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Plakatmotiv: Der Mann, der vom Himmel fiel (1976)

Ein Film, der auf Nebensächlichkeiten
wie Begründungen keinen Wert legt

Titel Der Mann, der vom Himmel fiel
(The Man Who Fell to Earth)
Drehbuch Paul Mayersberg
nach dem gleichnamigen Roman von Walter Tevis
Regie Nicolas Roeg, UK 1976
Darsteller

David Bowie, Rip Torn, Candy Clark, Buck Henry, Bernie Casey, Jackson D. Kane, Rick Riccardo, Tony Mascia, Linda Hutton, Hilary Holland, Adrienne Larussa, Lilybelle Crawford, Richard Breeding, Albert Nelson, Peter Prouse u.a.

Genre Drama, Science Fiction
Filmlänge 139 Minuten
Deutschlandstart
19. August 1976
Inhalt

Thomas Jerome Newton ist ein Außerirdischer, der auf die Erde kommt, um Wasser für seinen sterbenden Planeten zu finden. Er gründet die Firma World Enterprises, die zu einem milliardenschweren High-Tech-Unternehmen wird. So hofft er, das Geld für den Bau eines Raumschiffes aufbringen zu können, mit dem er in seine Heimat zurückkehren will.

Er studiert das menschliche Verhalten und macht es sich zu eigen, sodass er schnell zu großer Macht und großem Reichtum kommt. Er begegnet der Kleinstadtbewohnerin Mary-Lou, die sich in ihn verliebt, und Thomas gibt sich ihrer Liebe hin.

Doch der hyperintelligente Außerirdische hat nicht mit der Gier und der Rücksichtslosigkeit des Geschäftslebens gerechnet …

Was zu sagen wäre

Ein Außerirdischer trifft auf die menschliche Rasse und geht an ihr zugrunde. Das ist ungefähr die Geschichte. Aber so einfach macht es uns Nicolas Roeg nicht. Er ist ein Mann des verschachtelten Erzählers (Wenn die Gondeln Trauer tragen – 1973). Die Handlung streckt sich über mehrere Jahrzehnte. Roeg überlässt es seinem Zuschauer zu erkennen, dass zwischen Jetzt und gerade eben ein paar Jahre ins Land gegangen sind. Plakatmotiv: Der Mann, der vom Himmel fiel (1976) So stapft zu Beginn, nachdem irgendwas aus dem Weltraum in einen See geplumpst ist – Roeg hat hier Aufnahmen aus alten Apollo-Missionen verwendet, die sich dem Zuschauer im Zusammenhang des Films schwer erschließen –  ein Mann einen Schuttberg hinab, verkauft einen Ring für 20 Dollar. Dann sehen wir, dass er noch ganz viele solche Ringe besitzt und dann sitzt er schon Oliver Farnsworth gegenüber, einem Patentanwalt, dem er mehrere tausend Dollar in die Hand drückt. Wie genau er dieses Geld erwirtschaftet hat, bleibt unklar.

Vielleicht hat der Mann im amerikanischen Kapitalismus schnell gelernt, den zweiten Ring schon für 40, den dritten dann für 160 Dollar zu verkaufen. Vielleicht hat er eine Bank überfallen. Vielleicht im Lotto gewonnen. Vielleicht soll der Zuschauer aber nicht alles hinterfragen, sondern einfach gucken? So wie Thomas Jerome Newton guckt und mit Fotografie dann ein weltumspannendes High-Tech-Imperium gründet. Das kann er, weil er bei dem Patentanwalt neun Patente hinterlegt, die irgendwie wichtig sind für Fotokonzerne wie Kodak und Polaroid. Zwischenzeitlich springt der Film immer wieder zu einem Collegeprofessor, der seine Studentinnen bumst. In Wenn die Gondeln Trauer tragen gab es eine für damalige Verhältnisse furios geschnittene Sexszene mit Julie Christie und Donald Sutherland; der Sex wirkte romantisch, gewöhnlich, leidenschaftlich, geschäftig – ungewöhnlich. Nach "Der Mann, der vom Himmel fiel" hat man den Eindruck, dass Nicolas Roeg einfach gerne nackte Menschen beim Petting filmt. Sein Film ist voll von solchen Szenen.

