IMDB

Plakatmotiv: Der Wüstenplanet (1984)

Der beklagenswerte Rest einer
schon befürchteten Enttäuschung

Titel Der Wüstenplanet
(Dune)
Drehbuch David Lynch
nach dem gleichnamigen Roman von Frank Herbert
Regie David Lynch, USA, Mexiko 1984
Darsteller

Kyle MacLachlan, Virginia Madsen, Francesca Annis, Leonardo Cimino, Brad Dourif, José Ferrer, Linda Hunt, Freddie Jones, Richard Jordan, Silvana Mangano, Everett McGill, Kenneth McMillan, Jack Nance, Siân Phillips, Jürgen Prochnow, Paul L. Smith, Patrick Stewart, Sting u.a.

Genre Abenteuer, Science Fiction
Filmlänge 137 Minuten
Deutschlandstart
14. Dezember 1984
Inhalt

Wir schreiben das Jahr 10191. Die Menschheit lebt über das Universum verteilt auf einer Vielzahl bewohnbarer Planeten. Die Macht liegt bei einigen wenigen alten Adelsgeschlechtern, darunter das Haus Atreides, das Haus Harkonnen und das Haus Corrino, die sich um die Vorherrschaft streiten. Im Mittelpunkt ihrer Interessen liegt Spice, ein Gewürz, ohne dass Reisen durch das Universum nicht möglich sind.

Der einzige Ort, wo Spice vorkommt, ist der Wüstenplanet Arrakis; auf diesem lebt das an die widrigen Verhältnisse angepasste Volk der Fremen, welche die hier existierenden gewaltigen Sandwürmer domestiziert haben. Plakatmotiv: Der Wüstenplanet (1984) Hierhin verschlägt es den jungen Paul Atreides, nachdem er in einen politischen Machtstreit zwischen Shaddam Corrino IV, seinem Vater Leto Atreides und Baron Vladimir Harkonnen gerät. Paul gewinnt das Vertrauen der Fremen, die in ihm eine Art Messias zu erkennen glauben. Unter dem Einfluss des Spice steigt er als sogenannter Muad’Dib schließlich zu deren Anführer auf soll sie in eine bessere Zukunft führen …

Was zu sagen wäre

Dieser Film ist die Polyester gewordene Bestätigung für die Erkenntnis, dass manche Romane unverfilmbar sind. Frank Herberts "Der Wüstenplanet" ist das erste einer sechsteiligen Science-Fiction-Fantasy-Reihe, gefüllt mit allerlei philosophischen Gedanken über Menschen, Drogen, Künstliche Intelligenz, das Universum und den ganzen Rest. Jedes einzelne dieser sechs Bücher ist um die 800 Seiten dick.

Handelnde Personen sind drei Herrscherfamilien, unterdrückte Völker, gigantische Würmer und ein Schurke, der so fett ist, dass er sich nur mit einem Schwebeanzug fortbewegen kann. Das sind gewaltige Bilder, die, wollte man sie adäquat auf die Leinwand bringen, etwa vier, viereinhalb Stunden Film benötigen – pro Buch. David Lynch, der mit Der Elefantenmensch (1980) und Eraserhead (1977) Sinn für fantastische Bilder und das Abseitige im Menschen gezeigt hat, schafft es mit dreieinhalb Stunden, die allerdings nicht auf die Leinwand kommen. Statt dessen haben die Produzenten seinen Film auf knapp über zwei Stunden zurecht gestutzt. Man kann nur mutmaßen, was da verloren und was da als Krücke eingebaut werden musste. Sind zum Beispiel die dauernd zu hörenden Gedanken der Protagonisten, die das Geschehen kommentieren, aus dem Originaldrehbuch? Oder mussten sie in die Kurzversion eingefügt werden, weil sonst kaum zwei Szenen zusammen einen Sinn ergeben hätten?

