Lei Li hat viel Talent am Schwert, doch der erfahrene Fechtmeister Lung besiegt ihn trotzdem. Um einem Schwur gerecht zu werden, trennt sich Lei danach den Arm ab und schwört, nie wieder auch nur einen Kampf zu bestreiten.
Von nun an arbeitet er in einem Gasthaus, wo er dem Spott der Leute ausgesetzt ist. Allem Ärger zum Trotz findet er dort auch seine große Liebe, Pa Hsiao.
Als der junge Schwerkämpfer Feng dem Verbrechen in der Gegend ein Ende bereiten will und sich mit dessen Quelle – Meister Lung – anlegt, wird er von diesem im Duell getötet. Lei Li hatte dem Jungen davon abgeraten. Außer sich vor Haß zieht Li auf einen scheinbar aussichtslosen Rachefeldzug …
Was dem Hollywood-Kino seine Western sind mit Geschichten aus dem 19. Jahrhundert, sind den Asiaten ihre, nun ja, wir müssen wohl analog sagen: Eastern. Ein Mann gegen viele Schurken zum Wohle der Zukunft. Diese Geschichte hier spielt wohl Anfang des 15. Jahrhunderts in China. Darauf deutet jedenfalls der einleitende Off-Sprecher hin, der erzählt, dass die Ära des Hongwu (1328 bis 1398) beendet sei, was zur Folge gehabt hätte, dass die Macht des Stärkeren und Warlords das Vakuum der Macht ausgefüllt hätten: „Der Sohn des Himmels, Hongwu, war gestorben. Im Reich der Mitte herrschten wieder Furcht und Unsicherheit, wie in der Zeit vor Hongwu, als die roten Turbane das Land durchzogen und die Mongolen des großen Khan vertrieben wurden. Selbst in den Schulen, die die alten Philosophien der alten Meister Kung-Fu-tse und Lao-tse lehrten, verfielen die Sitten. Die Schüler lernten den Schwertkampf und die Kunst des Bogenschießens nicht mehr, um Tao, den Weg zum tieferen Verständnis, und Yin, das Verständnis selbst, die unerschöpfliche Geduld, zu finden. Sondern, um für ihre Lehrmeister Reichtum und Macht zu gewinnen. Auch wenn Raub und Mord damit verbunden waren.“ Während der Sprecher uns aus dem Off in die Zeit einweist, schreitet ein ganz in Weiß gewandeter Mann, der im Titelvorspann schon zahlreiche Feinde niedergestreckt hat, über einen Weg voller blutender Leichen, sich gegenseitig mit Schwertern durchbohrend. „Gegen diese Rechtsbrecher standen einige auf“, erläutert die Stimme aus dem Off weiter, „die in Tao den Weg erkannt hatten. Sie setzten ihr Leben ein, ohne Aussicht auf Lohn oder Anerkennung. Nur, weil das innere Gewissen es ihnen befahl.“
Dieser Film erzählt die Legende eines großen chinesischen Helden. Zum dritten Mal. Denn streng genommen handelt es sich um eine Neuverfilmung oder eine Fortsetzung der Filme "The One-Armed Swordsman" und "The Return Of The One-Armed Swordsman" aus den 1960er Jahren. Die Taten dieses Einarmigen, Lei Li, sind in den Legendenschatz des chinesischen Volkes eingegangen, den sie sich noch heute auf Theaterbühnen und in den Hütten der Reisbauern erzählen. Jedenfalls war es eine finstere Zeit, in der die autoritäre Dynastie die Kontrolle verlor. Bald herrscht die Herrschaft des Schwertes.
Dramaturgisch übernimmt der Film Elemente des Italowesterns. Ein Hauch von Eine Handvoll Dollar breitet sich aus: Ein Einzelner steht gegen eine Übermacht der Unmoral. Eine Idee, die Eine Handvoll Dollar aus Akira Kurosawas japanischem "Yojimbo - Der Leibwächter" übernommen hatte. Beide, der Samurai und der Mann ohne Namen, leben in einer Zeit der Gesetzlosigkeit, in der man niemandem trauen darf und am besten selbst ein guter Kämpfer ist; bestenfalls um eine Ära des Gesetzes zu erstreiten. Im "Schwert des Gelben Tigers" verdingt sich der Held, nachdem er sich den Arm abgeschlagen und geschworen hat, nie wieder zu kämpfen, als oft verlachter Kellner in einem Wirtshaus. Das gebietet ihm sein Ehrenkodex. Erst, als ein neu gewonnener Freund stirbt – „Ich bin ein Krüppel. Ein Niemand. Und jetzt habe ich einen Freund!“ –, pfeift er auf den Kodex in ehrloser Zeit – „Ich komme nicht, um zu kämpfen. Sondern um zu bestrafen!“ – und beginnt seinen Rachefeldzug.
Die Künstlichkeit des komplett im Studio gedrehten Films irritiert. Wo im Western selbst die (im Studio) gedrehte Lagerfeuerszene noch den Hauch der originären Lagerfeuerromantik verströmt, schaffen es die Shaw-Brothers (die sich im Vorspann deutlich als Produzenten platzieren) nicht, auch nur eine Szene so zu inszenieren, dass sie aussieht, als sei sie draußen in der Realität gedreht worden. Spielt aber letztlich auch keine Rolle: Der Film erzählt eine populäre Legende. Und also taucht er tief in die Irrealität solcher Legenden. Es sind großartige, ja geradezu irre Kampfsequenzen, die sich nicht um einen realistischen Anstrich scheren und auf deren Höhepunkt ein Mann in zwei Hälften zerteilt wird. Dieser Film hält sich nicht zurück. Er kümmert sich nicht um Realität – weder um eine historische, noch gar um eine physische. Der finale Kampf des einarmigen Helden gegen eine Übermacht gegnerischer Kämpfer ist eine Orgie in Blut und Fantasterei. Der wahre Heldengesang eines Minnesängers. Wenn die Legende zur Wahrheit wird, druck die Legende, wusste 1962 schon John Ford in Der Mann, der Liberty Vallance erschoss. Gemäß dieser Erkenntnis verfährt auch Cheh Chang neun Jahre später in seinem Film. In seiner Welt schlafen die edlen Kämpfer auf einem zwischen zwei Bäumen gespannten Seil wie auf einer Hängematte. Sie personifizieren die Martial Arts, die Kunst des Kampfes, die den plumpen Schlägern immer überlegen ist. Der Kämpfer mit den hehren Absichten obsiegt. Der einarmiger Held macht wahrlich keine Gefangenen.
Cheh Chang inszeniert diese Kampfszenen wie ein Ballett. Da schaltet ein Mann mit zwei Schwertern ganze Battailone aus, auch indem er auf auf ihn zielende Schwerter springt, auf ihnen mit seinem Schwert eine Pirouette dreht und damit sechs Gegner ausschaltet. Der Kampf wird zum Ballet wird zur Kunst. Irreal. Aber faszinierend.
"Das Schwert des gelben Tigers" ist ein auf das Nötigste reduziertes Drama: ein Mann, ein Wort, ein Schwert. Und die hohe Kunst des Balletts.