IMDB

Plakatmotiv: Der Tiger hetzt die Meute (1973)

Ein Film ohne Zentrum, ein
Hauptdarsteller ohne Charme

Titel Der Tiger hetzt die Meute
(White Lightning)
Drehbuch William W. Norton
Regie Joseph Sargent, USA 1973
Darsteller

Burt Reynolds, Jennifer Billingsley, Ned Beatty, Bo Hopkins, Matt Clark, Louise Latham, Diane Ladd, R.G. Armstrong, Conlan Carter, Dabbs Greer, Lincoln Demyan, John Steadman, Iris Korn, Stephanie Burchfield, Barbara Muller, Robert Ginnaven, Fay Martin, Richard Allin u.a.

Genre Action, Krimi
Filmlänge 101 Minuten
Deutschlandstart
1. März 1974
Inhalt

Bobby "Gator" McKlusky sitzt wegen Schwarzbrennerei in einem Gefängnis in Arkansas. Als er von seiner Cousine erfährt, dass sein jüngerer Bruder Donny durch Sheriff J. C. Connors vom Bogan County getötet wurde, unternimmt er einen Fluchtversuch, der nach kurzer Zeit missglückt. Gator weiß, dass der Sheriff Schmiergelder von lokalen Schwarzbrennern annimmt, also willigt er ein, als verdeckter Ermittler für das Finanzamt zu arbeiten, um gegen den Sheriff belastende Beweise zu sammeln.

Dessen Schiebereien und Steuerhinterziehungen interessieren gator aber nicht wirklich. Er will raus aus dem Gefängnis, um an Sheriff Connors für den Mord an Donny Rache nehmen zu können.

Die Bundesagenten geben ihm einen aufgetunten Ford-LTD-Wagen und weisen ihn an, Kontakt mit "Dude" Watson aufzunehmen, einem örtlichen Stockcar- und Whiskyfahrer; dieser hat keine Wahl und muss kooperieren, da er bereits auf Bewährung ist. Um die örtliche Schwarzbrennerindustrie zu infiltrieren, stellt Dude für Gator Kontakt zu Roy Boone her, einer der besten Whiskyfahrer des Countys, der für den Schwarzbrenner Big Bear arbeitet, welcher wiederum einer der Vollstrecker von Sheriff Connors ist.

Gator gewinnt zunächst das Vertrauen von Roy und Big Bear, während er seine Rache gegen den Sheriff plant. Als der Sheriff schließlich herausfindet, dass Gator für die Bundesbehörde arbeitet, schickt er Big Bear und zwei Polizeibeamte, um Gator auszuschalten …

Was zu sagen wäre

Im tiefsten Süden der Vereinigten Staaten. Arkansas. Hier halten sie überhaupt nichts von neumodischen Gewohnheiten, die aus dem fernen Washington in Form von Gesetzen hierher kommen. Gleichberechtigung für Schwarze und Frauen? Alles Mumpitz. Die Brüder da oben sollen sich bloß fern halten von Bogan County im Herzen Arkansas.

Hier kümmern sich die Menschen selbst um ihr Wohlergehen und der Sheriff für seine Leute. Wenn der Job des Polizisten halt zu wenig Geld abwirft, um sich mal eine Waschmaschine oder ein Kleid für die Ehefrau kaufen zu können, dann müssen halt die örtlichen Schwarzbrenner dem Sheriff einen Teil ihres Gewinns abtreten. Dann lässt der die illegalen Destillen florieren und verteilt ein wenig Zusatz-Dollar an seine Leute. So macht man das hier in bogan County. Die Menschen hier sind so konservativ, dagegen ist die republikanische Partei, die mit Richard Nixon zurzeit den US-Präsidenten stellt, ein kommunistischer Haufen. Und langhaarige, Joints rauchende Protestierer können sie hier schon gar nicht brauchen; die sollte man „alle an die Wand stellen“. Diese Joints verderben den Schnapsbrennern bloß das Geschäft.

Das ist der gesellschaftliche Hintergrund des Films, der viel facettenreicher ist, als die austauschbare Story: Ein Mann kehrt heim, um den Mord an seinem Bruder zu rächen. Es gab in der Vergangenheit im Kino interessante und überraschende Versionen dieser Geschichte. Diese hier ist es nicht. Das liegt an einer uninspirierten Regie und einem unbeweglichen Hauptdarsteller. Immer wieder jagen sich Staubwolken produzierende Autos über Feldwege und Nebenstraßen, rumpeln durch Maisfelder oder springen auch mal auf einen ablegenden Frachter. Als würde sich Joseph Sargent vor solchen Bildern fürchten, lässt er sie geschehen, statt sie zu gestalten. Eine Verfolgung, an deren Ende Gator mit seinem Wagen vom Flussufer auf einen Lastkahn springt, ging ernsthaft schief. Der von Stuntkoordinator Hal Needham gefahrene Wagen sollte eigentlich mittig auf der weichen Erde auf dem Lastkahn landen, aber der Sprung geriet zu kurz, der Wagen landete auf dem Heck des Kahns, während der hintere Teil des Wagens ins Wasser hing. Plakatmotiv (US): White Lightning (1973) Needham wurde dabei verletzt und betäubt. Die Stuntleute bauen noch zwei Sprünge mit ihren Autos, aber die Produktion hat kein Geld, um das mal mit zwei oder sogar drei Kameras zu drehen. Wir sehen rutschende Autos in Staubwolken, Schnitt, der Fahrer kurbelt mit unbewegter Mine am Lenkrad, Schnitt, wieder rutschen die Autos.

Wenn nicht Auto gefahren wird, plappert eine notgeile Blondine namens Lou den Bruderrächer Gator ins Delirium, während die Kerle in der Gegend unbekümmert ihren Schnapsgeschäften nachgehen. Dabei fragt man sich andauernd, wer diesen vielen Schnaps eigentlich konsumieren soll, der da in Kisten meterhoch gestapelt in der Scheune steht, zumal der wahrlich scheußlich schmecken muss, wie mehrfach von versierten Trinkern versichert wird. Im Zentrum steht Burt Reynolds (Was Sie schon immer über Sex wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten – 1972; Beim Sterben ist jeder der Erste – 1972), der gerufen wird, wenn Hollywood einen harten Kerl sucht, der nicht so anspruchsvoll und teuer ist wie Clint Eastwood. Reynolds war ursprünglich Stuntman. Das befähigt ihn, manche Autojagden selbst zufahren; allerdings sitzt ab den Schleuderszenen dann erkennbar doch eine andere Frisur hinterm Steuer.

Irgendwann mittendrin lächelt Reynolds mal, aber ansonsten kommt er mit einem mürrischen Gesichtsausdruck durch den ganzen Film. Er macht sich dauernd Notizen, deren Aussagekraft eher zweifelhaft sein muss. Er soll ja für die Finanzbehörden dem Sheriff Steuerhinterziehung nachweisen. Mit dem spricht er aber im ganzen Film kaum – und irgendwann schmeißt er seine Notizen dann ins Feuer. Er will ja Rache für seinen Bruder und keinen Mörder, der wegen Steuerhinterziehung sitzt. Stattdessen geht er dann mit der ins Koma plappernden Blondine ins Bett, die eigentlich mit seinem Kumpel liiert ist. Der ist dann sauer und die beiden prügeln sich, aber eigentlich spielt das keine Rolle mehr. Von Freundschaft und Loyalität hält hier keiner was. Auch die Hauptfigur nicht.

Eigentlich ist alles, was im Film passiert, sehr egal.

 

Wertung: 2 von 8 D-Mark
IMDB