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Plakatmotiv: ABBA – Der Film (1977)

Kein Bandportrait, aber ein bunter
Konzertmix mit Rahmenhandlung

Titel ABBA – Der Film
(ABBA: The Movie)
Drehbuch Lasse Hallström & Robert Caswell
Regie Lasse Hallström, Schweden, Australien 1977
Darsteller

Anni-Frid Lyngstad, Benny Andersson, Björn Ulvaeus, Agnetha Fältskog, Robert Hughes, Tom Oliver, Bruce Barry, Stig Anderson, Calvin Cross, Ivar Dahlbom, Harry Lawrence, Michael Mansson, Sandy Mansson, Ray Marshall, Frances Matthews u.a.

Genre Musik, Komödie
Filmlänge 95 Minuten
Deutschlandstart
16. Februar 1978
Inhalt

Reporter Ashley versucht ein Interview mit den ABBA-Stars zu bekommen. Dieser Auftrag seines hartnäckigen und fordernden Redaktionschefs führt ihn zu einer turbulenten Verfolgungsjagd durch halb Australien, ohne dass die ABBA-Stars Ashley zunächst bemerken. Immer kurz vor einem möglichen Interview, passieren Ashley kuriose und unglückliche Zwischenfälle, so dass er sein Interview immer wieder verschieben und seinen Chef vertrösten muss.

So werden im Film die Stationen der Gruppe während ihrer Australien-Tournee mit der Jagd des Reporters Ashley verbunden, bis Ashley schließlich die Gruppe völlig unverhofft und unspektakulär im Hotelaufzug trifft und diese ihm endlich ein ausführliches Exklusiv-Interview gibt …

                               Plakatmotiv: ABBA – Der Film (1977)

Was zu sagen wäre

Der fairere Titel für den Film wäre ABBA – Life in Concert gewesen. Denn die meiste Zeit stehen die vier mit ihren Background-Musikern auf australischen Bühnen und singen ihre Hits (s.u.). Das war wohl auch ursprünglich mal der Plan: Ein Film über die australischen Konzerte der Band im Februar 1977. Der schwedische Regisseur Lasse Hallström kam dann auf die Idee, die Konzerte mit einer Rahmenhandlung zu verbinden. In der versucht ein mittelmäßiger Radioreporter, ein Interview mit der Gruppe zu bekommen.

Einmal sitzt er im Flugzeug zwischen zwei Auftritten der Band. Da erfahren wir ein paar biografische Daten der vier Schweden – also diejenigen unter den Zuschauern, die diese Biografien noch nicht kennen. Tatsächlich gibt die Rahmenhandlung lediglich die Möglichkeit, ein wenig Atmosphäre der australischen ABBA-Mania einzufangen, die sich in T-Shirts, Kappen, bunten Magazinen und knackigen Schlagzeilen ausdrückt. Plakatmotiv: ABBA – Der Film (1977) Im Kinosessel lernen wir: Am wichtigsten scheint den australischen Musikjournalisten der Hintern von Agnetha Fältskog zu sein, nach dem diese in Pressekonferenzen gefragt wird – „Das fragen Sie ausgerechnet mich? Ich bin wahrscheinlich die einzige, die ihn noch nie gesehen hat!“ – und der in Zeitungsschlagzeilen als „Höhepunkt einer langweiligen Show“ bezeichnet wird. Und wir erfahren, was ABBA für die Fans so einzigartig macht: Immer wieder schwärmen sie ins Mikrofon des mittelmäßigen Reporters, dass die Bandmitglieder „so sauber, nicht so laut, wie die anderen Rockstars“ seien.

Anders als Richard Lesters Beatles-Filme in den 60ern, in denen die Pilzköpfe individuelle Portraits ihrer selbst in herbei fantasierten Komödien spielten und uns so einen – wenigstens imaginären – Zugang schafften, kommen uns die vier ABBAs in diesem Film nicht näher.

Es gibt ein paar Backstage-Szenen, in denen sich Anni-Frid und Agnetha einsingen, es gibt eine Hotelzimmerszene, die ein wenig nach authentischem Realismus mit den Vieren anmutet, die aber in einem Hotelzimmer in Schweden nachgedreht worden ist. Wir bekommen einen vagen Eindruck vermittelt, was es heißt, als Top-Superstar in ein Land zu kommen, und dort, begleitet von Kameras, immer alles richtig machen zu müssen – es gibt zwei Szenen, in denen Anni-Frid bzw., Björn unsicher sind, ob sie noch Autogramme geben können, oder gleich in die Limousine müssen – aber das war's auch. Wenigstens vermittelt der Film ein Grundgefühl, wonach die vier augenscheinlich einigermaßen unkomplizierte, fröhliche Menschen sind. Aber auch das verifiziert der Film nicht. Als der erschreckend umkoordinierte Reporter – er verschläft allen Ernstes das wichtigste Interview seiner bisherigen Karriere? – durch Zufall doch noch sein Interview bekommt, bleibt die 35mm-Kamera draußen und spielt die Tonspur "Thank You for the Music". Was ABBA im Fahrstuhl zwischen dem Erdgeschoss und dem 27. Stock erzählen und ob daraus das gewünschte tief gehende, atemberaubende Exklusivgespräch wurde, lässt der Film offen.

Wenn der Vorhang sich schließt, habe ich viel ABBA in Concert mit vielen Nahaufnahmen gesehen – was, abgesehen von Sendungen wie Ilja Richters "Disco", eine Seltenheit darstellt – und den Eindruck einer Superstar-Band vermittelt bekommen, der man mal einfach so in einem Fahrstuhl ein Interview abluchsen kann.

<Nachtrag2009>Das ist ein Film aus der Prä-MTV/VIVA-Zeit. Musikvideos waren noch die Ausnahme, begrenzt auf Sendungen wie "Disco" oder "Hitparade" im ZDF oder "Top of the Pops" bei der BBC. Insofern waren die mit 35mm-Filmmaterial gefilmten Konzertmitschnitte in Australien damals eine Besonderheit. An diesem 1977 gedrehten, aus heutiger Sicht recht einfältigen Band-Portrait wird einem klar, mit welcher im Vergleich zu heute Lockerheit die damaligen Superstars durch Australien cruisten: intim wirkende Pressekonferenzen, Menschen, die die Stars auf der Straße ansprechen können, überhaupt: Weltstars, die im Grunde jederzeit ansprechbar sind. Sowas ist heute, im Zeitalter, präzise duschkalkulierter Pressjunkets mit 10-Minuten-Slots nicht mehr möglich.</Nachtrag2009>

Wertung: 4 von 9 D-Mark
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