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Kinoplakat: Zoomania
Smart erzählte Parabel über
die Völkerverständigung
Titel Zoomania
(Zooutopia)
Drehbuch Jared Bush + Phil Johnston + Byron Howard + Rich Moore + Jennifer Lee + Josie Trinidad + Jim Reardon + Dan Fogelman
Regie Byron Howard & Rich Moore & Jared Bush, USA 2016
Stimmen
Ginnifer Goodwin, Josefine Preuß, Jason Bateman, Florian Halm, Idris Elba, Oliver Stritzel, Jenny Slate, Britta Steffenhagen, Nate Torrence, Daniel Zillmann, Bonnie Hunt, Antje von der Ahe, Don Lake, Uwe Büschken, Tommy Chong, Frederick Lau, J.K. Simmons, Alexander Duda, Octavia Spencer, Marion Musiol, Alan Tudyk, Armin Assinger, Maurice LaMarche, Christian Brückner, Shakira, Isabel Fernández Casas, Raymond S. Persi, Rüdiger Hoffmann, Della Saba, Byron Howard, Ralph Ruthe, Jared Bush, Davis Shulz, Steven Gätjen, Özlem Evans u.a.
aufgeführt sind deutsche und US-Synchronsprecher
Genre Animation
Filmlänge 108 Minuten
Deutschlandstart
3. März 2016
Website zoomania-derfilm.de
Inhalt

Zoomania – die Stadt, in der Tiere leben. Alle Tiere. Alle Gattungen. Jeder Stadtteil ist ein anderer natürlicher Lebensraum für seine jeweiligen Bewohner – sie heißen Tundratown, Sahara Square, Little Rodenta oder auch Burrowborough. Hierhin kommt Judy Hopps, ein Landei mit großen Träumen. Sie startet eine Karriere als Polizistin.

Aber als kleiner Nager zwischen lauter großgewachsenen Kollegen wird sie nur belächelt. Judy darf Parksündern nachjagen. Hasen sind ihrer Natur nach ja eher ängstliche und zurückhaltende Tiere. Judy gibt also alles, um sich bei der Polizei in Zoomania zu behaupten. Dabei trifft sie auf den Gelegenheitsganoven Nick Wilde. Hase und Fuchs geraten schnell aneinander.

Doch schon bald überschatten größere Ereignisse das Treiben in Zoomania: In der Stadt verschwinden Tiere – Raubtiere; 14 werden schon vermisst. Judy hat mit diesem Fall nichts zu tun. sie schreibt immer noch fleißig Parksünder auf – und  atürlich hät sie den Rekord an Strafmandaten. Das macht sie in der Gegend unbeliebt und so werden ihre Träume immer kleiner und ihre Tage immer grauer und als sich sich bei Chief Bogo darüber beklagt, will der sie feuern.

Bogo kann mit dem Hasen ohnehin nichts anfangen. Judy einzustellen war eine politische Maßnahme, initiiert von der zweiten Bürgermeisterin, die ein Zeichen für den Slogan der Stadt setzen will – „Hier kann es Jeder zu allem bringen!“, also auch ein Hase Polizist werden. Nun hatte Judy aber ihren Parksünder-Job kurz an den Nagel gehänhgt, um einen Ladendieb zu schnappen. Sie war erfolgreich, hat dabei Passanten gerettet – aber eben gegen den Befehl des Chiefs verstoßen.

Der Zufall hält sie im Job. Der Zufall heißt Miss Otterten, ist eine Otter-Dame und kämpft seit zehn Tagen verzweifelt um Gehör bei der Polizei. Ihr Mann ist nämlich verschwunden. Bogo wimmelt sie immer ab, aber jetzt verspricht ihr Judy zu helfen, was wiederum die stellvertretende Bürgermeisterin mitbekommt und darin eine weitere Chance für ihr Integrationsprogramm sieht.

