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Plakatmotiv: Pizza Pizza – Ein Stück vom Himmel (1988)

Billiger Teig mit
klasse Zutaten

Titel Pizza Pizza – Ein Stück vom Himmel
(Mystic Pizza)
Drehbuch Amy Holden Jones & Perry Howze & Randy Howze & Alfred Uhry
Regie Donald Petrie, USA 1988
Darsteller
Annabeth Gish, Julia Roberts, Lili Taylor, Vincent D'Onofrio, William R. Moses, Adam Storke, Conchata Ferrell, Joanna Merlin, Porscha Radcliffe, Bucky Walsh, John Fiore, Gene Amoroso, Sheila Ferrini, Janet Zarish, Louis Turenne u.a.
Genre Komödie, Drama, Romanze
Filmlänge 104 Minuten
Deutschlandstart
25. Mai 1989
Inhalt

Die portugiesischstämmigen Schwestern Daisy und Kat Arujo leben mit ihrer alleinerziehenden Mutter in einfachen Verhältnissen in der Kleinstadt Mystic in Connecticut. Daisy ist eher locker und lebenslustig, Kat bedacht und zurückhaltend. Gemeinsam mit ihrer Freundin Jojo arbeiten beide als Kellnerinnen in der Pizzeria Mystic Pizza. Diese wird von der älteren und resoluten Leona geführt, die aus den Zutaten für ihre Pizzen ein großes Geheimnis macht.

Jojo ist mit dem Fischer Bill verlobt. Gerade wollen sie heiraten. Die Hochzeit platzt aber, denn als Jojo am Altar das Ehegelübde hört und die Tragweite erkennt, wird sie ohnmächtig. In der Folgezeit quälen Jojo Zweifel, ob sie Bill wirklich heiraten soll, besonders, weil Bill sie mit moralischen Vorhaltungen und Liebesentzug dazu drängt.

Daisy ist der Typ junge Frau, die Männer hinterher pfeifen. Ihr gefällt das gut. Was sie aus ihrem Leben mal machen will, weiß sie nicht. Ihr Leben spielt sich zwischen Pizzeria, Billard mit den Jungs und der strengen Mutter ab. ganz anders ihren Schwester Kat. Die hält sich für ein Mauerblümchen und träumt vom Astronomie-Studium in Yale, für das sie ein Teilstipendium erhalten hat. Für das restliche Geld hat sie gleich mehrere Jobs. Unter anderem ist sie Babysitter bei dem Architekten Tim, dessen Frau zurzeit in England arbeitet. Plakatmotiv (US): Mystic Pizza (1988)Während er hier am Ort eine große Villa restauriert, soll sie auf Tims Tochter aufpassen; und verliebt sich in Tim. Dabei weiß sie doch, dass ihr Glück mit ihm nicht lange dauern kann.

Daisy hat ein Auge auf Charles geworfen, der als Sohn reicher Eltern einen flotten Sportwagen fährt und gern demonstrieren will, dass er nicht hochnäsig ist. Das geht gründlich schief …

Was zu sagen wäre

Fast möchte man meinen, man habe es mit einem Dokumentarfilm zu tun. Gedreht wurde in Mystic, einer vorwiegend von portugiesischen Einwanderern und Fischern bewohnten und geprägten Gegend in Connecticut, und dort in einer Pizzeria, die tatsächlich "Mystic Pizza" heißt. Wir wollen hoffen, dass es damit genug ist mit der Dokumentation und die drei jungen Frauen nicht realen Charakteren vor Ort entsprechen.

Wirft man alle drei zusammen, bekommt man womöglich einen einigermaßen realen Charakter heraus – ein verträumt aber zielstrebig, zynisch aber lebenslustig, naiv und mit ausgeprägter Libido. Statt dessen dekliniert Donald Petrie in seinem Regiedebüt drei konstruierte Porträts junger Frauen durch. Da ist Jojo, der vor dem Traualtar klar wird, dass sie in zehn Jahren mit einem Haufen Kindern dasitzt und ihrem Mann das Bier aus dem Pantoffel putzt, und dann ohnmächtig wird. Den Rest des Films versucht sie, ihren Liebsten, den sie immer noch liebt, zu heißem Sex zu verführen, bis der sie entnervt verlässt: „Ich sage Dir dauernd, dass ich Dich liebe. Aber Du? Du liebst nur meinen Schwanz! das ist mir zu wenig!“ Eine Vorstellung für ein eigenes Einkommen hat sie so vage in der Vorstellung, eines Tages die Pizzeria von Leona zu übernehmen.

