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Kinoplakat: Wilde Kreaturen

In Memoriam "Wanda"
ein blasser Ersatz

Titel Wilde Kreaturen
(Fierce Creatures)
Drehbuch John Cleese + Iain Johnstone + William Goldman
Regie Fred Schepisi & Robert M. Young, USA 1997
Darsteller

John Cleese, Jamie Lee Curtis, Kevin Kline, Michael Palin, Ronnie Corbett, Carey Lowell, Robert Lindsay, Bille Brown, Derek Griffiths, Cynthia Cleese, Richard Ridings, Maria Aitken, Michael Percival, Fred Evans, Lisa Hogan u.a.

Genre Komödie
Filmlänge 93 Minuten
Deutschlandstart
19. Juni 1997
Inhalt

Der Marwood-Zoo in der Nähe von London wird an das Unternehmen Octopus Inc. verkauft. Der Besitzer von Octopus Inc., Rod McCain, verlangt, dass alle Unternehmen seines Konzerns eine hohe Rendite von 20 Prozent erwirtschaften. Um dies zu erreichen, sollen nur noch tödliche und gefährliche Tiere im Marwood-Zoo präsentiert werden. Die gelten als publikumswirksamer.

Die ehrgeizige Managerin Willa Weston und der Sohn des Chefs, Vince, werden beauftragt, die Vorgaben umzusetzen. Als einige Tiere des Zoos als zu harmlos und nicht publikumswirksam genug eingestuft werden, erklärt sich der Direktor des Zoos, Rollo Lee, bereit, sie zu töten. Angeblich müsse er in seinem Job Härte zeigen, denn Octopus Inc. werde durch Terror regiert. Tatsächlich versteckt Lee die Tiere in der eigenen Wohnung. Die anderen Tiere werden unter anderem durch vorgetäuschte Unfälle als sehr gefährlich dargestellt.

Weston und McCain kommen nach England, um die Leitung des Zoos zu übernehmen und stufen Lee in der Mitarbeiterhierarchie herunter. Während er sein neues Büro im ehemaligen Raubtiergehege bezieht, finden Lees Mitarbeiter heraus, dass die angeblich getöteten Tiere in Wirklichkeit gar nicht tot sind. Weston und McCain bekommen mit, wie zwei junge Tierpflegerinnen aus Dankbarkeit Rollo küssen. McCain ist angeekelt und verwarnt Lee, Weston ist fasziniert.

Teaserplakat: Wilde KreaturenBei einem Inspektionsbesuch offeriert Rod seinem Sohn, dass der Zoo wegen mangelnder Rentabilität dicht gemacht und in ein Golfresort umgewandelt werden soll. Außerdem teilt er ihm mit, dass er sich im Todesfall cryogenisch behandeln und sein Geld für eine spätere Wiedererweckung in eine Stiftung stecken werde, so dass sein Sohn leer ausgehe …

Was zu sagen wäre

Ganz lustig, unterhaltsam, gar nicht schlecht. Aber "Fierce Creatures" muss sich an seinem Vorgänger Ein Fisch namens Wanda messen. Und da zeigt sich: Thema verfehlt. Wenn Hollywoodproduzenten den Markenkern eines Erfolgsfilms zu erkennen glauben, muss man davon ausgehen, dass sie daneben liegen. Der Markenkern der "Fierce Creatures" liegt im Culture Clash aus Briten und Amerikanern.

Dauernd bekommen wir hier breitbeinige US-Geschäftsleute serviert, die dem sensiblen Briten Moral diktieren wollen, die sich auch in der Kasse rechnet. Daraus ergeben sich einige schöne Slapstickmomente. John Cleese, der mit seinen Monty-Python-Freunden Terry Jones und Michael Palin hauptsächlich für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, hat sehr schöne Dialoge und Wortzaubereien ersonnen. Aber er hat den Wanda-Coup nicht wiederholen können.

Na klar: Es sind viele Schauspieler von 1988 wieder dabei. Aber die Geschichte als solche ist plump und wirkt, als habe ein Drehbuchstudent im ersten Semester beim dritten Frust-Bier mal aufgeschrieben, was ihm so einfällt über Amerika, Kommerz, Alte-und-Neue-Welt und dramaturgische Elemente. Letztere sind die Zootiere. Für die können Zuschauerinnen und Zuschauer im Kinosessel mitfiebern. Aber der Film erzählt dann eben nichts anderes, als eine moderne David-gegen-Goliath-Geschichte.

Ein Fisch namens Wanda, dessen Erfolg an der Kinokasse die Basis für diesen Film war, erzählte eine Räubergeschichte, in der sich die Räuber gegenseitig übers Ohr hauen. Der Culture-Clash zwischen Briten und Amerikanern kam nur zufällig über die Besetzungsliste hinein, war aber für den Erfolg des Films maßgeblich. Jetzt wird dieser Unterschied zum Motiv für den ganzen Film. Das langweilt bald. Auch, weil die Story des großen Bosses, der auf Profit setzt und damit Menschen (und Tiere) gefährdet, so durchgenudelt ist. Bestenfalls mag ich sagen, es handelt sich um eine Satire auf die Freizeitindustrie und ihre Auswirkungen, die mit schwarzem Humor gemischte vergnügliche Unterhaltung bietet.

Kevin Kline, heimlicher Star des Vorgängers (French Kiss – 1995; Dave – 1993; Grand Canyon – 1991; Ein Fisch namens Wanda – 1988; Silverado – 1985; Der große Frust – 1983), muss seine Energie hier auf zwei Figuren aufteilen – Vater und Sohn –, das deutet an, wie unterkomplex jeder einzelne Charakter ist – im Vergleich h zu Kline sehr Vielschichten Otto in Wanda. Und auch die Charaktere, die John Cleese und Jamie Lee Curtis spielen, sind jetzt nicht sofort schlecht. Nur eben auch nicht überraschend.

Unterm Strich sehen wir einen schon unterhaltsamen Film mit manch schönen Dialogen und süßen Tieren in einer sehr durchschaubaren Story. Da hilft es wenig, dass die Handlung mehrere Anspielungen auf Wanda einbaut. John Cleese nennt etwa Jamie Lee Curtis einmal Wanda anstatt Willa und wird von ihr korrigiert.

It’s an equal not a sequel“, verkündet Kevin Kline („ein gleichwertiger Film und nicht bloß eine Fortsetzung“), was es aber nur halb trifft. John Cleese sagte später auf die Frage, was er anders angehen würde, könnte er sein Leben noch einmal leben, zwei Dinge würde er nicht wieder tun: seine dritte Frau heiraten und "Wilde Kreaturen" machen.

Wertung: 4 von 11 D-Mark
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