In New York City nehmen vier Männer – Mr.Blue, Grey, Brown und Green – einen U-Bahn-Zug als Geisel. Sie fordern eine Million Dollar Lösegeld für die Passagiere. Der zuständige Bahnpolizist Zachary Garber versucht, mit dem Anführer ins Gespräch zu kommen („Sie haben es mit der Stadtverwaltung zu tun. Wissen Sie eigentlich, was das für ein Wasserkopf ist?“), doch das Ultimatum läuft, nach dessen Beendigung die Ermordung der Passagiere droht.
Währenddessen versucht Warren Lasalle, Pressesprecher des Bürgermeisters von New York, diesen zur Zahlung des Lösegelds zu überreden. Der Bürgermeister liegt jedoch mit einer Erkältung im Bett und interessiert sich mehr für das Fernsehprogramm als für die Zahlung der Million Dollar aus der ohnehin klammen Stadtkasse. Erst als seine Frau darauf hinweist, dass er mit der Zahlung des Lösegelds weitere 18 Stimmen (die der Geiseln im Zug) bei der anstehenden Bürgermeisterwahl dazu gewinnt, gibt er das Geld frei.
Mit viel Glück und trotz eines sich unterwegs ereignenden Unfalls gelingt es, das Geld zu dem entführten Zug zu bringen. Damit sind die Geiseln eigentlich frei. Stellt sich bloß die frage, wie die Geiselnehmer versuchen werden zu entkommen?
Das New Yorker U-Bahnsystem. Unendliche Weiten. Kein Tageslicht. Eine Welt, die wir nur als Passagier in zu vollen, nach menschlichen ausdünstungen aller Art müffelnden Waggons kennen. Selbst über die Fliegerei meinen wir, mehr zu wissen. Flugzeuge werden entführt. Flugzeuge sind Schauplatz großer Katastrophenfilme. Als Kinder durften wir schon mal einen Blick ins Cockpit werfen. Aber die U-Bahn?
Die U-Bahn ist uns fremd. Aber es dauert keine fünf Minuten, da wollen wir den Kinosessel in „The Taking of Pelham One Two Three“ um nichts auf der Welt mehr räumen. Joseph Sargent (Der Tiger hetzt die Meute – 1973; Colossus – 1970) und sein Autor Peter Stone machen uns die fremde, abstrakte Welt von dunklen Tunneln, roten Lichtern und Todmann-Bremsen zugänglich. Manhattan. Großstadt. Gelbe Taxis. Blaue Cops. Das kennen wir. Eine U-Bahn rollt in eine Station. Im Führerhaus fragt ein Schaffner einen Azubi ab. Ausbildung. Nicht nur lernen wir schnell ein paar Gesichter, wir lernen auch, dass U-Bahn steuern mehr bedeutet, als Stationen aufzurufen. Während der Jazz des Soundtrackkomponisten David Shire im Takt der Eisbahn peitscht, betreten nacheinander betont unscheinbare Schnauzbartträger die U-Bahn. was Subway. Mehrere unscheinbare Männer mit augenscheinlich falschen Schnauzern betreten die U-Bahn, der Jazz von David Shire peitscht im Takt der Eisenbahn, die Entführung beginnt. In den ersten zehn Minuten steckt mehr Atmosphäre, als in manchem abendfüllenden Spielfilm insgesamt. Es verbietet sich, der Film als Actionthriller zu apostrophieren; auf Action hat Joseph Sargent weitgehend verzichtet. Er zieht seine Fäden über ein geschickt platziertes Personal, das er uns mit groben Strichen skizziert, sodass wir schnell mitfiebern.
Da sind die Männer im Hintergrund, das Personal, dass das gigantische U-Bahnsystem am Laufen hält – jeder Wichtige enthält eine kurze Geschichte, die uns das gesicht vertraut macht. Es sind alles Männer, Frauen sind erst seit kurzem im U-Bahndienst zugelassen und sorgen schon für Verdruss: „In der Fahrdienstleitung ist Frauenarbeit erst vor ‘nem Monat erlaubt worden und schon haben wir Ärger mit dem verdammten Frauenklo“, mosert Fahrdienstleiter Caz Dolowicz. Nebenan erfüllt Police Lt. Zachary Garber von der U-Bahnpolizei die ihm offensichtlich unangenehme Aufgabe, vier Japaner – „Direktoren der Tokioter U-Bahn“ – ihr System zu erklären – „Das ist unser Kaffeebecher-Picasso“. Er tut das lustlos in dem Bewusstsein, dass die Japaner ohnehin kein Wort verstehen. Als sich im U-Bahn-Netz die ersten Schwierigkeiten andeuten, lässt er die Japaner – „Bring die Affenköpfe bitte nach oben zum Commissioner!“ – in die Verwaqltung zurückbringen, die sich höflich – und in akzentfreiem Englisch – unter vielen Verbeugungen von Garber verabschieden. Garber, der pflichtbewusste Zyniker, wird gespielt von Walter Matthau ("Die Kaktusblüte" – 1969; Ein seltsames Paar – 1968; Der Glückspilz – 1966; "Angriffsziel Moskau" – 1964; Charade – 1963; Der Mann aus Kentucky – 1955), der sich seit einiger Zeit darum bemüht, sein Comedy-Spektrum auf dramatische Rollen zu erweitern – so ganz ohne Witz geht aber selbst die dramatischste Rolle bei ihm nicht ab.
