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Plakatmotiv: Ich bin Dein Mensch (2021)

Ein verfilmtes Thesenpapier
über Mensch und Maschine

Titel Ich bin Dein Mensch
Drehbuch Jan Schomburg & Maria Schrader
nach einer Kurzgeschichte von Emma Braslavsky
Regie Maria Schrader, Deutschland 2021
Darsteller

Maren Eggert, Dan Stevens, Karolin Oesterling, Sandra Hüller, Hans Löw, Wolfgang Hübsch, Annika Meier, Falilou Seck, Jürgen Tarrach, Henriette Richter-Röhl, Monika Oschek, Inga Busch, Marlene-Sophie Haagen, Victor Pape-Thies, Amal Keller, Mignon Remé, Gabriel Munoz Munoz, Franz Schmidt, Christoph Glaubacker u.a.

Genre Komödie, Science-Fiction
Filmlänge 108 Minuten
Deutschlandstart
1. Juli 2021
Inhalt

Obwohl Alma wenig davon hält, erklärt sie sich bereit, für die Ethikkommission einen Bericht zur Frage abzugeben, ob man humanoide und kaum vom Menschen zu unterscheidende Roboter in Deutschland zulassen soll, und am dafür nötigen Experiment teilzunehmen. Denn für ihre Forschung am renommierten Berliner Pergamonmuseum kann sie die ihr im Gegenzug in Aussicht gestellte Förderung dringend brauchen.

Obwohl Liebe das Letzte ist, was sie aktuell im Leben zwischen viel Arbeit, einer gescheiterten Beziehung und der Sorge um ihren dementen Vater braucht, nimmt sie so den Partnerschafts-Roboter Tom bei sich auf. Eigentlich will Alma Tom nur in die Ecke stellen, um weiter ungestört ihrem Alltag nachgehen zu können.

Doch das ist gar nicht so einfach, denn Tom ist darauf programmiert, der perfekte Partner für sie zu sein und sie dazu zu bringen, sich in ihn zu verlieben …

Was zu sagen wäre

Deine Augen sind wie zwei Bergseen, in denen ich versinken möchte“, sagt der Roboter und überrascht seine Besitzerin bald darauf mit einem heißen Bad, Kerzenschein und Rosenblättern, die den Weg dorthin führen. Romantischer kriegt das Hollywood auch nicht hin. Davon träumen doch alle. Oder? Im richtigen Leben holt man sich mit Bergseen-Vergleichen, wenn es um die Augen der Begleiterin geht, ziemlich sicher eine Abfuhr. Der auf Liebe und Zugewandheit programmierte Roboter Tom jedenfalls kann mit solchem Kitsch nicht bei Alma, der kühlen Wissenschaftlerin, landen. Ein rosengebettetes Kerzenschein-Bad ist als Einladung zu Mehr zudem auch ziemlich drüber. Hollywood spiegelt eben nicht das richtige Leben. Hollywood ist wie Tom. Eine Maschine, eine Traumfabrik.

Wie menschlich kann eine Maschine, eine Fabrik schon sein? Anders gefragt: Wie soll ein Mensch umgehen mit einer Maschine, die wie ein Mensch wirkt? Die Frage ist in der Welt mindestens seit "Star Trek: Next Generation" oder Terminator 2. In "Next Generation" gab es den Androiden Data, der so gerne menschliche Empfindungen gehabt hätte und den jeder als Mensch ansprach. Der Terminator übernahm für einen pubertierenden Teenager die Rolle des großen Bruders, der ihn, koste es was es wolle, beschützen würde. Waren also Data und Terminator schon Menschen? Nur halt keine biologischen.

