IMDB

Plakatmotiv: The Rose (1979)

Eine grandiose Bette Midler.
Eine grausame Geschichte.

Titel The Rose
(The Rose)
Drehbuch Bo Goldman & Bill Kerby (mit Michael Cimino & Marvin Worth)
Regie Mark Rydell, USA 1979
Darsteller
Bette Midler, Alan Bates, Frederic Forrest, Harry Dean Stanton, Barry Primus, David Keith, Sandra McCabe, Will Hare, Rudy Bond, Don Calfa, James Keane, Doris Roberts, Sandy Ward, Michael Greer, Kenny Sacha u.a.
Genre Drama, Musik
Filmlänge 125 Minuten
Deutschlandstart
8. Februar 1980
Inhalt

Die USA 1969: Mary Rose Foster ist als "The Rose" ein umjubelter Rockstar. Sie kommt zu einem Konzert nach New York City und ist nach langer Tournee und einem Leben mit reichlich Alkohol und Drogen völlig ausgebrannt.

Nächstes Ziel ist Florida, wo sie zum ersten Mal in ihrer Heimatstadt auftreten soll, was sie an ihre harte Vergangenheit erinnert. Dies soll vorerst ihr letztes Konzert werden, da sie dringend eine Pause benötigt. Ihr Manager Rudge will davon nichts wissen. Er war es, der aus einer völlig Unbekannten innerhalb von zwei Jahren einen Superstar aufgebaut hatte, und jetzt, wo sie endlich das große Geld verdienen, kann er nicht genug bekommen. Er unterschreibt Verträge für weitere Verpflichtungen, so dass Rose keine andere Wahl hat, als weiter zu machen.

Als der Country-Sänger Billy Ray ihr verbietet, ein weiteres Mal einen seiner Songs zu singen, dreht Rose durch. Sie flüchtet mit dem Fahrer Houston Dyer und verliebt sich in ihn. Nach einer durchzechten Nacht in New York endet die Nacht in ihrem Hotelzimmer. Rose meint, endlich einen Freund gefunden zu haben, der sie versteht. Doch die Beziehung leidet unter den wechselhaften Stimmungen von Rose.

Plakatmotiv (Wiederaufführung): The Rose (1979)In ihrem Heimatort in Florida trifft sie einen Tag vor dem Konzert ihre alte Freundin Sarah. Dyer trifft sie in einer zweideutigen Situation an, die er missinterpretiert, und verlässt sie erneut. Vor dem Konzert teilt Rose frustriert Rudge mit, dass dies vorerst ihr letztes Konzert sei. Rudge feuert sie daraufhin und will dieses Konzert, das ihr wiederum so viel bedeutet, absagen, während die Zuschauer bereits im Stadion warten. Rose ist entsetzt und fleht ihn an, seine Entscheidung wieder zu ändern. Als Dyer zu ihr zurückkommt, beruhigt sie das und sie ändert ihre Meinung. Sie will jetzt nichts mehr vom Konzert wissen und mit ihm nach Mexiko fliehen.

Rudge hatte natürlich nur gepokert und das Konzert nicht abgesagt. Er ruft sie an und entschuldigt sich. Sie ändert wiederum ihre Meinung und kehrt zurück, während Dyer sie endgültig verlässt. Rose bringt dies an den Rand eines Nervenzusammenbruches. Sie greift wieder zu Alkohol und Drogen und kann sich kaum auf den Beinen halten, als Rudge sie auf die Bühne zu jenem Konzert bringt, dem sie am meisten entgegengefiebert hat …

Was zu sagen wäre

Diese Frau ist eine Nervensäge. Sie ist egozentrisch, aufbrausend, weinerlich. Sie ist eine geile Sängerin und Performerin. Eine Künstlerin! Sie ist auch ein Energiepaket, ältere Generationen würden „ein Vulkan“ sagen. Und sie ist viele Millionen Dollar wert. Im Spannungsfeld zwischen Kunst und Kommerz lässt sich kein gesundes Leben führen, das wissen nicht erst, aber spätestens seit A Star is born, egal in welcher Fassung.

Der Zauber in Literatur und Film ist, dass wir uns in Nervensägen verlieben können. Im Alltag wenden sich alle ab, wenn Du eine Nervensäge oder gar ein veritables Arschloch bist; niemanden interessiert, warum Du so bist. In der Kunst wird die Geschichte einfach aus der Perspektive der Nervensäge erzählt – und plötzlich verstehst Du besser. Und Bette Midler spielt die Titelrolle. Sie ist die Nervensäge, in die ich mich sofort verliebe.

