Ein Kellerraum. Kacheln, ehemals weiß, jetzt grau und braun verschmiert. Modergeruch in der Luft. In zwei Ecken zwei Menschen, angekettet. In der Mitte eine Leiche mit zerschossenem Schädel. Und einem Diktiergerät sowie einem Revolver in den Händen.
Adam ist Fotograf und hat ebensowenig Ahnung davon, wie sein Fuß in die Kette und die Kette an das Heizungsrohr kommt wie sein Gegenüber in diesem Verlies, Dr. Lawrance Gordon.
Ihre Ahnungslosigkeit weicht bald kleinen Gewissheiten. Der Entführer gibt ihnen häppchenweise Hinweise. Der wichtigste geht an den Doktor: „Bringen Sie Ihr Gegenüber, Adam, um. Sonst sterben Ihre Frau und Ihre Tochter. Sie haben bis 18.00 Uhr Zeit. Die Uhr läuft.” Und die Leiche in der Mitte hält einen Revolver in der Hand – außer Reichweite der Angeketteten.
Beide Angeketteten bekommen eine Säge. Zu schwach, die Ketten durchzusägen. Aber sicher stark genug, durch Fleisch und Knochen zu sägen.
Die Uhr läuft.
Draußen, aber das wissen Adam und der Doktor nicht, ist Ex-Policedetective David Tapp dem Entführer auf den Fersen. Tapp hat ein eigenes Huhn mit dem Mann zu rupfen, der schon mehrere Tote auf dem Gewissen hat. Tote, die er in furchtbare Selbstmorde getrieben hat.
Die Uhr läuft.
Um 18.00 Uhr klingelt ein Handy. Am anderen Ende der Leitung flehen Tochter und Ehefrau um ihr Leben. Der Doktor greift zur Säge …
Ab „Der Doktor greift zur Säge” wird nahezu ununterbrochen geschrieen, noch in den Abspann hinein – Schmerz, Panik, Verzweifelung, Todesangst.
Oder Todessehnsucht?
Einige Figuren in diesem Thriller überkommt während ihres Martyriums sicher die Sehnsucht nach einem Ende. "Saw" ist furchtbar brutal. "Saw" ist nichts für sanfte Mägen. "Saw" ist aber kein legitimer Nachfolger von Sieben – wie das Filmplakat verspricht. Dafür sind die Versatzstücke die dramaturgischen Kniffe zu deutlich geklaut.
Aber die Konstruktion ist smart. Zwei Personen. Ein Keller. Zwei Sägen. Ein Revolver. Die Geschichte drumrum, die Ermittlungen des armen Detectives Tapp, lässt den Film zwischendrin abgleiten. Da fallen dann Fragwürdigkeiten auf, die dem Schicksal der Drehbuchentwürfe auf die Beine helfen sollen, aber eben auch genau so aussehen.
Aber das sind Marginalien. Der Film fesselt und am Ende … der Schrei verfolgt mich bis nach Hause.
Der Film steht am Anfag einer neuen Art Horrorkino – "Gore" genannt. Sehr brutal, entsetzliche Geschichten aus der realen Welt – keine Geistergeschichten – in der Menschen zu Monstern werden, ohne dass sie Pillen nehmen müssten. Die "Hostel"-Filme gehören dazu, die Neuverfilmung des "Texas Chainsaw Massacre" und "Cabin in the Woods". Alles Filme, um die ich gerne einen Bogen mache. Meine Welt ist das da auf diesen Leinwänden nicht.