Der kleine Salvatore, "Toto", liebt keinen Ort mehr, als das Kino in seinem Dorf. Der Filmvorführer Alfredo ist sein bester Freund. Ihm darf er über die Schulter gucken, wenn der die schweren Filmrollen in die Projektoren wuchtet und die neuesten Filme vorführt. Nach einem großen Brand im Kino, bei dem Alfredo schwer verletzt wird, führt Salvatore selbst all die Filme vor, die immer für Aufregung und volles Haus sorgen. Doch mit der Jugend kommt die Liebe zur schönen Elena. Das Militär ruft, Elenas Familie zieht weit weg, die Liebe bleibt am Boden zerstört zurück. "Toto" geht nach Rom, wo er ein großer Regisseur wird.
30 Jahre später erhält er die Nachricht, dass Alfredo gestorben ist. Zur Beisetzung kommt Toto zurück in sein sizilianisches Heimatstädtchen. Auch dort hat sich die Zeit weiter gedreht. Das Cinema Paradiso soll abgerissen werden, einem Parkplatz weichen. Alfredos Vermächtnis sind all die zensierten Szenen, die er in vielen Jahren aus so vielen Filmen herausschneiden musste …
„Das Leben ist nicht wie im Kino“, versucht Alfredo dem jungen Salvatore beizubringen. „Es ist viel härter!“ Wenn Filmemacher sich mit ihrem eigenen Sujet auseinandersetzen, bleibt selten ein Auge trocken. Giuseppe Tornatore, italienischer Filmemacher, aufgewachsen in Sizilien, erfolgreich geworden in Rom, erzählt hier nicht seine Geschichte. Aber irgendwie doch. Das Fischerdorf Giancaldo mag es auf Sizilien zwar nicht geben, aber gedreht hat Tornatore in Bagheria, seinem Heimatdorf auf Sizilien.
Es ist ein sentimentaler Blick in eine harte Nachkriegskindheit, die sich der Halbwaise Toto im Kino schön fantasiert. Da guckt er lauter Filme, die er zwar nicht versteht, aber allein, dass der örtliche Pfarrer Filmvorführer Alfredo bei jedem neuen Film zwingt, Kuss- und andere erotisch aufgeladene Szenen rauszuschneiden, macht diese Filme für den kleinen Jungen zu etwas atemberaubend Spannendem. Das Kino ist im Ort der zentrale Treffpunkt. Nicht auf dem Marktplatz, an dem es steht, sondern im Kino treffen sich jung und alt, reich und arm – auf den ersten Blick alle auf Augenhöhe. Aber natürlich sitzen auf dem Balkon oben die Reichen und spucken buchstäblich auf die Armen, die unten die Kinositze sowie die Gänge und jeden freien Platz besetzen. Wenn dann Chaplins "The Knockout" läuft, freuen sich die Kinder und die Erwachsenen. Wenn Renoirs "Nachtasyl" (1936), Viscontis "Die Erde bebt" oder Fellinis "Vitelloni" laufen, bohren die Kleinen gelangweilt in der Nase und die Erwachsenen heulen Rotz und Wasser oder toben im Saal, wenn wieder eine Kussszene rausgeschnitten worden ist.
Tornatores Blick zurück in die Kindheit ist durchflutet von dauerndem Sonnenschein auf der Piazza, von Abenteuern auf quietschenden Fahrrädern und dem Leben im Kino. Sein Blick in die Gegenwart findet einen erwachsenen Salvatore, erfolgreicher Filmregisseur, der in mondänen Räumen im Zentrum Roms lebt, aber da ist es gerade Nacht, also dunkel. Und zu lachen gibt es da augenscheinlich auch nichts, denn Salvatore guckt sehr ernst. Und wenn er nach 30 Jahren zurück ist in Giancaldo, verpesten Autokolonnen die Piazza, es regnet. Und das Cinema Paradiso ist eine Ruine, die übermorgen abgerissen wird. ”Es kam einfach niemand mehr ins Kino“, stöhnt der alte Besitzer.
