Scott, ein junger Tänzer aus Australien, hat nur einen Traum: Er will unbedingt beim Pan-Pacific Grand Prix, dem größten Tanzturnier des Kontinents, antreten und die Konkurrenz in Grund und Boden tanzen. Doch der Tänzer hat gleich mit mehreren Problemen zu kämpfen und sieht sich einer Jury ausgesetzt, die wenig von seinen Tanzkünsten hält. Barry Fife, der Chef der australischen Tanzvereinigung, etwa disqualifiziert Scott wegen seiner nicht erlaubten Schritte (engl.: not strictly ballroom).
Kurz vor der Entscheidung beim Pan Pacific Tanzturnier – dem Turnier, für dessen Sieg schon seine Mutter manch Narben hinterlassenes Opfer davontrug – schießt Scott seine Tanzpartnerin in den Wind, die mit seinen frei interpretierten Schritten nichts anfangen kann – und auch nichts anfangen will. So schlägt die Stunde von Mauerblümchen Fran, die heimlich in den Tänzer verliebt ist. Die Tochter spanischer Immigranten teilt wie er die Leidenschaft fürs Tanzen und studiert mit ihm mit Unterstützung ihrer Familie den Paso Doble ein.
Während Scott lediglich Tanzen, Rhythmik und eine neue Partnerin im Kopf hat, kommt Fran ihrem Schwarm endlich näher. Scott erkennt nach und nach, dass Fran nicht nur eine gute Tänzerin, sondern sehr viel mehr ist.
Da ist aber auch sein Vater, der unscheinbare Doug mit dem dicken Bauch, der viel mehr kann, der aber einst beim Pan Pacific Tanzturnier ausgebootet wurde …
„Ihr habt so viel Angst, dass Ihr nicht einmal wisst, was Ihr denken sollt!“, schleudert ein ernüchterter Scott seiner Familie, seinen Freunden entgegen. Und die glotzen doof.
Am Anfang des Films steht der rote Vorhang. Der gehört zwingend an den Anfang des großen Theaters und ans Ende. Und, richtig: Am Ende schließt sich der Vorhang. Das ist eine kleine Reminiszenz an die Herkunft dieses Films, der ursprünglich ein Theaterstück war – auch entworfen von Buz Luhrmann. Zwischen diesen Vorhängen entfaltet Luhrmann den Tanz als Parabel auf das Leben als solches und die Liebe im Besonderen. Tanz als Ausdruck der Lebensfreude zeigt er uns – zunächst – nicht.
„Man kann seinen Tanzschritten nicht folgen“, schimpft der oberste Preisrichter über Scotts libertären Tanzstil, „und Schritte, denen man nicht folgen kann, kann man nicht lehren!“ – an den Tanzschulen der australischen Provinz, muss man vielleicht hinzufügen. Diese Tanzprovinz ist bevölkert mit falschen Fuffzigern in himmelblauen Anzügen, Blondhaartoupet und festgetuckertem Grinsen im Gesicht. Eine Welt des Scheins, in der hinter der zentimeterdicken Schminke gelogen, intrigiert, gesoffen und gehurt wird. Gruselig.
Dagegen Scott – der einfach nur tanzen will; der Tanz als Ausdruck versteht. Er hat nur noch nicht verstanden, als Ausdruck von was? Das lernt er mit Fran, dem Mauerblümchen mit spanischen Wurzeln, deren Vater Scott den Paso Doble nahe bringt. Einen Tanz, der den Stierkampf interpretiert, den man mit erhobenem Haupt und nach hinten gezogenen Schulterblättern führt. In dem der Herr den Torero tanzt, die Dame das rote Tuch oder eine Flamencotänzerin darstellt. So etwas tanzt man nicht mit seit Jahrhunderten einstudierten Schritten, auf die Scotts Leute so viel Wert legen – so etwas tanzt man mit Gefühl, jedesmal neu. Das wird Scott in den 94 Filmminuten lernen.
Die Besetzung ist adäquat – comicbunt herausgeputzte, grell überschminkte Figuren, hinter deren Puder sich Lebensdramen verbergen. Paul Mercurio, der den Scott spielt, ist kein ausgefuchster Schauspieler. Er liefert hier sein Leinwanddebut – eigentlich ist er, was er im Film darstellt: ein professioneller Turniertänzer. Luhrmann inszeniert ihn geschickt mit viel Tanz und glutäugigen Großaufnahmen – wenn echte Gefühle ins Spiel kommen, kann sich Mercurio auf seinen Rhythmus verliebten Regisseur und sein Können im Ausdruckstanz verlassen. Eine große Nummer ist Tara Morice, die Scotts Love Interest Fran spielt.
Fran lernen wir kennen als plump stolperndes Mädchen für alles, als Mauerblümchen mit übergroßer Brille und Pickeln. Von ihrer ersten Szene an inszeniert Luhrmann sie als Raupe, die zum Schmetterling mutiert – sie wird buchstäblich von Szene zu Szene schöner. Erst unterstreicht weiches Licht ihr ohnehin ausdrucksstarkes Gesicht, dann verschwinden die (ohnehin nur aufgeschminkten) Pickel, schließlich lehrt sie ihn die wahre Seele des Tanzes. Diese Fran ist der klassische Schwan – mit wunderbarer spanischer Einwandererfamilie.
Buz Luhrmann hat mit „Strictly Ballroom“ einen durchchoreographierten Film-Paso-Doble inszeniert – bunt, rhythmisch gleitend – das Leben als Tanz, Tanz als Film. Seine Kamera schwebt um die Protagonisten herum, die sich streiten, angiften, näherkommen und zwischendurch ihre Auseinandersetzungen und Probleme in Tanzschritte übersetzen, ohne dass der Film so eine Art Gene-Kelly-Musical würde. Wenn die Protagonisten tanzen, dann immer auf der Tanzfläche – nicht etwa auf der Straße in strömendem Regen. Bei Luhrmann fließen Tanz und Leben ineinander. Ein absolutes Gute-Laune-Movie mit Tiefgang. Movie als Bewegung, Bewegung als Tanz, Tanz ist Rhythmus, Rhythmus ist Gefühl, Gefühl ist Leben.