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Plakatmotiv: Babettes Fest (1987)

Ein raffiniertes Gedeck
mit religiösen Zutaten

Titel Babettes Fest
(Babettes gæstebud)
Drehbuch Gabriel Axel
nach einer Novelle von Karen Blixen
Regie Gabriel Axel, Dänemark 1987
Darsteller

Stéphane Audran, Bodil Kjer, Birgitte Federspiel, Jarl Kulle, Jean-Philippe Lafont, Bibi Andersson, Ghita Nørby, Asta Esper Hagen Andersen, Thomas Antoni, Gert Bastian, Viggo Bentzon, Vibeke Hastrup, Therese Højgaard, Pouel Kern, Cay Kristiansen u.a.

Genre Drama
Filmlänge 103 Minuten
Deutschlandstart
8. Dezember 1988
Inhalt

Dänemark 1872: In einem Dorf voll alter, lustfeindlicher Puritaner lädt die Französin Babette Harsant zum Gastmahl und gibt den Menschen Wärme und Lebensfreude. Denn daran mangelt es in der dänischen Siedlung gehörig.

Unter der Anleitung des inzwischen verstorbenen Pastors hat sich ein gesellschaftliches Umfeld aus Askese und Frömmigkeit entwickelt. Die beiden Pastorentöchter Martina und Philippa  hatten nie eine Chance, eine romantische Beziehung zu erleben. Einige Jahre später tauchte Babette im Dorf auf und nahm eine Stellung im Haushalt der nun in die Jahre gekommenen Martina und Philippa an.

Das Gastmahl will sie zu Ehren des verstorbenen Pastors ausrichten. Damit gelingt es Babette, die Verknöcherung der Gesellschaft aufzubrechen …

Was zu sagen wäre

Liebe geht durch den Magen, sagen die Leute gerne, wenn sie an reichlich gedeckter Tafel sitzen und das Essen schmeckt. Was fürs normale Leben gilt, gilt doppelt fürs Kino. Hier bleibt Essen selten folgenlos.

Wir befinden uns auf Jütland, Dänemark, zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das Leben ist karg, die Natur rau, der Wind schroff, das Essen – Stockfisch und Brotsuppe, Brotsuppe und Stockfisch. In diese Welt kommt Babette, Französin und schon als solche prädestiniert, Stockfisch und Brotsuppe anzureichern, zu verfeinern. Drehbuchautor und Regisseur Gabriel Axel erzählt seine Geschichte als Rückblende und so erfahren wir schon in der ersten Szene, in der die beiden Schwestern den Bedürftigen im Ort warmes Essen reichen, dass sich kulinarisch etwas getan haben muss, wenn wir wenige Szenen später die genannten Fisch und Suppe sehen.

Es ist ein großes Panorama, das Gabriel Axel über 100 Minuten entfaltet, auf dem es viele kleine Szenen zu entdecken gibt, nicht aber den großen dramatischen Bogen. Es ist ein stiller Film, in dem der Zuschauer gerade im ersten Drittel auf Panoramen und Momente angewiesen ist, weil sich ein Sinn noch nicht ergibt. Das ändert sich, als die Gemeindemitglieder, die regelmäßig ihres verstorbenen Gründers gedenken, sich plötzlich angiften und Vorwürfe aus der Tasche holen über Episoden, die offenbar Jahrzehnte zurückliegen. Und weil Babette, die ruhige, souveräne Französin, zur selben Zeit im Film anbietet, für den 100. Geburtstag des verstorbenen Probstes ein Festessen anzurichten und weil die Puritaner erschrocken über ihre eigene Zusage sind, weil Genuss und erst recht Alkohol so gar nicht zur puritanischen Gottesfurcht passen mögen, entfaltet sich mit einem Mal der dramaturgische Bogen, den der Film beschreiten will. So lehnen wir uns zurück und schauen den Bildern und dem Festessen beim Werden zu.

Babette lässt die Zutaten aus Frankreich kommen. Nach und nach werden eine große lebende Schildkröte, ein Käfig voller Wachteln, ein riesiger Ochsenkopf, eine Stange Eis und diverse andere Zutaten angeliefert. Die Dorfbewohner sitzen also schweigend bei Tisch und löffeln stumm das Essen in sich hinein, regungslos. Nur Martinas ehemaliger Verehrer Lorens Löwenhjelm, der als General Karriere gemacht hat, erkennt er die außergewöhnliche Qualität des Essens und lobt das Mahl immer wieder überschwänglich. Er schwärmt von einem „Menü als eine Art Liebesaffäre, bei der man nicht mehr unterscheiden kann zwischen physischem und geistigem Appetit“. Das lockert auch bei den Dorfbewohnern die Zunge und bald bereichern sie die Tischgesellschaft mit frommen Erinnerungen und Bibelsprüchen. Je länger das Essen dauert, der Alkohol fließt, werfen die Puritaner ihre Vorsätze über Bord, nehmen das Festmahl als sinnlichen Genuss an und gehen aus sich heraus. Den größten Teil dieses Stimmungsumschwungs inszeniert Gabriel Axel über die Akustik bei Tisch; nur selten setzt er unterstützend auf Musik.

Liebe geht durch den Magen. In diesem Film lockern die Dankbarkeit einer bescheidenen Frau und deren Kochkunst verkrustete Strukturen, sodass am Ende vom klaren Himmel die Sterne funkeln. Das Essen, die Nahrungsaufnahme, Grundlage für jedes Leben, ist hier aus religiös kosnotiert. Babette kommt als Erlöserin in den kleinen Ort. Ihre Aufgabe ist, das Leben in diesen Ort zurückzuholen. Mit ihrer Kunst. Und Philippa schwärmt, als sie Babette nach mehr als 14 Jahren aus Dankbarkeit erstmals in den Arm nimmt: „Wie wirst Du die Engel ergötzen!

Wertung: 7 von 10 D-Mark
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