Der Film belässt es dabei, dass Alfredo Salvatore bei dessen Abreise nach Rom beschwört, niemals in sein Heimatdorf zurückzukehren. Aber es fällt im Kinosessel dann doch schwer, sich trotz all des sentimentalen Zaubers da oben auf der Leinwand nicht zu wundern, dass Toto wirklich 30 Jahre alle Brücken hinter sich abgebrochen hat. Eine innere Erklärung dafür, eine aus Toto heraus, bietet der Film nicht an. Wie er überhaupt lieblos mit der Gegenwart umgeht, was soweit verständlich ist, dass es um das Sentiment durch das Kino von damals gehen soll. Daneben ist die Besetzung für die Szenen der Gegenwart schlampig. Salvatores Mutter ist heute eine uralte Frau, wohingegen Alfredos Witwe, die im Film älter ist als Salvatores Mutter, unwesentlich gealtert ist und so aussieht, wie Totos 30 Jahre älter gewordene Mutter heute aussehen müsste, die dafür wie seine Großmutter aussieht.
Es gibt (auch) von diesem Film einen Director's Cut (siehe unten), der 50 Minuten länger ist und eine andere Gewichtung vornimmt – weg vom Kino und Alfredo, hin zu der Liebesgeschichte. Diese Version kenne ich nicht. Vielleicht bekommt der Film da den Schliff, der aus vielen schönen, sentimentalen, bitteren, melancholischen Szenen ein wunderbares Ganzes macht. In der vorliegenden Fassung bleibt als emotionaler Höhepunkt lediglich das Vermächtnis des alten Filmvorführers, der Toto eine Filmrolle zusammengestellt hat, auf der er alle Kussszenen aneinander geklebt hat, die er über die Jahre hatte rausschneiden müssen. Da rollen in den Kinosesseln auf der Leinwand und vor der Leinwand die Tränen, denn Toto hat zwar seine große Liebe nicht gefunden, die wie ein loser Faden durch den Film mäandert. Aber die große Liebe, die Leidenschaft – sagt dieses Finale – gibt es ohnehin nur im Kino.
Im Leben geht irgendwann der Vorhang zu und das Licht wieder an. Deshalb brauchen wir das Kino. Um uns zurückzuerinnern an die Zeit, als das Leben auch schon nicht so war wie im Kino, aber wir noch ganz viele Zukünfte hatten.
Der Director's Cut
Neben der Kinofassung wurde ein knapp 50 Minuten längerer Director’s Cut angefertigt. Dieser verschiebt die inhaltliche Gewichtung des Films. Während in der Kinofassung die Beziehung zwischen Toto und Alfredo das zentrale Element bildet, rückt die Langfassung die Liebe zu Elena in den Mittelpunkt.
Nach seiner Rückkehr nach Giancaldo und Alfredos Begräbnis entdeckt Toto ein junges Mädchen, das ihn sofort an die junge Elena erinnert. Er folgt ihr und findet heraus, dass das Mädchen die Tochter seiner Jugendliebe ist. Nach anfänglichen Zweifeln überwindet er sich, Elena anzurufen, und er bittet sie, sich mit ihm zu treffen. Sie verwehrt ihm diesen Wunsch, ändert später aber ihre Meinung und es kommt zu einem emotionalen Wiedersehen. Salvatore will wissen, warum sie damals nicht wie vereinbart ins Cinema Paradiso gekommen sei. Sie erklärt ihm, sie sei sehr wohl dort gewesen, aber eben just in jener Zeit, als er gerade auf der Suche nach ihr gewesen sei. So sei sie auf Alfredo getroffen, der sie gebeten habe, sich nicht mehr mit Toto zu treffen, da er der Ansicht gewesen sei, diese Liebe könne dessen Zukunft gefährden. Alfredo habe versucht, sie davon zu überzeugen, dass es das Beste wäre, Salvatore hinter sich zu lassen. Sie sei sich aber unsicher gewesen und habe Toto eine Nachricht hinterlassen, die dieser allerdings nicht gefunden habe.
Durch sein Handeln ist aus Toto zwar ein erfolgreicher Filmemacher geworden, die Liebe seines Lebens blieb ihm damit aber verwehrt. Dreißig Jahre später finden Toto und Elena nun wieder zusammen und verbringen eine gemeinsame Nacht. Salvatore möchte ihre Liebe wieder aufleben lassen, doch Elena entscheidet sich für ihre Familie. Ihrer Meinung nach gibt es für ihre Liebe keine Zukunft, nur die Vergangenheit. So kehrt Salvatore nach Rom zurück und schaut sich die Filmrolle an, die Alfredo ihm hinterlassen hat.