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Plakatmotiv: Die Sünderin (1951)

Künstlerisch nicht der Rede wert
Aber ein Skandalon erster Güte

Titel Die Sünderin
Drehbuch Willi Forst + Georg Marischka + Gerhard Menzel
Regie Willi Forst, BRD 1951
Darsteller

Hildegard Knef, Gustav Fröhlich, Robert Meyn, Änne Bruck, Jochen-Wolfgang Meyn, Andreas Wolf, Theo Tecklenburg, Wera Frydtberg, Carl Voscherau, Benno Gellenbeck, Karl Kramer, Horst von Otto, Irene Mirbach u.a.

Genre Drama
Filmlänge 100 Minuten
Deutschlandstart
18. Januar 1951
Inhalt

Marinas Mutter betrügt im Zweiten Weltkrieg ihren Stiefvater, der von der Gestapo verhaftet und eine Zeit lang inhaftiert wird. Marina wird vom Stiefbruder verführt, welcher daraufhin von ihrem Stiefvater offenbar erschlagen wird. Marina, die ihren Lebensunterhalt mit der Prostitution finanziert, verliebt sich in den gescheiterten Maler Alexander, der an einem Gehirntumor erkrankt ist, der ihn erblinden lässt.

Beide reisen nach Italien, wo sie vorübergehend ein glückliches Leben führen. Um die Operation zu finanzieren, versucht Marina, wieder ihrem alten Gewerbe nachzugehen. Dies gelingt ihr nicht. Jedoch trifft sie auf den Operateur, der Alexander eine heilende Operation in Aussicht gestellt hat und nun bereit ist, diese gratis durchzuführen.

Plakatmotiv: Die Sünderin (1951)

Die Operation stellt das Sehvermögen Alexanders wieder her und das Paar verbringt eine gute Zeit in Wien. Als Alexanders Sehvermögen nachlässt und eine Erblindung unabwendbar ist, beschließt Alexander, aus dem Leben zu scheiden …

 

Was zu sagen wäre

Dieser Film gehört wahrscheinlich in jeden Kanon deutscher Filmgeschichte. Nicht, weil er künstlerisch viel hergäbe. Das tut er nicht. Sondern weil er damals, 1951, ein großer Skandal war, der wochenlang die Schlagzeilen beherrschte.

Die Geschichte einer großen Liebe, bedingungslos, unabhängig von materiellen Bedürfnissen. Diese beiden Menschen – der Maler und die Prostituierte – genügen sich, sie als seine Muse, er als der Künstler, dem auf dem Höhepunkt seiner Liebe endlich der Durchbruch in der Kunstwelt gelingt; und der aber an einem Hirntumor leidet, der ihn dahinrafft. Am Ende liegen sich die beiden Liebenden sterbend in den Armen. Eine große Geschichte, groß erzählt.

Im wahrsten Sinne: erzählt. Hildegard Knef, die die Marina spielt, erzählt die ganze Geschichte aus dem Off, während wir Bilder sehen, die das Gesagte unterstreichen. Die übertriebene Mimik in mancher Szene hat etwas von Stummfilm-Dramaturgie und wirkt, als habe Regisseur Willi Forst kein Vertrauen zu seinen beiden Hauptdarstellern Gustav Fröhlich und Hildegard Knef gehabt und also lieber alle Emotionen von Marina noch mal erklären zu lassen; ganz oft ist das aber unnötig.

Gleichzeitig ist das aber auch schön, weil das Schönste an diesem Film sind die Außenaufnahmen in Italien – in Venedig und in Positano am Meer. Hier sind Forst und seinem tschechoslowakischen Kameramann Václav Vich Schwarz-Weiß-Bilder von – gemessen am damaligen Standard – beeindruckender Tiefe und Weite gelungen; die neuen Sehnsuchtsorte der deutschen Nachkriegs-Reisenden wirken magnetisch. Und da ist es schön, dass man sich nicht von gespielter Handlung ablenken lassen muss, sondern quasi einem bebilderten Hörspiel folgen kann, das seinen Höhepunkt in einer Prostituierten, die mehr Jungfrau Maria als Maria Magdalena ist, und einer romantisch bewilligten Tötung auf Verlangen findet.

Die Empörung im Jahr Sechs in Nachkriegsdeutschland war groß. Aktivisten warfen Stinkbomben in Kinosäle, in denen der Film lief. Politiker verteilten Flugblätter. Inhalt: „Die Sünderin – Ein Faustschlag ins Gesicht jeder anständigen deutschen Frau! Hurerei und Selbstmord! Sollen das die Ideale eines Volkes sein?“ Heute ist die Empörung nicht mehr nachvollziehbar, schon damals – eine Zeit, in der manch Sittenwächter die Sitten lieber locker nahm – war sie wohlfeil. Nicht zuletzt, weil er zeigt, was mit ohnehin rechtlosen Töchtern geschieht, die in der Familie missbraucht und verstoßen werden. Wie anders sollten Frauen (ohne Mann) Unterkunft und Brot bezahlen? Aber darüber wollten die Kirchen und Sozialverbände damals lieber nicht reden – und auch nicht mit der Frage überhaupt konfrontiert werden. Aber das ist eine andere Geschichte.

Wertung: 3 von 6 D-Mark
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