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Kinoplakat: Dredd
Der Film für eine lustvoll
alkoholisierte Videonacht
Titel Dredd
(Dredd)
Drehbuch Alex Garland
nach den Figuren von John Wagner + Carlos Ezquerra aus dem Comic „2000 A.D.”
Regie Pete Travis, UK, USA, Indien, Südafrika 2012
Darsteller Karl Urban, Olivia Thirlby, Lena Headey, Rachel Wood, Andile Mngadi, Porteus Xandau, Jason Cope, Emma Breschi, Rakie Ayola, Tamer Burjaq, Warrick Grier, Wood Harris, Shoki Mokgapa, Yohan Chun, Eden Knowles, Desmond Lai Lan, Deobia Oparei, Patrick Lyster, Travis Snyders, Chad Phillips, Domhnall Gleeson, Joe Vaz, Scott Sparrow u.a.
Genre Comic-Verfilmung
Filmlänge 95 Minuten
Deutschlandstart
15. November 2012
Inhalt

Die Zukunft. Die ehemaligen Vereigten Staaten sind nach dem verheerenden Krieg zu einer einzigen Stadt verschmolzen. Umgeben von verseuchtem Brachland leben 800 Millionen Menschen zusammengepfercht in Mega City One. Gewalt ist an der Tagesordnung. „Du kommst als Mensch. Du gehst als Fleisch!”, heißt es hier. Für das bisschen Ordnung sorgen die Judges. Sie sind Polizei, Richter und Vollstrecker in einem.

Dredd, der gefürchtetste unter den Judges hat eine neue Rekrutin. Cassandra Anderson, die eigentlich die strengen Aufnahmeprüfungen schon versiebt hat. Aber sie ist Mutantin, kann um die Ecke sehen und in anderer Menschen Gedanken kriechen. Keine schlechte Eigenschaft in einer Stadt, in der jeden Moment der Tod um die Ecke kommt. Ihr erster Auftrag – Cassandras Aufnahmeprüfung – führt sie prompt nach „Peach Trees”, eines der vielen zwei Kilometer in den Himmel ragenden Wohnsilos; ein gigantischer Slum, in dem Ma-Ma das Sagen hat, Drogenbaronin, skrupellos, die ihre Gegner gerne bei lebendigem Leib häuten lässt, dann mit der Designerdroge SloMo vollpumpt und die verzweifelt kreischenden Kadaver dann in die Tiefe stürzt. SloMo verlangsamt die Wahrnehmung – der Süchtige lebt in extremer Zeitlupe („Slow Motion”, kurz SloMo) „Denen muss der 2.000-Meter-Sturz wie eine Ewigkeit vorgekommen sein”, sagt ein Judge angesichts der am Boden zerplatzten Kadaver.

Als Dredd und Anderson einen Handlanger aus ihrem skrupellosen Clan zu fassen bekommen, entfacht Ma-Ma einen Krieg, in dem sie vor nichts zurückschreckt. Sie will ihr Imperium verteidigen und riegelt das ganze Gebäude hermetisch ab. Dredd will Gerechtigkeit. Anderson will eine Chance …

Was zu sagen wäre

Der Film kommt gut. Vorausgesetzt, es ist irgendwann in der Nacht von Donnerstag auf Freitag, man hat den Kopf voll Alkohol, will aber immer noch nicht ins Bett. Moderne Actionfilme, die mit dem Label „FSK 18” hausieren gehen, kann man heutzutage augenscheinlich leicht einordnen. Meist sind es Filme, streng reduziert auf düster matschige Kelleridylle, aufgesetzte Handlung und hier und da ein paar Experimente in Sachen phantasievolle Darstellung von Todesarten. Immer ein bisschen Igittigitt. Das war schon bei Gamer (2009) so.

Ein Star unterm Helm

Dredd ist eine Neuauflage des Sylvester-Stallone-Klassikers Judge Dredd aus dem Jahr 1995, der damals als „hart” galt. Gegen diesen hier war die 1995er-Version Kindergeburtstag. In der 2012er-Variante haben auch die Stimmbänder zu viel Testosteron. Subjekt. Prädikat. Schuss. Und Karl Urban, der in J.J. Abrams' Star-Trek-Version Bordarzt Pille gibt, mimt hier mit kraftvoll heruntgezogenen Mundwinkeln verzweifelt den Sylvester Stallone 2.0; womöglich steckt aber auch gar nicht Urban unter dem Helm. Zu sehen bekommt man sein Gesicht nicht ein einziges Mal; vielleicht hat er auch nur seinen Namen zur Verfügung gestellt.

Der Film ist ein 90minütiges Videogame ohne Joystick, aber durchaus mit some Joy. Ein munteres Proleten-Stirb-Langsam über 200 Level hermetisch abgeriegelter Hochhausarchitektur. Die Bestrafungen der Killer sind von ausgesuchter Scheußlichkeit.

Sinn? Hauptsache Geballer!

Die SloMo-Droge liefert der Regie Grund genug für ein paar hübsche, dem Genre gefällige SFX mit Kugeln, die in Körper dringen und Wangen in Superzeitlupe zerfetzen. Aber offenbar vernebelt SloMo auch das Gehirn von Boss Ma-Ma. Wenn sie aus allen Rohren auf den durch Hausflure hetzenden Judge feuert, fragt man sich, worauf sie eigentlich zielt, wenn sie stattdessen alle tragenden Wände zerballert und damit einzig die Statik des Baus gefährdet … gefährden müsste, es ist ja ein Film und die durch Wände splitternden Großgranaten sind ein so hübscher Effekt.

Einziger Lichtblick in dem sehr auf Zielgruppe 18 reduzierten Film ist Olivia Thirlby als Rookie Anderson, die mit rosigen Lippen, weißen Zähnen, dunkelbraunen Augen und blondiertem Haupthaar genau die richtige Mischung zwischen unschuldig erschreckt und hammerhart entschlossen hinbekommt. Lena Headey als narbengesichtige Ma-Ma gibt eine weitere Variation ihrer aus den TV-Serien „Terminator S.C.C.” und „Game of Thrones” bekannten Stein-Kälte. Und Karl Urban (R.E.D. – 2010) zieht einfach nicht seinen Helm ab; diesen Dredd hätte jeder gut gebaute Praktikant spielen können.

Musik aus der John-Carpenter-Schule

Wenigstens: In seinen starken Momenten erinnert der Soundtrack an John Carpenters Klapperschlange (1981) und Walter Hills „The Warriors” (1979). Was man positiv anmerken kann: Autoren und Regisseur haben sich an den düsteren Ton der Vorlage gehalten, jede ironische Brechung außen vor- und es statt dessen krachen lassen. Ein Spaß-Film also für Jungs, deren Mädels wahlweise nicht vorhanden oder in der Proseccopremiere einer Sex-&-the-City-Variante sitzen. Das Kinoportal Box Office Mojo rechnet vor, dass die Dredd-Produktion etwa 50 Millionen Dollar gekostet und weltweit 35,6 Millionen eingespielt hat.

Wertung: 3 von 7 €uro
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