IMDB

Plakatmotiv: Mein linker Fuß (1989)

Ein bemerkenswert
unterhaltsamer Film

Titel Mein linker Fuß
(My Left Foot: The Story of Christy Brown)
Drehbuch Shane Connaughton & Jim Sheridan
nach dem gleichnamigen Roman von Christy Brown
Regie Jim Sheridan, Irland, UK 1989
Darsteller

Daniel Day-Lewis, Brenda Fricker, Alison Whelan, Kirsten Sheridan, Declan Croghan, Eanna MacLiam, Marie Conmee, Cyril Cusack, Phelim Drew, Ruth McCabe, Fiona Shaw, Ray McAnally, Pat Laffan, Derry Power, Hugh O'Conor, Darren McHugh, Owen Sharp, Eileen Colgan u.a.

Genre Biografie, Drama
Filmlänge 103 Minuten
Deutschlandstart
1. Februar 1990
Inhalt

Der Film erzählt das Leben des in Dublin geborenen und aufgewachsenen Christy Brown (1932–1981), der aufgrund einer zerebralen Lähmung als Kind rund um die Uhr Unterstützung benötigt, schließlich alle Widrigkeiten überwindet und ein erfolgreicher Maler und Autor wird.

Christy wächst in einer Arbeiterfamilie auf, als eines von 13 Geschwistern, die das Säuglingsalter überlebt haben und sich zu viert oder fünft ein Bett teilen. Vor allem seine Mutter tut alles, was sie kann, um sicherzustellen, dass Christy geliebt und unterstützt wird. Da er als Kind nicht sprechen kann, gilt er als geistig behindert.

Aber er überrascht alle mit seinem scharfen Verstand, mit der er alles aufnimmt, was um ihn herum geschieht. Da er seine Hände nicht bewegen kann, sondern nur seinen linken Fuß, lernt er sich durch Malerei auszudrücken, den Pinsel zwischen die Zehen geklemmt.
Die Therapeutin Dr. Eileen Cole bringt ihm bei, deutlicher zu sprechen, und allmählich wird Christy in seinem Leben unabhängiger. Doch das macht seiner Mutter zunehmend Sorgen – nicht das Überwinden seiner körperlichen Einschränkungen, sondern dass seine Hoffnungen enttäuscht werden könnten, sollten andere in ihm nicht einen Menschen mit Gefühlen sehen, einschließlich der Fähigkeit und dem Wunsch zu lieben …

Was zu sagen wäre

Das erste Wort, das der Junge artikuliert, ist „Mutter“. Er spricht es nicht. Er kratzt es mit angestrengten Bewegungen seines linken Fußes mit Kreide auf den Boden. Sprechen kann er nicht. Deshalb dachte sein Vater auch, der Junge sei geistig zurückgeblieben und hat ihn deshalb abfällig behandelt. Und jetzt kann er plötzlich sogar schreiben. Der Vater nimmt ihn begeistert gleich mit in die Kneipe, wo er seit Christys Geburt ein wenig belächelt wird wegen des „Krüppels“, den er gezeugt hat.

Tatsächlich waren Christys erste Schreibversuche „eine wilde Ansammlung von Strichen“, so schreibt er es in seinem Buch, das diesem Film zugrunde liegt. Und der Film lässt auch die quälend langsame Entwicklung des Jungen außen vor. Sein Thema ist ja nicht die zerebrale Lähmung als solche, sein Thema ist Christy Brown und seine erstaunliche Welt. Das Bemerkenswerte an diesem Film ist, dass er nicht larmoyant das Schicksal eines zerebral gelähmten Menschen für die Runde Mitleid im Kinosessel ausstellt. Das Bemerkenswerte ist das Umfeld Christys, seine Familie, wie cool alle mit der schweren Beeinträchtigung des Bruders, des Sohnes umgehen. Das Bemerkenswerte ist Brenda Fricker, die Christys Mutter spielt; sie hat bei der Oscar-Show am 26. März 1990 den Oscar für die Supporting Actress erhalten. Frickers Mom ist, was man hierzulande patent nennt. Sie geht mit Christy um, wie mit all ihren anderen Kindern und weiß lange vor allen anderen, dass er körperlich beeinträchtigt ist, nicht aber geistig. Brenda Fricker ist der Fels in diesem Film, an dem wir uns gerne festhalten, bis wir uns in dieser irischen Welt der Arbeiterfamilien zurechtgefunden haben. Den anderen Oscar, den für die männliche Hauptrolle, hat Daniel Day-Lewis erhalten ("Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" – 1988; "Zimmer mit Aussicht" – 1985; "Mein wunderbarer Waschsalon" – 1985; Die Bounty – 1984; "Gandhi" – 1982), der in einem gewaltigen Kraftakt das Schicksal Christy Browns überzeugend und in jeder Sekunde fassbar darstellt – nicht minder tut dies Hugh O'Conor, der den jungen Christy spielt.

Die Familie mit den vielen Geschwistern wird geprägt von einem strengen, sehr dominanten Vater, der bald seinen Job verliert und das Leben nicht in den Griff bekommt; auch hier ist es Mutter Brown, die den Laden zusammenhält. Aber wenn der Vater tief durchatmet, zucken alle zusammen. Es ist eine autoritäre, patriarchale Gesellschaft, in die wir eintauchen. Nur auf der Straße, in der Nachbarschaft, sind noch alle gleich. Selbstverständlich spielt Christy mit Fußball, ist erfolgreicher Torwart und gewaltiger Elfmeter-Schütze und als die Kohlen aus Geldmangel ausgehen, ist es seine Cleverness, die der ganzen Nachbarschaft – auf illegalem Weg – Kohlen besorgt. Seine Mutter ist böse, Stehen sei Sünde, sagt sie und der liebe Gott sehe alles; aber mit dem lieben Gott hat es Christy nicht so. Was soll ihm auch passieren? Als der Priester ihn in jungen Jahren ins Gebet nimmt und erklärt, wer sündige, der bleibe „auf ewig in der Hölle“, kann Christy nur gelangweilt schnaufen.

Er hat die Hölle jeden Tag um sich, trotz der coolen Familie, trotz der freundlichen, zugewandten Nachbarschaft. Eines bleibt Christy verwehrt. Als er sich verliebt, lässt ihn das Mädchen seiner Träume kühl abblitzen. Zweimal passiert ihm das, danach will er sich umbringen. Wieder ist es die Mutter, die mit Geduld und sanftem Druck Christy ins Leben zurückholt, in dem er schon ein erfolgreicher Maler ist; mit seinem linken Fuß malt er Bilder von düsterer Ausdruckskraft, die ihre Betrachter nicht mehr loslassen. Nach seinem Suizidversuch setzt er sich hin und schreibt ein Buch über sein Leben.

In einer Rahmenhandlung wird das Buch bei einer Charity Gala vorgestellt, während der sich Christy ein drittes Mal verliebt. Jim Sheridan gelingt mit "Mein Linker Fuß" ein ganz und gar unterhaltsamer Film über einen körperlich schwer beeinträchtigten Menschen, der mit Intelligenz und beißendem Sarkasmus seine Umwelt herausfordert, die gleichzeitig eine feste Burg für ihn bildet. Ein bemerkenswerter Film.

Wertung: 9 von 10 D-Mark
IMDB