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Plakatmotiv: Mr. Deeds geht in die Stadt (1936)

Ein großes Stück über den
Wert von Herz und Moral

Titel Mr. Deeds geht in die Stadt
(Mr. Deeds goes to Town)
Drehbuch Robert Riskin
nach der Kurzgeschichte "Opera Hat" von Clarence Budington Kelland
Regie Frank Capra, USA 1936
Darsteller

Gary Cooper, Jean Arthur, George Bancroft, Lionel Stander, Douglass Dumbrille, Raymond Walburn, H.B. Warner, Ruth Donnelly, Walter Catlett, John Wray, Stanley Andrews, Frank Austin, John W. Austin, Irving Bacon, Louise Bates, Bobbie Beal, Hank Bell, Billy Bevan u.a.

Genre Komödie, Drama
Filmlänge 115 Minuten
Deutschlandstart
16. Mai 1947
Inhalt

Longfellow Deeds aus einer Kleinstadt in Vermont ist ein einfacher Mann, der kaum mehr braucht, um wirklich glücklich zu sein, als Grußkartengedichte zu verfassen oder auf seiner Tuba zu spielen. Deeds erfährt, dass er der alleinige Erbe des 20-Millionen-Dollar-Nachlasses seines New Yorker Onkels Martin Semple ist, den er nur dem Namen nach kennt und der bei einem Autounfall in Italien ums Leben gekommen ist.

Bestimmte Dinge scheinen mit dem Erbe einherzugehen, darunter eine Villa voller Diener und ein gewisser Cornelius Cobb, der Deeds vor möglichen Räubern schützen soll – im Auftrag seines Arbeitgebers John Cedar, Onkel Martins Anwalt, der zu seinem eigenen Vorteil weiterhin bevollmächtigt bleiben will. Doch nicht nur Cedar, sondern auch andere Personen und Organisationen wollen einen Teil des Erbes für sich beanspruchen in der Annahme, Longfellow als einfältiges Landei über den Tisch ziehen zu können.

Deeds erweist sich jedoch als gewiefter Menschenkenner, der Cedar und andere gierige Opportunisten mit Leichtigkeit abwehrt. Die einzige Person, die an den Millionenerben herankommt, ist die Journalistin Babe Bennett, die sich allerdings als arme Arbeiterin Mary Dawson ausgibt. Babes Plan ist es, eine exklusive Geschichte über Deeds zu schreiben und ihn darin als rückständigen Trottel darzustellen. Als sich Deeds in sie verliebt und ihr ein Gedicht widmet, bekommt Babe Gewissensbisse …

Was zu sagen wäre

Der Film wird als Komödie annonciert, aber mir vergeht auf halber Strecke das Lachen. Die Geschichte spielt Mitte der 1930er Jahre hauptsächlich in New York, wo sich Arbeitslose, Literaten, Gauner, Adabeis und korrupte Anwälte tummeln. Dort hinein stolpert der freundliche Longfellow Deeds aus dem Städtchen Mandrake Falls in Vermont, „wo die Landschaft Dich entzückt und keine Sorge Dich bedrückt.

In Mandrake Falls leben die einfachen Menschen, die sich noch bei der Feuerwehr engagieren und im örtlichen Musikcorps; ein Städtchen, wo jeder jeden kennt. In Mandrake Falls leben also Menschen, die so sind, wie das Bild, das die meisten Kinogänger von sich selbst haben. Plakatmotiv: Mr. Deeds geht in die Stadt (1936) In den 1930er Jahren ächzten die USA unter der großen Wirtschaftskrise, der "Great Depression", die im Oktober 1929 mit dem Börsencrash am "Schwarzen Donnerstag" begonnen hatte. Zig Millionen Menschen sind arbeitslos und in New York, so möchte man glauben, leben jene, die dafür verantwortlich sind. Die Wall Street und die Börse werden in Capras  Film nicht genannt, aber es taucht ein Anwaltsquartett auf – „Cedar, Cedar, Cedar & Budington“ – dass für den verstorbenen Erblasser die Finanzen sortiert hatte und dabei offenbar ein paar Millionen verloren hat; es ist nur allgemein von Ungereimtheiten in den Büchern die Rede, was auf den Börsencrash hinweist, in dem auch Ungereimtheiten in den Büchern – Bilanzfälschungen, Schneeballgeschäfte, Spekulationen – das Land in den Abgrund stürzte.