Seinen Antagonisten, "Mr. Blue", spielt der große Brite Robert Shaw (Der Clou – 1973; Ein Mann zu jeder Jahreszeit – 1966; Die Panzerschlacht in den Ardennen – 1965; James Bond – Liebesgrüße aus Moskau – 1963) … er wird lächelnd cool eingeführt, gleich klar: Er ist der Boss! Effizient. Gnadenlos. Bedrohlich. Hector Elizondo als „Mr. Grey“ gibt den schießwütigen Unberechenbaren, Earl Hindman „Mr. Brown“, der eine bessere Statistenrolle hat und schließlich, nötig, um die Gangster nahbar zu machen, Martin Balsam ("Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert" – 1971; "Der Anderson Clan" – 1971; Little Big Man – 1970; "Tora! Tora! Tora!" – 1970; Catch-22 – 1970; Man nannte ihn Hombre – 1967; "Sieben Tage im Mai" – 1963; "Ein Köder für die Bestie" – 1962; Frühstück bei Tiffany – 1961; Psycho – 1960; "Die zwölf Geschworenen" – 1957; Die Faust im Nacken – 1954) als verschnupfter, kürzlich gefeuerter U-Bahnschaffner Harold Longman, bzw. "Mr. Green". Er ist das menschliche Gesicht des Terrors, der mit der persönlichen Motivation, der Gewalt eigentlich ablehnt. Balsam macht aus diesem Harold Longman das Portrait des buchstäblichen kleinen Mannes, der Pech hatte, aus der Bahn gerutscht ist und eigentlich nur seinen Frieden will. Ihm und Matthau gehört die fulminante Schlussequenz des Films, die zu den schönsten gehört, die das zeitgenössische Kino zu bieten hat.
Kein moderner Thriller kommt ohne Comic Relief aus. In diesem U-Bahnthriller ist das der an Grippe erkrankte Bürgermeister, dem die entführungsgeschichte extrem auf die Nerven geht: „Wir sagen ihnen, dass sie den verdammten U-Bahn-Waggon behalten dürfen. Wir haben davon mehr als genug, Den wird niemand vermissen.“
„Was ist mit den 18 Geiseln, Al? Wird die auch niemand vermissen??“
„Du weißt doch, wie es bei uns aussieht. Diese Stadt hat keine Million.“
„Tut mir leid, dann musst Du eines Deiner Schweizer Bankkonten räumen. Es gibt keinen anderen Ausweg.“
„So ein Mist!!“
Ganz nebenbei flechtet der Film einen Tritt in den Polithintern des Establishments.
Eine kurze Actionsequenz erlaubt sich Sargent dann doch, als die eine Million Dollar, in letzter Sekunde bewilligt, gezählt, verpackt und in Höllentempo von zwei Cops („Ich hab noch nie eine Million Dollar gesehen.“) durch das verstopfte New York gejagt wird – und schließlich an einem unvorsichtiger Fahrradkurier scheitert. Diese Aufnahmen aus dem realen Moloch Manhattan sind großartiges Kino.
Die Frage, wie die Geiselgangster dieses geschlossene System eigentlich unbehelligt verlassen wollen, stellt sich eher kurz, spätestens als in der Fahrdienstleitung von einem todsicheren System die Rede ist, das verhindert, dass führerlose U-Bahnen fahren können, ist klar, was passieren wird – der Begriff der Todmann-Bremse ist aber auch zu schön; das tut aber der Spannung keinen Abbruch, denn die Jagd auf die Gangster als Höhepunkt eines Heist-Movies ist gar nicht Sargents Sache, er bleibt lieber in der Nähe der gerade angesagten Katastrophenfilme.
Ein großartiger Thriller. Ein Klassiker der Kinogeschichte.
2009 dreht Regisseur Tony Scott eine neue Version des Stoffs: Die Entführung der U-Bahn Pelham 123.