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Plakatmotiv: Mit den Waffen einer Frau (1958)

Ein damals moralisches Dilemma,
in einem schlecht gealterten Film

Titel Mit den Waffen einer Frau
(En cas de malheur)
Drehbuch Jean Aurenche & Pierre Bost
nach dem gleichnamigen Roman von Georges Simenon
Regie Claude Autant-Lara, Frankreich, Italien 1958
Darsteller

Jean Gabin, Brigitte Bardot, Edwige Feuillère, Nicole Berger, Madeleine Barbulée, Gabrielle Fontan, Jacques Clancy, Annick Allières, Suzanne Grey, Edith Cérou, Hubert de Lapparent, Georges Seey, Julien Bertheau, Jacques Marin, Claude Magnier, Claire Nobis, Franco Interlenghi, Andrès u.a.

Genre Drama
Filmlänge 122 Minuten
Deutschlandstart
17. Januar 1959
Inhalt

Die junge Yvette nimmt es mit dem Gesetz nicht so genau. Gemeinsam mit ihrer Freundin Noémie verübt sie einen Raubüberfall auf einen Juwelier. Doch der Einbruch geht gehörig daneben und als sie gefasst wird, wendet sie sich hilfesuchend an den Rechtsanwalt André Gobillot. Sie habe zwar keinen Sous in der Tasche, könne ihn aber in Naturalien bezahlen – signalisiert sie dem älteren Mann, indem sie ihm freimütig ihre weiblichen Vorzüge präsentiert. Der Jurist kann diesem Angebot nicht widerstehen und erreicht vor Gericht einen Freispruch für Yvette. Eine leidenschaftliche Affäre nimmt ihren Lauf.

Anfangs sieht Gobillots Ehefrau Viviane großzügig über die Liebschaft ihres Mannes hinweg, da sie zu wissen glaubt, wie diese Liaison enden wird. Schnell kristallisiert sich jedoch heraus, dass diese Beziehung nicht nur seine Ehe gefährdet, sondern sich nach und nach auch auf sein berufliches Umfeld auswirkt. André Gobillot scheint aufgrund seiner Lebenserfahrung über den Dingen zu stehen, da er sich in Bezug auf Yvette nichts vormacht; andererseits gelingt es ihm jedoch nicht, die Affäre mit der verführerischen jungen Frau zu beenden.

Als dann noch der Medizinstudent Mazetti beginnt, um Yvette zu werben, wird das ungleiche Paar auf eine harte Probe gestellt …

Was zu sagen wäre

Ein Film aus dem Jahr 1958, aus einer Welt also vor meiner Zeit. Ich sehe den Film Ende der 1980er Jahre, als ich auf die 30 zugehe, im Fernsehen.

Das gesellschaftliche Leben muss 1958 hart gewesen, vor allem für Frauen. Sie scheinen ohne einen Mann in der Nähe aufgeschmissen zu sein. In diesem Film sind es vier Frauen, die eine Rolle spielen. Da ist die Ehefrau des Anwalts Gobillot, die eine Affaire ihres Mannes zunächst achselzuckend zur Kenntnis nimmt, ihn sogar zu beider erstem Date fährt, in deren Gesicht sich im Laufe des Films zunehmende Bitternis einzeichnet. Da ist die Sekretärin des Anwalts, ohne Mann in die Jahre gekommen, die ihrem Chef treu ergeben ist und das außerehelichen Verhältnis mit zusammengekniffenen Lippen quittiert. Dann gibt es ein Hausmädchen, das vom Leben nichts erwartet, als eine Koje unterm Dach der Herrschaft, für die sie den Haushalt macht.

Und dann ist da Yvette, gespielt von Brigitte Bardot, damals 24 Jahre alt und auf dem Höhepunkt ihres Ruhms. Ihre Yvette lebt von gelegentlichem Sex, den sie alten Männern verkauft und kauft eine Zeitung nur, um ihr Horoskop darin zu lesen. Im ganzen Film gibt sie keinen einzigen erwachsenen, gar vernünftigen Satz von sich. Mal kichert sie wie ein kleines Mädchen, mal schmollt sie, mal bricht sie in Tränen aus; es ist aus heutiger Sicht schwer zu verstehen, warum sich der Anwalt Gobillot in solch ein dauerhaftes Abenteuer stürzt. Yvette sieht gut aus, gibt sich verlockend, scheint aber völlig ungebildet zu sein. Plakatmotiv: Mit den Waffen einer Frau (1958) Das reicht, um die Männer in den Bann zu ziehen. Unwillkürlich stellt sich mir (Ende der 80er Jahre) die Frage, wie Mann und Frau damals ihre gemeinsame Zeit verbracht haben. Außer Sex, boshaften Sottisen und Schweigen scheint da nicht viel gewesen zu sein.

Gobillot, Mitte 50, ist eine angesehene Persönlichkeit in Pariser Juristenkreisen, der auch mal zu unlauteren Mitteln wie Zeugenbestechung greift, wenn es seinen Zwecken dient, und steckt gerade in einer Klemme, die ihm ein mehrjähriges Berufsverbot einbringen kann. Das wird nicht näher ausgeführt, scheint den Mann aber auch nicht weiter zu belasten. Die Männer regieren in diesem Film die Welt und machen die Gesetze. Und sie sind einsam. Gobillots Ehe ist kinderlos geblieben. Er ist überzeugt, „meine Frau braucht mich nicht“ und erzählt einmal von seiner Mutter, die ihn nicht sonderlich geliebt habe. Für ihn ist Yvette, dieses hilflose blonde Püppchen, gleichzeitig Kind-Ersatz und die Frau, die ihn braucht, ihn bewundert – etwas, das er von seiner Ehefrau nicht bekommt. Ob Yvette ihn so aufrichtig liebt, wie sie ein ums andere Mal beteuert, oder doch nur den Ersatz für einen Vater sieht, den sie nicht hatte, bleibt fraglich, schließlich ist sie abhängig von seinem Geld. Dass sie auch andere Männer hat, stört Gobillot nicht, solange es Männer sind, die kommen und dann aber auch wieder gehen.

Gobillot stiftet der jungen Frau zunächst ein großes Appartement in Paris, später, als er einen Galan abschütteln will, der nicht wieder gehen will, eine Villa vor der Stadt. Sie gehen nie gemeinsam aus, sitzen immer nur in den eigenen vier Wänden, aber der alte Mann verliert sich zusehends in dieser Liebschaft und auch Yvette hat sich eingerichtet in diesem Beziehungskonstrukt. Als sie schwanger wird, ist beider Freude groß und Gobillots Ehe ohnehin nur noch Fassade.

So, wie der ganze Film Fassade ist. Er behauptet, er zeigt, aber er überzeugt nicht. Dass der alte Mann scharf auf die junge Frau ist, ist sogar heute noch nachzuvollziehen, nicht aber, darauf dann gleich ein ganzes Leben aufzubauen. Aus der zeitlichen Entfernung wirkt der Film mit seiner damals moralisch kritischen Geschichte wie eine Möglichkeit, den damaligen Star Brigitte Bardot möglichst häufig möglichst knapp bekleidet zu zeigen. Der damals 54-jährige Jean Gabin gibt dem Gobillot die souveräne Statur und dem Film die Gravitas des großen Stars. Zu (schau)spielen hat er hier wenig; die Chance, die 30 Jahre jüngere BB zu küssen, mag ihn gereizt haben.

Damals, 1958, mag die Aufnahme dieses Films in den Kinos anders gewesen sein. Aus heutiger Sicht trifft auf ihn zu, dass er schlecht gealtert ist.

Wertung: 4 von 7 D-Mark
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