Was man sagen kann, weil das auch eine stark gekürzte Version nicht verbergen kann, ist, dass sich David Lynch in dieser Welt verrannt hat. Die Kulisse sieht aus, als habe er Reste aus schwarz-weißen Science-Fiction-Filmen aus den 50er Jahren übernommen. Da ist nichts visionär, nichts modern. Die Welten der Hohen Häuser in diesem 11. Jahrtausend sehen aus wie mit Tand vollgestellte Paläste aus einer Barockzeit in Comicdesign. Der allmächtige Imperator Saddam Corrino ist ein ältlicher Mann, der sich im eigenen Thronsaal von der Navigatorengilde anschnauzen lassen muss. Baron Harkonnen, der schon erwähnte schwebende Fettsack, ist ein langweiliges Ekelpaket Plakatmotiv: Der Wüstenplanet (1984) ohne jeden dunklen Charme – ein Ekelpaket, das aber einfach nur ekelhaft ist, erzeugt keine Gänsehaut, sondern langweilt bald. Der große Leto Atreides, im Buch ein angesehener, im Volk beliebter Herrscher, gerät unter die Schauspielkunst des Deutschen Jürgen Prochnow, der uns vor kurzem noch als KaLeu in Wolfgang Petersens Das Boot (1981) beeindruckte. Hier steht er steif in gestärkter Uniform herum, streichelt seinen Mops auf dem Arm und sagt Drehbuchsätze auf, denen er kein Leben einhaucht. Das Lebendigste an ihm sind die anderen Möpse, die um ihn herumwuseln. Die stolzen Fremen schließlich, diese unterdrückten Einwohner Arrakis', denen wegen der Spice-Gewinnung ihr Lebensraum weggenommen wird, schrumpeln zu lederhäutigen Wilden in technisch ausgereiften Anzügen (zur Wasserspeicherung), die Paul Atreides, die Hauptfigur des Dramas, unhinterfragt als Erlöser in einer Kulisse feiern, die in ihrer kargen Nüchternheit an den Nürnberger Reichsparteitag erinnert. Paul übrigens wird gespielt von dem Newcomer Kyle MacLachlan, der den ganzen Film über mit einer imposant sitzenden, streng gescheitelten Haartolle auskommt.

Manchmal blitzt durch, was Lynch vorgehabt haben könnte, wenn er im Intro das ganz große Universum aufmacht mit verschachtelten Machtstrukturen und gegenseitigen Intrigen. Aber dann verliert er viel Filmzeit auf geschmacklose Gimmicks wie eine Katzenmelkmaschine, die im Buch ebensowenig auftaucht wie Stöpsel, die jeder Harkonnen-Bedienstete auf der Brust sitzen hat und die der böse Baron einfach rausziehen kann, auf dass der Bedienstete verblute. Das macht auf der Leinwand schon was her – Augenfutter für Sadisten, sowas verkauft sich gut – nimmt aber wertvolle Erzählzeit und sagt dem Zuschauer nichts, was er nicht nach fünf Minuten mit Baron Harkonnen im selben Kinosaal ohnehin schon weiß: Der Typ ist abartig. Einen seiner beiden sadistischen Neffen spielt Sting, im Hauptberuf Sänger der Band "Police". Er darf diabolisch funkeln, sadistisch grinsen und einen Messerkampf verlieren. Viele Worte hat er nicht. Was Sting an dieser uninteressanten Nebenrolle gereizt haben könnte, aus welchem Grund sie überhaupt auftaucht (okay, es gibt sie in der Buchvorlage), bleibt im Kinosessel ein Rätsel. Am Ende sind es die Würmer, die auf der großen Leinwand ordentlich Eindruck machen. Weil sie aber wenig mehr tun als das, was Würmer halt tun, nämlich kriechen und fressen, versandet der Eindruck bald.

Vielleicht werden wir eines Tages mal die ganze Fassung von David Lynchs Film sehen. Vielleicht klärt sich dann ja das ein oder andere. Aber das hölzerne Spiel der beteiligten Hauptdarsteller wird die Langfassung nur verlängern können.

Wertung: 2 von 9 D-Mark
IMDB