Es waren Geschäfte, die der einfache Mann/Frau auf der Straße nicht mehr verstand. Ein solcher ist Longfellow Deeds. Freundlich, langmütig, hilfsbereit, was für die zynischen New Yorker gleichzusetzen ist mit dumm und leicht auszunehmen. Das aber ist Deeds eben nicht. Er durchschaut die offensichtliche Gier der allzu servilen Anzugträger, die ihm alle Arbeit abnehmen möchten und als die so nicht an Deeds' Geld kommen, versuchen sie, ihn vor Gericht für unzurechnungsfähig erklären zu lassen. Begründung: Deeds will vielen hundert Farmern und Landarbeitern, die in der Wirtschaftskrise ihr bisschen Land und Lebensunterhalt verloren haben, zu neuem Land verhelfen. Er kauft für 18 Millionen Dollar ein großes Stück Ackerland und schafft die Grundlage für 2.000 Bauernstellen; nach drei Jahren erfolgreichen Bewirtschaften soll das jeweilige Stück Land in ihren Besitz übergehen. Er verschenkt als den Großteil seines Erbes an Leute, die es nötiger haben als er: „Es ist so, wie auf der Straße vor meinem Haus. Sie führt einen steilen Berg hinauf. Jeden Tag beobachte ich die Autos, die da hinauf fahren. Manche fahren wie der Blitz bis nach oben, andere wieder müssen in den zweiten Gang schalten. Wieder andere spucken und stottern und rückwärts geht es wieder runter. Das Auto ist das gleiche. Das Benzin ist das gleiche und doch: Manche schaffen es und manche nicht. Und ich finde, die Burschen, die es bis nach oben schaffen, sollten mal anhalten um denen zu helfen, die es nicht schaffen. Plakatmotiv (US): Mr. Deeds goes to Town (1936) Das ist es, was ich mit meinem Geld mache!“ Ein unter den New Yorker Anwälten unerhörter Vorgang, „der unser Regierungssystem ins Wanken bringen würde“. (20 Millionen Dollar waren 1936, als der Film produziert wurde, grob geschätzt soviel wert, wie um die Jahrtausendwende rund 500 Millionen Dollar).

Und weil die Presse den „Aschenputtel-Mann“ zuvor schon zum lächerlichen Freiwild runter geschrieben hat, das Pferde mit Donut füttert und ohne Hosen sturzbetrunken durch die Straßen läuft, haben die Anwälte leichtes Spiel. Neben den Winkeladvokaten bekommt vor allem die freie Presse ihr Fett weg. hier geht es um Schlagzeilen und Stories, die sich besser verkaufen als die der Konkurrenz. Als Versager schimpft der Chefredakteur des "Morning Herald" seine Reporter aus dem Büro, die auf legalem Wege nichts über diesen Neu-Millionär in Erfahrung bringen. Nur die Reporterin, die sich als arme, arbeitslose "Lady in Not" ausgibt, kommt Longfellow nah genug, um anonym lauter Geschichten über ihn zu schreiben, die immer ein bisschen überzogen sind und den Ruf festigen, der mann aus Mandrake Falls sei ein unterbelichtetes Landei.

An dieser Stelle beginnt die Liebesgeschichte, die dem Film die einwandfreie Moral verpassen soll. Die Reporterin bekommt Gewissensbisse. und als sie im Gerichtssaal sieht, was sie mit ihren Artikeln angerichtet hat, wird sie zur großen Kämpferin für das Wahre und Gute, die in dem mittlerweile durch die vielen falschen New Yorker Schlangen demoralisierten und in sich zusammengesunkenen Deeds neue Lebensgeister weckt, die ihn zu einer großen Verteidigungsrede ansetzen lassen, an deren Ende der Richter nur noch feststellen kann, dass Mr. Deeds wahrscheinlich der einzige vernünftige Mensch im ganzen Saal sei. Die Anwälte liegen da schon geschlagen am Boden.

Der Film kostete die für damalige Verhältnisse gewaltige Summe von 800.000 US-Dollar. An den Kinokassen spielte der Film die Kosten aber problemlos wieder ein.

Wertung: 6 von 6 D-Mark
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