosaurier bekämpfen – ”Es ist IMMER das Gleiche!“ – suchen ihr Heil in der Flucht. Dauernd versucht einer, das Set heimlich zu verlassen, weshalb irgendjemand einen harten Wachdienst angeheuert hat, der Flüchtenden auch schon mal eine Hand abschießt, wenn es der Produktion dient. Dass den ganzen Bubble-Film über nicht klar ist, wer diesen Security-Service eigentlich bestellt hat, ist eine hübsche Spitze gegen den heute bei Dreharbeiten allgegenwärtigen Sicherheitsdienst, der an Secret-Sevice-Soldaten erinnert.
So boshaft das klingt, so spitz beobachtet manche Szene ist, der Film zündet nicht. Die Figuren sind zum Verwechseln. Da ist das Ex-Paar, das kurz vor der Scheidung einen Jungen adoptiert hat und jetzt bei jeder neuen Folge des Franchise schlagzeilenträchtig wieder zusammenkommt. Da ist die Schauspielerin, deren Freund sie via Zoom aus deren eigenem Haus wirft, schon mit der Neuen im Arm. Da ist der notgeile Latin Lover, der jeden am Set fragt, ob sie (oder er) Lust auf Sex hat; das ist schnell fad, weil: Dass Filmleute nichts als Sex und Koks im Kopf haben, ist eines der ältesten Klischees der Welt. Und die demonstrative Kälte, mit der die Filmindustrie ihre eigenen Produkte angeht, hat sich als sarkastische Beobachtung bald erschöpft. Manchmal hilft Apatow dann doch mit einem simplen Film-im-Film-Gag aus, um Lacher hervorzurufen – etwa, wenn die Motion-Capture-Angestellten, die im Styroporanzug die fliegenden Dinosaurier vor der Green Screen mimen, die Contenance verlieren und sich im breitesten Cockney-Slang sorgen, dass die Kletterer im Gebirgsmassiv ohne Seil agieren. Die Akteure hängen derweil zappelnd vor einer grünen Wand und kotzen auf den Studioboden, die Dinos fügen später die heimlichen Herrscher, die Tricktechniker hinzu.
Auf dem Höhepunkt des Sklavenaufstands, den die Schauspieler entfachen, schaffen es einige in den Hubschrauber am Set. Und Sean Knox, einer der Schauspieler, kriegt ihn sogar vom Boden. Aber nicht weiter. Weil er im Dino-Film einen Hubschrauber starten muss, hat er sechs Flugstunden spendiert bekommen, in denen er just das gelernt hat: das Abheben mit dem Hubschrauber. Weiter kommt er alleine nicht. Da erinnert Apatow an die Sicht eines der Großen auf die Schauspielerei. Alfred Hitchcock fand künstlerisch agierende Schauspieler eher lästig. Er wollte Figuren, denen er durch Musikeinsatz und Bildschnitt schon die notwendigen Emotionen andichten würde. Tatsächlich ist es bisweilen schwierig, mit Schauspielern abseits ihres Drehbuchs zu kommunizieren, weil sie dann nichts haben, was sie rezitieren können. Es sind halt Schauspieler. Sie tun so, als ob sie Hubschrauber fliegen. Als ob sie die Genitalien von Dinosauriern abfackeln.
Als ob sie echte Menschen wären.