Manchmal ist seine 11-jährige Tochter Cleo zu Gast, mit der er dann gemeinsam abhängt und dann unvermutet auch etwas länger, als seine Ex-Frau sich von jetzt auf gleich auf „unbestimmte Zeit” vom Acker macht. Als Johnny seine Tochter im Feriencamp abgeliefert und die Zimmernachbarin gevögelt hat, wird auch ihm bewusst, wie leer sein Leben ist …
Und das alles ist nicht langweilig. Nach dem üblicherweise hippligen Vorprogramm mit Werbung und Trailer nimmt Sofia Coppola erst einmal radikal das Tempo aus dem Zuschauerauge. Mehrere Minuten fährt ein schwarzer Ferrari im Kreis, fährt links ins Bild und rechts wieder raus, rechts wieder rein und links wieder raus, links wieder rein, rechts wieder raus und die Kamera steht stur auf dem Stativ.
Kühl durchstrukturiert - Betont unspektakulär
Der Film ist kühl durchstrukturiert, der Bildaufbau betont unspektakulär. Back to roots ist das Motto der Stunde. Da ist es besonders schade - weil bei lange stehenden Bildern so besonders auffällig - dass sich Coppola Unsauberkeiten bei Continuity und Frame leistet: Johnnys Gipsarm, auf dem sich nur sehr spärlich die auf Gips sonst üblichen Unterschriften sammeln, ist ein Zauberkasten. Da verschwinden auf einer Party Unterschriften, die in der Szene drauf wieder da sind. Zu oft und zu tief, als dass man noch von einem mangelhaften Projektor-Cache sprechen könnte, hängt das Mikrofon ins Bild
Frau Coppola muss arg angenervt sein vom alltäglichen Kino-Chichi in Californien, dem hektischen so-tun-als-ob, von den Posern, die Dinge als wertvoll verkaufen, die nicht einmal Dinge sind. Es gibt in diesem wortkargen Stummfilm zwei Schlüsselszenen, die ihr ganzes Drama im allgemeinen und das der Filmwirtschaft im Besonderen deutlich macht. Zweimal nimmt der einsame Schauspieler Pressetermine wahr.
Wacher Blick auf eine desinteressierte Gesellschaft
Der Film, in dem er spielt, wird von einem nichtssagenden Plakat beworben, seine Filmpartnerin ist beim locker-professionell abgespulten Fototermin deutlich gelangweilt, die Journalisten haben entsprechend auch keine Fragen zum Film, sondern zum Workout des Stars, in Italien fragt eine Journalistin vor der Live-Kamera, ob der gerade gelandete Hollywood-Star italienisch spreche und wie ihm die Stadt gefalle. Später auf der Bühne einer bizarren italienischen TV-Preisverleihung drückt man ihm ein Mikro in die Hand und kaum hat er „Buona Siera” gerufen, kommen halbnackte Tänzerinnen auf die Bühne. Fragen zum Film? Statements über die Schauspielerei? Will keiner wissen.
Eine geschlossene Gesellschaft aus spitz rechnenden Filmemachern, attraktiven Gesichtsverleihern, die als Stars verkauft werden, Fotografen, die nur auf den Auslöser drücken, wenn Stars ihr strahlendes Lächeln aufsetzen und Journalisten, die wissen, dass sich Glamour besser verkauft, als Filmkunst, der Waschbrettbauch allemal besser, als des Künstlers Ansicht zur italienschen/deutschen/independent Filmszene. Soweit haben das andere Filme schon anders und durchaus auch schon lebhafter gezeigt. Coppola geht deshalb den entscheidenden einen Schritt weiter - und zeigt die Auswirkungen dieser Leerlauf-Rotation: den Sinnverlust, die endgültige Entsozialisierung des Individuums.
Der Waschbrettbauch im Hotel California
Der Star ist reich und berühmt. Engagement braucht er bei der Jobsuche nicht mehr. Auch nicht mehr im Beruf. Er hat einen Waschbrettbauch und kann die Braue über den attraktiven Augen lupfen, das reicht heute im Business, Warum sich also anstrengen? Wofür? Die Frau hat ihn verlassen, na und? Er ist bekannt genug, dass dauernd junge Frauen vor ihm blank ziehen und auch nicht böse sind, wenn er dann an ihre Möse schnüffelnd einschläft. Und das Hotelpersonal ist stets servil für ihn da. Überall bekommt er jederzeit gesagt, wie großartig er ist. Rätselhafte SMS'se, die ihm sagen, was er für ein Arsch sei, klickt er Schulter zuckend weg. Wozu die Aufregung?
Und Stephen Dorff, der den Hollywood-Beau spielt? Er ist brillant, jederzeit glaubwürdig, wenn sich nicht dauernd die Frage aufdrägte, ob er, dessen Karriere vor dem Durchbruch schon abknickte, eigentlich spielt, oder wirklich so kaputt ist. Einen großen Auftritt liefert die 12-jährige Elle Fanning als Tochter Cleo. Es ist unheimlich, wie präsent das Mädchen ist, ohne dass es dazu viel leisten müsste. Andererseits ist Fanning seit ihrem zweiten Lebensjahr im Filmgeschäft unterwegs. Gerade erst war sie in David Finchers Der seltsame Fall des Benjamin Button (USA 2008) zu sehen, hat davor mit Tony Scott („Déja vu - Wettlauf gegen die Zeit” - USA 2006) und neben Kim Basinger und Jeff Bridges (Tür der Versuchung - USA 2004) gearbeitet und verschiedene TV-Serien („Dr. House”, „Taken”, „CSI: Miami” mit ihrer Präsenz aufgewertet.
An manchen Stellen wirkt „somewhere” wie ein Horrorfilm - Hotel California: You can check out any time you like. But you can never leave.
Der Film ist die Konzentration auf das Wesentliche des Kinos: Bild, Ton, Spiel. In gewisser Weise ist er damit der „Avatar” des Jahres 2010.
Die Dreharbeiten fanden im Juni und Juli 2009 in Los Angeles und Italien statt.
Offenbar flossen Coppolas eigene Erfahrungen als Tochter des Filmemachers Francis Ford Coppola in die Darstellung im Film mit ein. Auch Federico Fellinis „Toby Damnit“ und Peter Bogdanovichs „Paper Moon“ sollen den Film beeinflusst haben.
Sofia Coppola wollte nach eigenen Angaben den Kontrast zwischen der Welt des Showbusiness Johnny Marcos und dem der Tochter aufzeigen. „Das Mädchen steht für das Wahre in einer Welt in der nichts echt ist.“ Coppola hätten Figuren interessiert, die sich in einer Übergangsphase befinden. „Dieser Moment, wo sie mehr in sich gehen und sich von der Außenwelt abschotten müssen, diese Phase interessiert mich.“ Wie in ihrem Oscar-preisgekrönten Film Lost in Translation spielt die Geschichte von „somewhere“ in einem Hotel. Coppola, die als Tochter von Filmregisseur Francis Ford Coppola selbst viel Zeit in Hotels verbrachte, empfindet diese als „Welt für sich“ und „Orte des Übergangs“, die angemessen für ihre Figuren seien, da diese sich ebenfalls im Übergang befänden.
Der Film wurde bei seiner Premiere auf den Internationalen Filmfestspielen von Venedig überwiegend positiv von deutschsprachigen Kritikern aufgenommen. Thematisch würde Coppola an ihren Erfolgsfilm Lost in Translation anknüpfen.