Dann ist da Katherine, die alle Kat rufen, eine etwas verträumte, aber sehr zielstrebig auf ihr Astronomiestudium in Yale zusteuernde Frau, die an die große Liebe glaubt. Warum sie sich trotzdem mit dem verheirateten Tim einlässt – vielleicht als Flucht aus ihrem eigenen Klischee – ist schwer zu verstehen, aber leichter als warum sie hinterher so in ihrem Stolz verletzt dasteht. Vielleicht, weil dies insgesamt ein Film für die Zielgruppe Mädchen ist, in dem Jungs durch die Bank schlecht weg kommen. Der normalste Mann vor Ort ist noch Bill, der Fischer, dem Jojo gerade vor dem Traualtar ohnmächtig wurde. Bill ist nett, freundlich, kann aber kaum einen geraden Satz formulieren.

Ganz schlimm ist Charles, auf den sich die ganz schlimme Daisy einlässt – schlimm im Sinne von außerhalb eines Drehbuches nicht lebensfähig. Plakatmotiv: Pizza Pizza – Ein Stück vom Himmel (1988) Charles ist Sohn sehr reicher Ostküsteneltern, der gerade von der Uni geflogen ist und der sich auf hohem Niveau treiben lässt, ein rotes Porsche Cabrio fährt und wirklich sehr genervt von seinem Alten ist, der ihn anmahnt, einen guten Abschluss zu bekommen und was aus seinem Leben zu machen. Das gipfelt in einer bizarren Szene eines stilvollen Abendessens im herrschaftlichen Haus, bei dem mehrere Karikaturen von Ostküstendekadenz am Tisch sitzen, an dem sich Vater und Sohn auf eine Weise in die Haare kriegen, als wären beide gerade 13 Jahre alt. In dieser Szene macht die von Julia Roberts gespielte Daisy das erste Mal etwas, was nachvollziehbar menschlich ist. Sie geht und lässt die reichen Gockel unter sich.

Alles andere an dieser Daisy ist Comic. Sie ist überirdisch schön. Sie hängt rum, wohnt noch bei der Mutter, hat keine Ziele im Leben – und dabei müssen wir uns im Kinosessel immer wieder deutlich machen, dass keine der drei Frauen noch zur Schule geht, auf der man sich das leisten kann, ein wenig durchzuhängen; dass das hier kein Breakfast Club ist. Das einzige, was Daisy zur Lebensplanung einfällt, ist der Satz „Wozu brauche ich ein Studium, wenn ich dann sowieso mein Leben lang als Pizzakellnerin arbeite!“ Ihre Lebensplanung scheint tatsächlich darin zu bestehen, maximal einen Ostküsten-Snob zu heiraten. Schwer zu ertragendes Klischee.

Natürlich ist das hier aber Hollywood. Und keine Dokumentation über junge Frauen in einer portugiesische Enklave an der Ostküste. Der Film ist durchkonstruiert auf sein Zielpublikum, zu dem 28-Jährige Berufstätige nicht gehören. Er ist ein mittelspannend erzähltes Märchen für 14-jährige Mädchen mit drei Hauptdarstellerinnen, die nach ein paar kleinen Kino- und TV-Rollen hier ihren ersten großen Auftritt haben. Den haben sie alle drei souverän gemeistert.

Annabeth Gish (Kat) die liebevolle beste Freundin, Julia Roberts (Daisy), deren potenzielles Rollenspektrum am ehesten durch ihre Leinwandgöttin-Schönheit gebremst wird, und Lili Taylor (Jojo) als vielseitig einsetzbare Komödiantin. Wenn also künftig die Drehbücher den Qualitäten der drei Schauspielerinnen angepasst sind, können wir noch viele schöne Kinoabende mit ihnen erleben.

Wertung: 4 von 10 D-Mark
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