Ein neues Abenteuer für Jim Knopf und Lokführer Lukas. Ein Jahr nach den Ereignissen geht das Leben in Lummerland wieder seinen gewohnten Gang. Doch es ziehen dunkle Wolken über der beschaulichen Insel auf: Die Drachen von Kummerland haben herausgefunden, dass es zwei Lokomotivführer waren, die ihre Frau Malzahn entführt und nach Mandala gebracht haben und verraten das brühwarm der Piratenbande "Die Wilde 13", die sich jetzt um ihr Geschäftsmodell mit entführten Kindern für eben Frau Malzahn betrogen sehen und also Rache an den beiden Lokomotivführern schwören.
Die Einwohner von Lummerland ahnen noch nichts von der drohenden Gefahr. Währenddessen ist Prinzessin Li Si bei Jim Knopf zu Besuch. Ihr kann Jim sein größtes Geheimnis anvertrauen: Er möchte endlich die Wahrheit über seine Herkunft erfahren. Außerdem braucht Lummerland dringend einen Leuchtturm, damit nicht das Postschiff immer an seiner Küste auf Grund läuft. Das Dumme ist: Lummerland ist zu klein, um dort einen Leuchtturm zu bauen. Lukas und Jim Knopf machen sich mit ihren beiden Lokomotiven Emma und Molly auf in die Wüste Ende der Welt, um Herrn Tur Tur, den Scheinriesen als Leuchtturm zu gewinnen, weil der ja nur aus der Ferne, also für vorbei segelnde Schiffe riesengroß aussieht, in Wirklichkeit ab ein normal großer Mensch ist.
Auf dem Weg in die Wüste treffen sie auf die Meerjungfrau Sursulapitschi, für die Jim und Lukas den kaputten Gurumusch-Magneten reparieren sollen, was sich als gar nicht so einfach erweist, weil wenn der Magnet repariert ist, kommen Emma und Molly nie mehr von dort weg. Lukas und Jim beschließen, erst einmal Herrn Tur Tur zu holen und auf ihrer Reise einen geeigneten Wächter für den Magnetfelsen zu finden.
Aber als sie Herrn Tur Tur endlich finden, ist der in heller Aufregung. Ein Monster hat von seinem Haus in der Oase Besitz ergriffen…
Wunderbar, dass der deutsche Ableger von Warner Bros. diese Fortsetzung wie versprochen produziert hat. Obwohl Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer (2018) finanziell gesehen ein Flop war – der Film wurde von etwa zwei Millionen Menschen im Kino gesehen und spielte bei einem Budget von 25 Millionen Euro nur rund 10,4 Millionen Euro ein. Michael Ende schrieb die Abenteuer von Jim Knopf und Lukas dem Lokomotivführer ursprünglich als einen dicken Band. Es war der Verlag, der ihn drängte, daraus – Gewinn bringend – zwei Bücher zu machen. Daran haben sich die Produzenten dann orientiert: „Es ist ja eigentlich eine Geschichte“, sagt Produzent Christian Becker. „Die wollen wir zu Ende erzählen.“ Zumal man die ganzen Bauten aus Lummerland und Mandala wiederverwenden konnte. Das senkte die Produktionskosten auf für deutsche Verhältnisse aber immer noch gewaltige 20 Millionen Euro. Dann machte das Coronavirus die Kinoauswertung zunichte. Er startete am 1. Oktober 2020. Zwei Wochen später mussten alle Kinos wieder schließen. Da lagen in den Kinokassen gerade mal knapp 5,7 Millionen Euro.
Der Film beginnt so schön, wie der Vorgänger endete. Mit warmherzigen Figuren, die von prominenten Schauspielern mit viel Wäreme gespielt werden, obwohl es ihnen die kinngerechten Dialogsätze nicht gerade einfach machen. Uwe Ochsenknecht macht das Beste draus und spielt seinen König Alfons den Viertel-vor-Zwölften wieder mit der Würde eines, zwar albernen, aber doch Patriarchen aus einer Fantasiewelt. Annette Frier als Frau Waas und Christoph Maria Herbst als Herr Ärmel glühen in ihren kurzen Auftritten. Aus Henning Baum wird wohl kein großer Leinwandheld mehr, aber als knuffiger Großer-Bruder-Kumpel geht er gut durch. Was man von Solomon Gordon, der wieder Jim Knopf spielt, nicht sagen kann. Er ist 14 Jahre alt während der Dreharbeiten und spielt, als habe er den Bezug zu diesem Füllhorn kindlicher Fantasie, die die beiden Bücher von Michael Ende darstellen, in der beginnenden Pubertät verloren – als wäre ihm peinlich, was er da spielt. Das bremst die visuelle Vielfalt des Films, der doch Jims Suche nach seiner wahren Identität zum Thema hat, an entscheidenden Stellen aus.
Drei neue Schauplätze haben die Pixelkünstler der Produktion erschaffen: der Große Gurumusch-Magnetfelsen, das von einem Orkan umtoste Land, das nicht sein darf und das sagenhafte Reich Jambala. Einen vierten Schauplatz, der in der Buchvorlage eine Rolle spielt, die zum Reich Jambala gehörende Stadt auf dem Meeresgrund wurde gestrichen. Im Film lastet das ganze Drama auf den Schultern der Meerjungfrau Sursulapitschi, die umständlich erzählen muss, was im Buch mit ihrem Vater, dem König Lormoral und ihrem Verlobten Schildnöck Uschaurischuum ausführlich beschrieben wird. Rund um Gurumusch hat der Film dramaturgisch seine große Leerstelle. Es passiert nichts und Solomon Gordon spielt seinen Jim peinlich berührt. Andere Szenen können Gordons Spiel überspielen, Rick Kavanian etwa, der alle 12 Piraten der Wilden 13 spielt, oder das wieder bezaubernde Reich Mandala, oder Milan Peschel, der wieder hinreißender Herr Tur Tur ist, oder Nepomuk, der kleine Halbdrache, dem Michael Bully Herbig seine variable Stimme gibt.
"Die wilde 13" ist ein ordentlicher zweiter Teil, dem mehr Zeit auf der großen Leinwand gegönnt wäre, welche er vielleicht noch bekommt, wenn er in den Kanon der Kinderfilme eingehen sollte, die immer wieder in den Sonntags-Matinéen gezeigt werden. Aber das Box Office des ersten Teils hat alle Beteiligten hinter der Kamera offensichtlich so erschreckt, dass sie beim zweiten Mal, anstatt dem naiven Charme des Ersten ordentlich Zucker zu geben, lieber mit gebremstem Charme in die Fantasiewelten des Michael Ende eingetaucht sind