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Plakatmotiv: Near Dark – Die Nacht hat ihren Preis (1987)

Ein wilder Genre-Coctail
mit mal anderen Vampiren

Titel Near Dark – Die Nacht hat ihren Preis
(Near Dark)
Drehbuch Eric Red & Kathryn Bigelow
Regie Kathryn Bigelow, USA 1987
Darsteller

Adrian Pasdar, Jenny Wright, Lance Henriksen, Bill Paxton, Jenette Goldstein, Tim Thomerson, Joshua John Miller, Marcie Leeds, Kenny Call, Ed Corbett, Troy Evans, Bill Cross, Roger Aaron Brown, Thomas Wagner, Robert Winley, James Le Gros, Jan King, Danny Kopel u.a.

Genre Horror
Filmlänge 94 Minuten
Deutschlandstart
2. Juni 1988
Inhalt

Der Farmersohn Caleb lebt mit seiner kleinen Schwester Sarah und seinem Vater Loy auf einer abgelegenen Ranch in Oklahoma. Eines Nachts begegnet er der hübschen Mae und verfällt dem unschuldig aussehendem Mädchen vom ersten Moment an. Doch es dauert nicht lange, bis die junge Dame ihre wahre Natur offenbart: Ein erster Kuss, ein tiefer Biss in den Hals und schon findet sich der verdutzte Caleb inmitten von blutsaugenden Untoten wieder.

Immer auf der Suche nach neuen Opfern und auf der Flucht vor dem Sonnenlicht, zieht die Familie in einem lichtundurchlässigen Campingwagen durch das ganze Land. Mit seiner neuen Existenz als Blutsauger ist Caleb jedoch mehr als unglücklich, das nächtliche Morden für den unverzichtbaren Lebenssaft fällt ihm im Gegensatz zum Rest der Truppe äußerst schwer und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis er mit dem charismatischen Anführer der Truppe, Jesse Hooker, aneinander gerät …

Was zu sagen wäre

Der wehende Umhang und der Smoking haben in der Garderobe von Vampirfilmen vorerst nichts mehr zu suchen. Neben dem Teenager-trifft-Vampirgang-Thriller The Lost Boys, der vergangenen Januar bei uns in die Kinos kam, kommt jetzt der zur selben Zeit entstandene Teenager-trifft-Vampirgang-Thriller "Near Dark", den die junge Regisseurin Kathryn Bigelow inszeniert. Ihre Vampire treten auf wie eine runtergekommene Familie aus dem Trailerpark, die sich in einer feindlichen Umwelt behaupten müssen; wird es Tag und sie haben keinen Unterschlupf, verbrennen sie. Freunde haben sie keine, weil sie die Menschen, die sie treffen, gemeinhin leer trinken. Ihr Zuhause, wenn man das denn so nennen will, sind geklaute Wohnmobile, mit denen sie durch die staubigen Ebenen zwischen Oklahoma und Arizona fahren. Sie benehmen sich wie eine Familie; nicht auszuschließen ist, dass Clanchef Jesse sich seine Mitreisenden entsprechenden zusammengebissen hat – eine Frau in seinem Alter, ein Halbwüchsiger, der sich wie der Schulhof-Rowdy benimmt. DVD-Cover (US): Near Dark (1987)Am härtesten hat es den "kleinen Bruder" getroffen, Homer, der als 13-Jähriger zum Vampir gebissen wurde und nun den erst seines ewigen Lebens als Teenager wahrgenommen wird. Als "ältere Schwester" kommt Mae ins Spiel, möglicherweise von Homer zur Vampirin gemacht worden.

Wie lange diese Vampirfamilie schon durch die Lande zieht, ist unklar. Jesse behauptet, er habe „auf Seiten der Südstaaten gekämpft“. Jetzt jedenfalls, in Oklahoma, stolpern romantische Gefühle in ihr wildes Vampirdasein. Mit dem Jung-Cowboy Caleb sind die Hormone durchgegangen, als er Mae kennenlernt und sie gleich derart umcharmant bedrängt, dass die ihm in den Hals beißt. Sie saugt ihn nicht aus, weshalb Caleb nun ein Vampir ist wie die anderen und in schwere Gewissensnöte stürzt. Nicht nur mag er keine menschen für seinen Blutdurst töten. Er kann sich auch nicht wirklich entscheiden, zu welcher Familie er künftig gehören soll, denn während er bei den Vampiren – auch wenn die von Calebs Anwesenheit nicht begeistert sind – Zuflucht findet, suchen sein Vater und die kleine Schwester das halbe Land nach ihm ab. Aber zwischen ihm und Mae knistert es eben auch gewaltig.

Irgendwann mischt die Vampirgang eine Biker-Kneipe auf. Da spritzt ordentlich Blut. Tags darauf werden sie vom Sheriff gestellt, bekommen dabei zu viel Sonne ab, was zu hässlichen Verbrennungen und eine wilden Schießerei führt. Dann wieder finden Caleb und Mae Zeit für romantische Momente und schließlich grätschen Calebs Vater und Schwester in die unfreiwillige Familienbande, was zu einer haarsträubenden Entwicklung führt – jedenfalls, wenn man mit Dracula-Filmen aufgewachsen ist. In wie weit Kathryn Bigelows Vampire abgesehen von ihrem äußeren Erscheinungsbild physikalisch noch so sind wie die aus Transsilvanien lässt der Film offen. Sonnenlicht mögen sie nicht, Tiere reagieren panisch auf sie. Aber ob auch ihnen das Kruzifix schadet, Knoblauch oder fließendes Wasser, ob sie Häuser nur auf Einladung betreten dürfen, ist kein Thema. Denn Bigelows Vampire können mit einer ordentlich portionierten Bluttransfusion auch wieder Mensch werden. Anders würde ihr Schauerstück zu keinem sinnvollen Ende – es sei denn einem tragischen – finden. Hier eine Actionszene, da Romantik, dort Motive eines modernen Western und mittendrin Untote in Lederjacke. Bigelow rührt den wilden Genre-Cocktail mit souveräner Hand; ihre Bilder, ihr Timing drücken in den Kinosessel und bringen diese düster, wild und manchmal auch wirr erzählte Vampir-Action schließlich zu einem feurig romantischen Ende.

Mit einem in ein blondes, schüchternes Mädchen schockverliebten Cowboy-Proll hat sie ihr Drama begonnen. Mit einem schwer verliebten, erwachsen gewordenen Cowboy beendet sie es. Das ist im Zusammenhang mit Vampiren und deren im Kinosessel gelernter Biochemie nicht befriedigend. Aber als dringend benötigte Auffrischung des alten Vampirmythos kommt dieser Film pünktlich und etabliert nebenbei eine Regisseurin, die eine kreative Ader für Action und Drama nachweist.

Wertung: 7 von 10 D-Mark
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