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Plakatmotiv: Die untreue Frau (1969)

Eine glanzvolle Welt, hinter
der der Abgrund lauert

Titel Die untreue Frau
(La femme infidèle)
Drehbuch Claude Chabrol + Sauro Scavolini
Regie Claude Chabrol, Frankreich, Italien 1969
Darsteller

Stéphane Audran, Michel Bouquet, Michel Duchaussoy, Maurice Ronet, Louise Chevalier, Louise Rioton, Serge Bento, Henri Marteau, Guy Marly, François Moro-Giafferi, Albert Minski, Dominique Zardi, Michel Charrel, Henri Attal, Jean-Marie Arnoux u.a.

Genre Drama, Thriller
Filmlänge 98 Minuten
Deutschlandstart
10. März 1972
Inhalt

Das Ehepaar Hélène und Charles Desvallees leben das gelangweilte Leben der Versailler Oberschicht. Das Einzige, was die beiden noch halbwegs interessiert und zusammenhält ist ihr Sohn Michel.

Hélène unternimmt jedoch in letzter Zeit immer wieder Reisen nach Paris, was die Eifersucht Charles' weckt. In seiner Paranoia heuert er einen Privatdetektiv an, der herausfinden soll, ob sich Hélène heimlich mit einem anderen Mann trifft und eine Affäre vor ihm verheimlicht. Die Erkenntnisse des Detektivs sind entlarvend: Hélène trifft sich heimlich mit dem Autor Victor Pégala.

Der Detektiv übergibt Charles ein Foto des Nebenbuhlers und sogleich macht sich Charles auf nach Paris, um den Konkurrenten aufzusuchen und zur Rede zu stellen. Wenig später liegt der Konkurrent tot am Boden, erschlagen …

Was zu sagen wäre

Wir sind im Frankreich der 60er Jahre. Die Frauen machen den Haushalt, gehen zum Friseur, lassen sich „eine Packung legen“, schauen mal, was es Neues im Kino gibt. Die Männer gehen arbeiten, vögeln die Sekretärinnen mit den kurzen Röcken und tauschen später ihre Erlebnisse darüber aus: „Na und? Wie war sie?“ „Viel guter Wille, aber nichts dahinter. Weißt Du, die meisten Frauen bilden sich ein, sie fänden die Sache schön. Aber im Grunde machen sie sich nichts draus.

Plakatmotiv (Fr.): La Femme infidèle – Die untreue Frau (1969)Das Leben als Mann in dieser Gesellschaft, einerseits den Lebensunterhalt auch für die Ehefrau mit den Friseurbesuchen zu finanzieren, andererseits gelangweilte Sekretärinnen im Bett zu ertragen, ist hart. Das Leben der Frau ist auch hart. Der Göttergatte ist längst kein Gott mehr, findet es ganz in Ordnung, dass sein Körper langsam aufgeht wie ein Hefekuchen; und abends ausgehen ist auch nicht mehr en vogue. So sieht es aus, das Leben in einer Bildungsbürgerehe mit 9-jährigem Sohn und Haushälterin im Anwesen vor Paris. Claude Chabrol malt das in ruhigen Einstellungen, weitgehend ohne Musik. Da wird die Absurdität dieses Lebens von allein sehr laut. Es ist eine Gesellschaft voller Masken, eine Welt, in der alle so tun als ob. Die Ehefrau tut so als sei sie verliebt. Der Mann tut im Büro so, als führe er eine Musterehe. Der Kollege, der den Langeweiler-Sex mit der Kollegin beklagt, kann von der Kollegin gar nicht genug bekommen. Hélènes Liebhaber stöhnt über seine geschiedene, fünfjährige Ehe „Sie war unerträglich!

Das muss schief gehen. Es geht schief. Charles erschlägt Victor Pégala, seinen Konkurrenten. Eine Affekthandlung. Und jetzt? Chabrol beobachtet in aller Seelenruhe, wie Charles nun erst Spuren verwischt, dann die Leiche verschnürt, diese in den Kofferraum seines Wagens packt, damit quer durch die Stadt fährt, in einen Unfall verwickelt wird und die Leiche endlich in einem Teich versenkt. Eine Szenenabfolge, die ganz auf den Suspense des Irrsinns setzt, den wir erleben; und die uns dann zum Komplizen des Mörders macht.

Das Ende ist nicht eindeutig, das Finale insgesamt schon. Ob Charles überführt werden kann, diese Frage lässt Chabrol offen. It's a Man's World, wie wir eingangs gesehen haben. Und Hélènes Verstörung darüber, dass ihr der Liebhaber abhanden gekommen ist, währt nur kurz, schließlich liebt sie ja ihren Sohn und schon auch das Familienleben – also vernichtet sie den einzigen Beweis, der – zuerst ihr und dann – der Polizei helfen könnte, Charles zu überführen.

Das Leben des französischen Bildungsbürgertums hat sich ordentlich eingerichtet in seiner komplexen Welt, in der das Gesicht von heute die Maske von morgen sein kann.

Wertung: 6 von 8 D-Mark
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