Nun hat Bogo keine Möglichkeit mehr, Judy zu feuern und die hängt sich gleich voll rein in einen Vermisstenfall, in dem es kaum Unterlagen gibt, aber das wenige, was Judy hat, reicht, um Nick Wilde zu suchen und zu überzeugen, ihr zu helfen. Judy hat ziemlich stichhaltige Argumente. Zähneknirschend willgt der Fuchs also ein und bald stehen beide dem mächtigen Unterweltboss Mr. Big gegenüber, wenig später einem wild gewordenen Raubtier. Und noch etwas später vor den Mosaiksteinen einer großen Verschwörung, die den Frieden unter den Tieren in Zoomania bedroht …

Was zu sagen wäre

Und die Tiere, Raubtiere und Beutetiere, lernten, ihre Aggressionen zu kanalisieren, lernten miteinander in einem gewaltigen Utopia zu leben – und wurden zu Menschen – mit all deren schlechten Eigenschaften. Das ist die erste Botschaft dieses Films, der im Original „Zootopia“ heißt, was besser passt als der seltsame, ins Nichts abdriftende deutsche Titel.

Diese Stadt ist ein Utopia – und dass es Taschendiebe und Trickdiebe und arrogante Kerle und gerissene Füchse gibt, mag das große Wunder dieser Stadt nicht trüben. Es gehört zum Wesen einer Parabel, dass die Tiere für menschliche Eigenschaften stehen. Und in dieser Hinsicht hat „Zootopia“ einige faustdicke Überraschungen in petto. Der Film entwicklet sich zu einer Utopie über das Zusammenleben der Völker und den Abbau von Vorurteilen – ein Hase ist nicht automatisch ängstlich, ein Fuchs nicht automatisch gerissen böse, ein Raubtier nicht per se eine Bedrohung und mit dem berüchtigten „Gedächtnis wie ein Elefant“ ist es auch nicht so weit her.

Alles in allem herrscht Frieden unter diesen mannigfachen Völkern, die naturbedingt in ihren jeweiligen Vierteln leben – Mäuse brauchen nun einmal kleinere Häuser, Straßen und Geschäfte als Elefanten. Hasen brauchen eine andere Umwelt als Panther. Schon hier spielt der Film seine Klasse aus. Zwar werden die Tiere vermenschlicht, der Film nimmt ihnen aber nicht ihre Würde – sie bleiben in ihrem natürlichen Habitat, werden von den Autoren nicht in unpassende Mietshäuser geschrieben. Die Disney-Leute sind eigens nach Afrika gereist, um sich Inspirationen zu holen und wurden am Wasserloch fündig. Dort beobachteten sie Raubtiere und Beutetiere, die sich nichts tun. Die einen beobachten die anderen aufmerksam, aber Raubtiere greifen im allgemeinen nicht aus Boshaftigkeit an, sondern nur, wenn sie Hunger haben – unds am Wasserloich haben sie Durst. Aus dieser Beobachtung entstand die Grundstruktur zu „Zootopia“.
Und die Verständigung unter den Tieren, der alltägliche Friede, muss wirklich groß sein, denn die Polizei, die ihn aufrecht erhalten müsste, wäre er denn gefährdet, scheint nicht sonderlich clever zu sein.

Kinoplakat (US): ZootopiaDer Fall der 14 vermissten Raubtiere, wegen dem der Bürgermeister – natürlich ein Löwe, der König der Tiere  – dem Chief Druck macht, gammelt vor sich hin. Und dann stolpert Officer Judy Hopps, befasst mit einem – ebenfalls – Vermisstenfall mal eben über 14 Verschwundenen und deckt dabei auch gleich noch eine groß angelegte Verschwörung auf. Diese Ausgangssituation ist beim ersten Hinsehen dünn, beim zweiten Hinsehen langweilig, denn sie ist von keiner eigenen Idee, keiner Kreativität getragen. Das haben wir einfach zu oft auf der Leinwand gesehen.

