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Plakatmotiv: Bad Moms (2016)

Eine derber Blick auf Mütter, die
doch auch nur Männer sein wollen

Titel Bad Moms
(Bad Moms)
Drehbuch Jon Lucas + Scott Moore
Regie Jon Lucas & Scott Moore, USA 2016
Darsteller

Mila Kunis, Kathryn Hahn, Kristen Bell, Christina Applegate, Jada Pinkett Smith, Annie Mumolo, Oona Laurence, Emjay Anthony, David Walton, Clark Duke, Jay Hernandez, Wendell Pierce, Leah McKendrick, Megan Ferguson, Lyle Brocato u.a.

Genre Komödie
Filmlänge 100 Minuten
Deutschlandstart
22. September 2016
Inhalt

Die junge Mutter Amy Mitchell versucht, Karriere und Familie zu balancieren. Das ist schwer und wird noch schwerer, als sie herausfindet, dass ihr Mann Mike, ohnehin keine große Hilfe beim Hüten der frechen Kinder, sie auch noch betrügt.

Amy platzt der Kragen, aus der braven Ehefrau wird eine "Bad Mom". Sie schmeißt ihren Mann raus und bekommt zusammen mit zwei anderen Müttern, der frivolen Carla und der braven Kiki, einen Geschmack davon, was Freiheit wirklich bedeutet: Das Trio hört auf, nett und perfekt zu sein, setzt fortan lieber auf Genuss – und das ziemlich unverschämt.

Muster-Mama Gwendolyn James findet den freizügigen Spaßtrip völlig daneben und versucht, mit Intrigen zu intervenieren. Amy aber sieht das nur als weiteren Kick …

Was zu sagen wäre

Dass Frauen, die im Leben alles sein wollen – erfolgreich im Job, klasse Mutter, Inhaberin abwechslungsreicher Quality Time – es schwer haben, ist kein großes Staatsgeheimnis (dass das selbe auch für Männer gilt, sei hier der gendergerechten Vollständigkeit halber erwähnt, auch wenn das seltener vorkommt). Dazu muss man nur an einem beliebigen Wochentag die Zeitung durchblättern. In den USA, so war neulich erst wieder zu lesen, hat das Mutter-sein an Schulen Auswüchse angenommen, die den Schul- und den Familienfrieden gefährden. Dort kann es passieren, dass ein Mensch der sein Kind im Auto sitzen lässt, während er selbst rasch einen Brief zur Post bringt, angezeigt wird und im schlimmsten Fall sein Umgangsrecht mit dem Kind verliert.

Vor diesem Hintergrund relativiert sich der reichlich derbe Ansatz, den diese Komödie über "Schlechte Mütter" wählt: Hier droht kein Entzug des Umgangsrechts, nur Muttertiere mit bebendem Mundwinkel, die sich unter all den gleichgestellten Müttern als etwas gleicher empfinden. Amy Mitchell, um die es hier geht, könnte mit zweitem Namen "Immer ein bisschen zu spät" heißen. Sie balanciert auf einem dünnen Seil zwei Kinder zwischen Schule, Nachhilfe und Nachmittagssport, einen Halbtagsjob in einem jungen Start-Up-Unternehmen, in dem sie unentbehrlich ist, weil alle anderen Arbeit mit Skateboardfahren oder Kicker-Tisch verwechseln, weshalb sie doppelt so viel arbeitet, wie sie müsste, und einen Ehemann, der ein Prachtexemplar dummbeuteligen, schwanzgesteuerten, Kind gebliebenen Männertums ist.

Dass den Männern in einem Film wie diesem die Deppen-Pascha-Macho-Rolle zufällt, liegt in der Natur der Sache und überrascht auch nicht. Die Autoren Jon Lucas und Scott Moore, die hier auch die Regie übernahmen, haben 2009 in ihrem Drehbuch ein paar Kumpels in den "Hangover" geschickt. Schon damals waren die Kerle nicht besonders helle, standen aber noch im Mittelpunkt des alkoholisierten Schwanks. Jetzt also drehen die Frauen auf. Für mich als Mann, der sich zwar ad hoc keines Chauvi-Mansplaining-Lümmel-Faulpelz-Fehltrittes bewusst ist, aber doch ein latent schlechtes Gewissen im Dunkel des Kinosaals zu verbergen sucht, ist es dann irgendwie auch beruhigend, dass Frauen offenbar doch nicht die besseren Menschen sind, sondern im Innern genauso verwahrlost wie die Männer. Bemerkenswert, dass Amy in dem Moment, in dem sie beschließt, eine „Bad Mom“ zu werden, sich nur noch um Party, Schwänze und Genuss kümmert, ihr Job keine Rolle mehr spielt und die Story in beide Richtungen extrapoliert – die einen Mütter sind faschistische Glucken, die anderen solche, die lieber noch einen Champagner trinken, und den Kindern durch alkoholisiertes Verschlafen beibringen, sich gefälligst selbst um ihr Frühstück zu kümmern; alt genug sind sie ja.