Der Professor, der seine Studentinnen bumst, steckte augenscheinlich in der Midlife Crises. Denn kaum hat Thomas Jerome Newton ihn in sein Unternehmen geholt, hört das Bumsen auf und sieht der Mann wieder einen Sinn in seinem Leben. Thomas, der Mann von außerhalb, bumst derweil Mary-Lou und lässt vom promiskuitiven Professor in der Wüste ein Raumschiff konstruieren. Er selbst sitzt meist vor eine Batterie mehrerer Fernsehapparate und schaut Spielfilme, Dokumentationen, Nachrichten, Werbespots und Kinderprogramm gleichzeitig. Später sagt er, er habe auf seinem Heimatplaneten aus dem Fernsehen erfahren, dass die Erde als Planet des Wassers bekannt sei. Es bleibt unklar, warum er vor diesen Fernsehern sitzt, die er in einer Szene auch anbrüllt, ihre Bilder und Stimmen sollten aus seinem Kopf verschwinden.

Und plötzlich betritt ein Mister Peters den Film, der irgendwie in Konkurrenz zu Newtons Unternehmen steht, bei ihm einsteigen will, abgewiesen wird und dann Killer auf den Präsidenten Farnsworth, den ehemaligen Patentanwalt, ansetzt und gleichzeitig alle engen Mitarbeiter Newtons – den Chauffeur, den Professor – kauft. Im amerikanischen Geschäftsleben, will der britische Regisseur Roeg damit sagen, zählt Loyalität weniger als Geld. Auch Frauen sollte man nicht sitzen lassen, auch nicht, wenn man ihnen Millionen hinterlässt. Newtons Freundin, die etwas tumbe Mary-Lou, hat irgendwem offenbar verraten, dass ihr Freund nicht von der Erde kommt, denn mit einem mal findet sich der Mann, der vom Himmel fiel, in einem sonderbaren Klinikum wieder, wo man ihn eingehend untersucht, aber nicht recht vorankommt. Genau erklärt werden all diese Dinge nicht. Blu-ray-Cover: Der Mann, der vom Himmel fiel (1976) Auch hier muss der Zuschauer sich die Zusammenhänge selbst erraten. Der Film wirkt in diesen Momenten, als habe Roeg einige Szenen aus dem Drehbuch vergessen zu verfilmen.

In der Pressemappe wird der Außerirdische als Mann beschrieben, der über „verfeinerten Intelligenz, die ihm empathische und telepathische Einblicke ermöglicht“ verfügt. Im Film gibt es diese Erklärung, die helfen würde, zu verstehen, wieso die Multimilliarden schwere Karriere des Außerirdischen auf der Erde funktioniert, nicht. Einmal erklärt Newton, er könne nicht hassen. Überhaupt scheinen Gefühle nicht seine Sache zu sein. Mary-Lou war eine Art Page in einem Hotel, in dem Newton mal abstieg. Dann wurde er in ihrem Fahrstuhl ohnmächtig und seitdem weicht sie ihm nicht von der Seite und akzeptiert er sie um sich. Auch diese Beziehung wird nicht weiter vertieft, sie ist einfach da, mutmaßlich, um Sexszenen zu drehen.

Auguren des Hintergründigen haben recherchiert, dass die Wüstenszenen nahe Roswell, New Mexico, gedreht wurden, was als Hinweis auf den Roswell-Zwischenfall gesehen werden kann, von dem im Juli 1947 in US-amerikanischen Medien als „UFO-Absturz“ berichtet wurde. Die Natur der Basispatente des Außerirdischen spiele darauf über Umwege an: 1947 wurde von Polaroid die "Landcam" in den Handel gebracht und folgerichtig sind die ersten Patente Newtons eine besondere Sofortbildkamera sowie Spezialbrillen mit Polarisationslinsen. Der Name des Patentanwalts Oliver Farnsworth erscheint als Anspielung auf Philo Farnsworth, einen der Entwickler des Fernsehens in den Vereinigten Staaten, zu dem Newton eine besondere Hassliebe entwickelt. Man kann den Faden weiterspinnen: Der Vorname des Außerirdischen, Thomas, weist auf den Erfinder Thomas Alva Edison hin, sein Nachname Newton auf Sir Isaac, den Physiker mit dem Apfel unterm Baum. Story und Sinn des Films bringen uns all diese Ablenkungen allerdings nicht näher.

Wenn der Vorhang sich nach zwei Stunden, 19 Minuten schließt, steht da ein Film über ein bedauernswertes Individuum, dass sich in den Fallstricken der menschlichen Gier verheddert hat; über ein Individuum, dass in der menschlichen Gesellschaft nur funktioniert, wenn es sich dem Diktat der Konzerne und des Konsums beugt. Unterhaltsam, spannend gar macht das den Film nicht, zumal der die Frage offen lässt, wieso solch allmächtigen Konzerne, die einen Außerirdischen in ihren Fängen haben, den so einfach laufen lassen, ohne sein Außerirdisches gewinnbringend zu vermarkten. Die bösen Konzernlenker in Nicolas Roegs Universum scheinen dumm zu sein.

Wertung: 3 von 9 D-Mark
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