Aber ohne diese Ausgangssituation – cleveres Landei mit naivem Optimismus, doofe Großstadt-Cops in mürrischem Zynismus – würde der Film nicht losgehen können und würde sich in den lustigen Szenen verlieren, die die Trailer im Vorfeld angedeutet haben. Statt dessen nutzt er diese simple Struktur des Erkenne Deine Stärken, Sei Du selbst und überwinde die Hürden für das Wunder, das nicht nur in der Stadt Zoomania, sondern eben auch hinter diesem Film steckt.

Dieser bunte, fröhliche Trickfilmspaß ist mehr, als ein bunter, fröhlicher Trickfilmspaß. Während draußen in den Straßen der Städte und Gemeinden Menschen voreinander Angst haben, weil die Anderen eine schwer zu durchschauende Religion haben, eine andere Hautfarbe haben oder auch nur ein anderes Frauenbild, steht hier ein vorgeblich einfach bunter, fröhlicher Trickfilmspaß der eben diese Angst vor dem Anderen aufspießt und clever in die bunte, fröhliche (und sehr lustige) Story packt.

Obwohl mir im Kinosessel dauernd gesagt wird, ich solle nicht urteilen, bevor ich gesehen habe – weil ich meine zu wissen, ein Gepard ist ein Gepard bleibt ein Gepard – überrollt mich, der ich lauter Vorstellungen habe, wer hinter der Verschwörung stecken muss, das Drehbuch ein ums andere Mal dadurch, dass es meine Vorurteile als eben solche entlarvt – und natürlich jemand anderes die Fäden der Verschwörung zieht. Das ist auf der Meta-Ebene eine ganze Menge, was so ein knallbunter Trickfilm liefern kann, während im Kinosaal rund 300 Kinderaugenpaare gebannt zusehen, wie Hase und Fuchs Freunde werden.

Dass ausgerechnet Hase und Fuchs zusammenarbeiten müssen und darüber Freunde werden, kann noch unter „klassische Buddy-Movie-Besetzung“ abgehandelt werden, aber dass sich die Mentalität hinter dieser Buddy-Idee durch das gesamte Personal dieses Films mäandert, macht sie zu einem Schwerpunkt dieses Films: Schaut hin. Urteilt dann. Lasst das Hinschauen nicht weg! Beinah wäre die Buddy-Idee zum Rohrkrepierer geworden: Die Website io9.gizmodo.com meldet im Januar 2016, sechs wochen vor Filmstadrt, ursprünglich seien die beiden Hauptrollen vertauscht gewesen; Fuchs Nick sollte die Hauptrolle haben, Hoppelhase Judy eher die des naiven Sidekicks.

Erst im November 2014 fiel die Entscheidung, den Hasen in den Mittelpunkt zu stellen. Während Nick die Stadt Zootopia von Beginn an als Lüge und Farce versteht – niemand könne sein, was er wolle, niemand einfach alles werden, sagt er mehrfach in der ersten Hälfte des Films – ist Häsin Judy voll des Optimismus, glaubt an die Zootopia-Idee und deren Versprechungen. Die Wahrheit liegt bekanntlich immer irgendwo dazwischen – erst durch diesen Switch können sich beide Charaktere entwickeln. Dieser Switch gibt dem Film Tiefe über seine 100 Minuten hinaus.

„Angst“, sagt das bösartige Mastermind am Ende, „Angst funktioniert immer!“ Und meint: Angst kann auch dieses fröhliche, aufgeklärte, vielseitige Utopia zerstören. Diese Botschaft nehmen die 300 Kinder im Saal mit nach Hause und werden ihren Eltern sicher ein paar Fragen stellen, wenn das nächste Mal Nachrichtenbilder über den Bildschirm laufen. Die Disney-Studios, die den Film produziert haben, können sich glücklich schätzen, dass sie vor einigen Jahren die Pixar-Studios übernehmen durften und seither Pixar-Boss John Lasseter, der auch hier als Executive Producer fungiert, als einen ihrer kreativen Direktoren an Bord haben.

Wertung: 7 von 8 €uro
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