Als sie vor 20 Jahren über Johannesburg auftauchten, erregten sie kurz Erstaunen, dann Angst, schließlich Mitleid. Heute will man sie vor allem weg haben aus der Stadt. Deshalb sollen die Aliens, die damals im sogenannten District 9, einem Übergangslager bei Johannesburg, angesiedelt wurden, umgesiedelt werden.
Ihr Schiff hängt funktions- und bewegungslos am Himmel und rostet vor sich hin. Ab und an fallen Teile herab.
Es ist, wie bei so vielen Provisorien: Aus dem Übergangslager wurde ein Lager wurde ein Slum. Aus den Aliens keine Botschafter aus anderen Welten sondern Slumbewohner. Schmutzige Slumbewohner, die mit kriminellen Mitteln ihr karges Leben aufbessern – auch vor dem ein oder anderen Mord nicht zurückschrecken. „Man muss ihnen sagen, dass sie hier nicht so einfach Leute umbringen können”, klagt ein Bürger in die TV-Kamera.
Als die Regierung nach fruchtlosen Verhandlungen die Verantwortung für die hilflosen Wesen einer privaten Firma übergibt, verfolgt diese eigene Interessen – schließlich soll sich die Aktion ja auch rechnen. Dazu müssten die Aliens umgesiedelt werden, wobei sich dann aber der Leiter der Umsiedelaktion, Wikus Van De Merwe, mit etwas Mysteriösen infiziert, das ihn alsbald mutieren lässt. Das macht ihn nun für die Militärs interessant. Die sind nämlich bei dem ganzen Aliengeschäft bislang leer ausgegangen, weil sich die Waffen der Aliens nur mit deren DNA abfeuern lassen. Und mit dieser DNA ist Wikus – sehr offensichtlich – infiziert.
Wikus kann den Militärs unter dem Skalpell wegfliehen und versteckt sich in District 9. Hier trifft er auf dan Außerirdischen Christopher, der offensichtlich anders ist, als die anderen Aliens hier: Christopher baut an einer Maschine, die ihn und seinen Sohn zum Schiff zurück- und nach Hause bringen soll.
Auf dem Schiff könne er Wikus helfen, dessen Infektion zu heilen, sagt Christopher …
Großes Kino. Neil Bloomkamp (Regie) und Terri Tatchell (Buch) haben sich hemmungslos in der Filmgeschichte bedient und aus vielen bekannten Versatzstücken etwas Neues geschaffen. District 9 ist mehr als die Summe der Vorbilder.
Es beginnt als Social-Fiction im Reality-TV-Wackel-Style, wandelt sich zu schwarzhumoriger Science Fiction zu Horror zu Action zu Drama, in dem auch der Satz „Lass mich zurück! Ich schaff's nicht weiter. Lauf! Du musst es schaffen! Für uns” nicht fehlen darf, vor allem aber gar nicht stört. Dabei ist die Haltung der Macher jederzeit völlig klar: Mit den Mitteln des Alienkinos erzählen sie eine menschlich wahre Geschichte.
Die Menschen im Film mögen sich wundern, warum die Aliens „nicht New York oder Washington besucht haben”, der Zuschauer wirft einen Blick auf Johannesburg und weiß: Wo sonst hätte man die Parabel auf Slum und Rassismus so wunderbar erzählen können wie hier?
Und wer, wenn nicht unverbrauchte Talente wie Bloomkamp und Tatchell, hätte daraus einen so unterhaltsamen Film machen können, der sich gegen jede Erwartung auflehnt und alle fünf Minuten eine Überraschung bereit hält.
Der Film ist unter den schützenden Händen des Produzenten Peter Jacksons (Der Herr der Ringe) entstanden. Über dessen Kontakt und mit „District 9” als Arbeitsnachweis ging Bloomkamp nach Hollywood und lieferte vier Jahre später den Multi-Millionen-Dollar-Summermovie Elysium (2013).