Wir lernen sie nach einem fulminanten Auftritt kennen, wenn sie klar macht, dass sie müde ist, eine Pause braucht, ein ganzes Jahr Pause am besten. Gleichzeitig lernen wir auch ihren Manager Rudge Kenton kennen, der ihr das laut schreiend auszureden versucht – „Das sind drei Millionen Dollar! Willst Du die einfach wegschmeißen??“ Rudge macht Termine um Termine, einen Gig nach dem anderen, er will das Eisen formen, solange es heiß ist. Er hat diese Sängerin entdeckt, sie aufgebaut, diese Nervensäge von den harten Drogen weggebracht. Und jetzt will sie einfach alles hinschmeißen? In einem Jahr ohne Auftritte, ist er überzeugt, kräht kein Hahn mehr nach ihr.

Aber Rose kann eben nicht mehr. Fast jeden Abend auf der Bühne, die Seele aus dem Leib singen, danach Presse und Sponsoren befriedigen, dazwischen Wein, Whiskey, Schnaps … das schlaucht. Und da ist auch dieses eine Konzert, dessen Erwartung sie schlaucht und antreibt gleichermaßen. In ihrer Heimatstadt in Florida will sie allen zeigen, dass sie es geschafft hat. Trotz all der Unbill, der diese Stadt sie ausgesetzt hat. Denn nicht nur war ihre Kindheit mit den strengen Eltern da hart, auch, dass die gesamte Footballmannschaft mit ihr geschlafen hat (was sie offenbar nur zuließ, weil der Teenager endlich irgendwo dazugehören wollte), hat ihren Ruf nicht gefördert. Denn die Footballmannschaft von damals sind die Arbeiter und Angestellten in der Stadt heute. Und als sie der Drugstore-Betreiber nicht als Rose erkennt und auch ein Polizist nicht, der das Konzertgelände bewacht, flippt sie ein weiteres Mal aus.

Plakatmotiv: The Rose (1979)Die Kunst dieses Films besteht darin, dass wir zu den bisherigen Überlegungen während des Films gar nicht kommen; erst später in der Kneipe. Während des Films geht uns diese Frau auf die Nerven, finden wir Manager Rudge unverschämt, verstehen wir gleichzeitig die Position der beiden. Und dann taucht Houston auf, der Chauffeur, der ihr Liebhaber wird, mit dem sich Rose eine Zukunft „in der Natur“ oder „in Mexiko“ vorstellen möchte, aber gleichzeitig nie aus ihrem Rockstar-Kosmos ausbrechen möchte, weil sie nur dort – glaubt sie – so richtig von allen geliebt wird.

Bette Midler tobt sich so richtig aus. Einerseits auf der Bühne, wo sie das Versprechen „Bette Midler in Concert“ eines Kinoplakates einlöst. Andererseits in dieser leidenschaftlich egozentrischen Frau, deren Schicksal fiktiv und lose an das tragische Leben der Rocksängerin Janis Joplin ("Oh Lord, can You Buy me a Mercedes Benz") angelehnt ist. Midler ist als Rose ähnlich wie als The Divine Miss M auf ihrer eigenen Konzertbühne. Und so ist sie auch als Rose zwischen den Gigs – nicht zu bremsen. Was dazu führt, dass ich ihre Schauspielerei vergesse und mit dieser Figur da auf der Leinwand bange oder diese Figur da oben verfluche. Midlers Spiel ist fantastisch.

Mark Rydell inszeniert die Geschichte intensiv. Er lässt den Zuschauern wenig Luft, um abstrakte Interpretationen im Kinosessel anzustellen. Auch Manager Rudge ist nicht nur der kapitalistische Finsterling, als den wir ihn kennenlernen. Er ist eben auch eine Art Unternehmer, der ein neues Produkt kreiert hat, das er nun mit all den daran hängenden Arbeitsplätzen am Laufen halten muss; das mag man nicht mögen wollen, muss es aber als wenigstens notweniges Übel akzeptieren. An diesem Punkt hätte ich Alan Bates ein, zwei Szenen mehr als jene verzweifelten Blicke während des tragischen Finales auf der Bühne gewünscht.

Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich Frederic Forrest (Apocalypse Now – 1979; Duell am Missouri – 1976; "Der Dialog" – 1974) als Houston, als The normal Guy, der Durchschnittstyp, der in dieses irre bescheuerte Business hinein stolpert und glaubt, er könne mit seiner Naturverbundenheit und Schlafsack-Romantik – mehrfach wird er als Cowboy bezeichnet, als jene Urform des US-Mannes – der entfesselten Musikmaschine ein Gewicht entgegenstellen.

Dabei ist eigentlich von vornherein klar, dass dieser Naturgewalt niemand etwas entgegenstellen könnte. Da sei ihre nervensägend brillante Egozentrik vor.

Wertung: 9 von 9 D-Mark
IMDB