Das ist witzig anzuschauen und regt zum Nachdenken an, was Mütter leisten. Aber einen guten Film macht das alles nicht, eher ein flott formuliertes Thesenpapier. Das kommt dabei raus, wenn Frauen in einem von Männern geschriebenen Film unter der Rege eines Mannes auftreten. Es hilft an der Kinokasse, dass die Hauptfigur der sich tapfer durchkämpfenden Amy von der attraktiven, niemals überarbeitet wirkenden Mila Kunis gespielt wird (Jupiter Ascending – 2015; Ted – 2012; Freunde mit gewissen Vorzügen – 2011; Black Swan – 2010).

Dass Amy dann trauert, als Mann, Kinder und der Hund das Haus verlassen und sie sich fragt, was sie falsch gemacht hat, unterstreicht die These über ein Muttergen: Nur die Mutter kann Kinder groß ziehen! Und damit verkauft dieser Film ein fragwürdig konservatives Familienbild. „Du bist die beste Mutter, die wir beide kennen“, applaudieren ihre beiden Co-Bad-Moms. „Du gibst Deinen Kindern Salat! Du erinnerst Dich an ihre Geburtstage!! Ich habe selbst gesehen, wie Du wartest, bis Deine Kinder schlafen und Dich dann erst zudröhnst. … Aufgeben ist für Väter!

Es gehört zu Hollywoodproduktionen mit Brachialhumor, dass alles drei Nummern zu hoch dreht – zu deutsch: alles mehr Otto Walles, weniger Loriot. Der junge Chef des Start-Ups schwärmt über seine fleißige, mit Anfang 30 die mit Abstand älteste Mitarbeiterin „Der History Channel hatte Recht. Ihr Kriegskinder seid super!“. Dann fällt ihm mitten am Tag ein „Oh shit, ich muss Rollschuh fahren gehen. Wollt Ihr mitkommen?“ Als in der Serie "Game of Thrones" John Snow stirbt, bleibt die ganze Firma eine Woche in Depression der Arbeit fern, bis auf Amy. Es kann nur an ihrem 50-Stunden-Halbtagsjob liegen, dass die Kaffeefirma so erfolgreich ist, wie es ist. Der zweite Mann in diesem Film, Amy Ehemann, ist schon nach zwei Telefonkonferenzen ausgelaugt und braucht dann erstmal ein Nickerchen, „Das war echt hart“, klagt er, während er auf dem Sofa TV guckend darauf wartet, dass seine Frau, die spät aus dem Büro kommt, ihm und den Kindern ein formidables Abendessen auf den Tisch zaubert. Anschließend zieht er sich in sein Büro zurück, wo er Fernsex mit einer Blondine am anderen Ende des Kontinents pflegt. Es gibt diese Männer. Es gibt diese Mütter – „Helikopter-Mütter, die Depri-Mütter, die Eislauf-Mütter, die Blogger-Mütter, die Cross-Fit-Mütter, die Schlampen-Mütter, die Alki-Mütter, die Mütter, die man flach legen will, die Mütter, die mal Väter waren, die Mütter, die ständig ihrem Arzt die Ohren voll heulen, die behaarten Mütter, die super hippen Mütter, die Mütter, die ständig Smoothie trinken, die Mütter mit den riesigen Brustwarzen, die schwarzen Mütter, die lesbischen Mütter, die geschiedenen Mütter, die geschiedenen schwarzen lesbischen Mütter“. Es gibt diese hyperventilierenden Schulorganisationen. Alles gebündelt in einem Film schießt dann aber doch am Ziel vorbei, uns etwas über die Unwucht im Leben von Müttern und Vätern zu erzählen.

Vielleicht leben wir ja gerade in einer Phase des Übergangs, in der Unwuchten im familiären Alltag populistisch angeprangert werden müssen – nicht sonderlich intelligent, aber plakativ erzählt – die irgendwann zu besseren Männern, besseren Vätern und besseren Komödien darüber führen.

Wertung: 4 von 8 Euro
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