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Plakatmotiv: Der bewegte Mann (1994)

Die große Verfilmung
eines großen Comics

Titel Der bewegte Mann
Drehbuch Sönke Wortmann
nach dem gleichnamigen Comic von Ralf König
Regie Sönke Wortmann, Deutschland 1994
Darsteller

Til Schweiger, Joachim Król, Katja Riemann, Rufus Beck, Armin Rohde, Nico van der Knaap, Antonia Lang, Martina Gedeck, Judith Reinartz, Kai Wiesinger, Horst D. Scheel, Christof Wackernagel, Martin Armknecht, Heinrich Schafmeister, Helmut Buchel u.a.

Genre Komödie
Filmlänge 93 Minuten
Deutschlandstart
6. Oktober 1994
Inhalt

Als Doro ihren Freund Axel erneut in flagranti mit einer anderen Frau erwischt, schmeißt sie ihn aus der gemeinsamen Wohnung. Doch als er weg ist, merkt sie, dass sie von Axel schwanger ist, und möchte ihn heiraten.

Axel lernt auf der Suche nach einer kurzfristigen Bleibe in einer Männergruppe den schwulen Walter kennen, der den Wohnungssuchenden zu einer Party einlädt. Dort lernt er dessen ebenfalls schwulen Bekannten Norbert kennen und zieht bei ihm ein. Die beiden Schwulen sind von Axel angetan. Axel ist jedoch heterosexuell und liebt nach wie vor Doro.

Als Doro die Suche nach Axel fast aufgeben will, findet sie ihn und den nackten Norbert, der fälschlicherweise gedacht hatte, auf Gegenliebe zu stoßen, bei sich zu Hause im Bett

Was zu sagen wäre

"Der bewegte Mann" ist ursprünglich eine Comicgeschichte aus der Feder des schwulen Autors Ralf König. Es ist wunderbar nah dran am Leben in der Kölner Szene, aber für ahnungslose Heterosexuelle eher ein Ausflug in eine Fantasiewelt mit lustigen Vögeln. Die Hauptfiguren sind halt lustig gezeichnete Comicfiguren.

Sönke Wortmann schafft es, aus diesen Comicfiguren reale Menschen zu machen. Da ist der durchschnittlich heterosexuelle Axel, dem Til Schweiger seine nuschelnde, aber gut gebaute Figur leiht. Und da ist Norbert, der heimliche main character. Joachim Król spielt ihn mit soviel Empathie und der Trauer des immer wieder Verlassenen im Blick, dass darüber die eigentliche Geschichte, die Wiedervereinigung von Axel und Doro in den Hintergrund gerät. Norbert, der schwule Mann, bringt Axel, dem heterosexuellen Kerl bei, wie Frauen fühlen und wie Männer sich deshalb verhalten sollen. Wortmanns Film ist also ein astreines Buddy-Movie, nur, dass die Buddies hier statt mit Knarren mit Gefühlen kämpfen. Joachim Król ("Wir können auch anders" – 1993; "Happy Birthday, Türke!" – 1992) gelingt ein feinfühliger Spagat zwischen den Komponenten Sehnsüchtig Verliebter, Guter Freund und Opfer: „Ich werd' porös.“ … eine große Vorstellung.

Wenn die Welt der Homos und Heteros sich begegnet, geht das im Medium Film nie ohne Klischees aus. Die Homosexuellen trifft das in diesem Film härter. Sie kleiden sich in Varieté-Fummel, sind ununterbrochen geil auf irgendwelche Typen und legen Wert auf Schönheit in Design und Einrichtung. Die Heterosexuellen aber sind kaum besser, dem zumeist heterosexuellen Zuschauer – laut wissenschaftlichen Befragungen bezeichnen sich etwa drei Prozent der Deutschen, Dunkelziffer unbekannt, für homosexuell – nur besser bekannt. Also sind sie hibbelige Frauen, bei denen sich alles um Ehe und Kinder dreht, beziehungsweise um Männer, die andere Frauen begatten wollen. Auch kein schönes Klischee, aber aus Erfahrung des Autors eines, das nah an der Realität entlang schrammt. Wobei man sagen muss: Die beruflichen Karrieren der Figuren im "Bewegten Mann" spielen eine Neben-Nebenrolle. Womit sich Norbert seine fantastische Wohnung irgendwo in der zentralen Kölner Friesenplatz-Ecke leisten kann, bleibt unerwähnt, Axel ist Kellner und träumt vom Durchbruch als Fotograf und seine Freundin Doro ist nur Kellnerin – offenbar ohne berufliche Ambitionen. Diese Ausgangssituation liefert die Comicvorlage.

Im Film, wenn da echte Menschen durch ihr Gefühlschaos stolpern, wirkt diese Karrierelosigkeit etwas befremdlich, wird aber durch den Charme der handelnden Figuren schließlich überspielt. Til Schweiger ("Manta, Manta" – 1991) ist ein Hingucker, der die Grundelemente des menschlichen Bemitleidenswerdens – gesenkter Kopf, Dackelblick, schmollige Stimmlage – beherrscht, aber nicht wirklich als Schauspieler auffällt; hauptsächlich soll dieser Axel ja auch als optischer Selbstauslöser funktionieren. Sein Spiel reicht für die Axel-Rolle: der ist ein Blender, der von seinem (schwulen) Buddy lernt, was Treue bedeutet. Denn der, Norbert, alles andere als ein Aufreißer, ist ein aufmerksamer Beobachter, ein geschmackssicherer Koch und ein zuverlässiger Freund und also einer, der weiß, worauf es im Zwischenmenschlichen ankommt. Seine beste Freundin ist Waltraud, eigentlich Walter, dem Rufus Beck eine sowohl tuntige Figur als auch eine gefühlvolle Tiefe gibt. Rufus Beck ist ein weiterer Hingucker in diesem Film.

Sönke Wortmann ist es gelungen, aus Ralf Königs schrillem Comic eine wunderbar komische Liebeskomödie zu machen, die legendäre Zitate aus der Comicvorlage – Doros Reaktion darauf, dass sie schwanger ist: " … hurra …", „Ich werd' porös.“, „Ich unterhalte mich gerne mit heterosexuell veranlagten Menschen.“ – in real menschliche Dramen verwandelt und ob der Spielfreude der Akteure einfach Spaß macht.

Wertung: 9 von 10 D-Mark
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