Maria Schrader holt die Frage aus der Science Fiction in den bundesdeutschen Alltag. Weg von High-Tech und Weltraum mitten hinein ins sehr heutige Single-Leben in Berlin. Wir haben Tamagochis groß gezogen, können uns nur schwer von unseren großäugigen Plüschtieren trennen, wenn wir aus dem heimischen Kinderzimmer ausziehen. Unser Hang, Tieren, ja sogar Dingen menschliche Eigenschaften zuzuweisen, ist schon seit Bambi keine Überraschung mehr. Der Reiz bei diesem Film ist, dass er diese sehr offensichtliche Prämisse für die Hauptfigur negiert. Alma ist Wissenschaftlerin. Sie forscht an antiken Keilschriften, versucht herauszufinden, in welchem Jahrhundert Poesie in die Keilschrift Einzug hielt. Ihr Freund hat sie kürzlich verlassen. Umso mehr stürzt sie sich in die Arbeit. Da kommt ihr dieses Roboterprojekt gerade sehr quer: ein Roboter in Männergestalt, der ihr als Liebhaber nahe kommen soll? Nichts liegt ihr ferner. Finanziert aber ihre weitere Forschung.

Lässt man die außergewöhnliche Prämisse beiseite, entfaltet sich im Folgenden die Dramaturgie einer Romantic Comedy. Frau trifft Mann. Frau und Mann umkreisen einander. Frau lehnt Mann als Liebhaber ab. Es kommt zum ersten Kuss. Sex. Erschrockene Trennung. Nachdenken. Hinterher rennen, um die Liebe zu retten. Nur eben durchdekliniert zwischen Mensch und Maschine. Und so eine Maschine kann einem, auch wenn sie noch so sehr aussieht wie ein sehr attraktiver, zugewandter, höflicher Mann, extrem auf den Zeiger gehen: „Der gescheiterte Versuch ist in der Kommunikation das wichtigste Mittel, um meinen Algorithmus auf Dich zu kalibrieren. (…) Bald werde ich mit einer viel höheren Trefferquote Dinge sagen und tun, die Dir gefallen. Bald ist jeder Schuss ein Treffer.

Nur abheben tut der Film nicht. Ein visuelles Feuerwerk entfacht "Ich bin Dein Mensch" nicht. Ganz bei sich ist der Film in einer Szene, als Alma und Tom, der Roboter, eine Party besuchen. Sie treffen auf Almas Chef, einen Afrodeutschen, der nun sehr interessiert den Roboter auf seine Beschaffenheit hin abtastet, an den Haaren zieht, die Muskeln abtastet, in die Wange kneift und immer wieder „Ah ja“ sagt, „sehr interessant“. Er macht mit dem Roboter das, was Deutsche mit ihm, dem Afrodeutschen machen: Darf ich mal in Deine Haare fassen? Und Alma ist das nur peinlich, so kann man doch mit Tom nicht umgehen!

Das ist lustig. Das ist sogar Augen öffnend. Aber der Film braucht die große Leinwand nicht. Je länger er dauert, desto mehr wird "Ich bin Dein Mensch" zum verfilmten Thesenpapier. Nicht bestimmte Bilder im Kopf scheinen entscheidend, dass Maria Schrade den Film machen wollte. Sondern die Frage nach der Liebe, nach dem Wann-ist-ein-Mensch-ein-Mensch? Wunderbar, Maren Eggert als menschlich etwas eingetrocknete Wissenschaftlerin auf Selbsterkenntnis zu beobachten; oder Dan Stevens, der den Roboter Tom mit einem Markus-Lanz-artigen Jungs-Charme ausstattet und mit eckigen Bewegungen jederzeit deutlich macht, dass er tatsächlich eine Maschine ist. Eher TV-Standard aber die Rahmenhandlung, in der Alma mit den Ausläufern einer gescheiterten Beziehung zu kämpfen hat, einem unerfüllten Kinderwunsch und einem beruflichen Rückschlag. Schon klar: Über diese sehr menschlichen Alltags-Frustrationen sollen Alma und Tom zueinander finden, der Mensch und der Roboter. Aber auf diesem diesem Erzähl-Niveau finden eben auch Menschen-Junge und Menschen-Mädchen schon seit Jahren jeden Freitag um 20.15 Uhr in der ARD zusammen. In ähnlich simplen Bildern. Dem Roboter und der Keilschrift-Frau im Kino hätte mehr erzählerische und visuelle Eleganz gut getan.

Wertung: 4 von 8 €uro
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