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Plakatmotiv: Nur 48 Stunden (1982)

Ein bleihaltige Romanze
in hartem Macho-Dur

Titel Nur 48 Stunden
(48 hrs.)
Drehbuch Roger Spottiswoode + Walter Hill + Larry Gross + Steven E. de Souza
Regie Walter Hill, USA 1982
Darsteller
Nick Nolte, Eddie Murphy, Annette O'Toole, Frank McRae, James Remar, David Patrick Kelly, Sonny Landham, Brion James, Kerry Sherman, Jonathan Banks, James Keane, Tara King, Greta Blackburn, Margot Rose, Denise Crosby u.a.
Genre Action, Komödie
Filmlänge 96 Minuten
Deutschlandstart
29. April 1983
Inhalt

Der Räuber Albert Ganz verbüßt eine Haftstrafe und ist mit einer Gruppe von Häftlingen bei Außenarbeiten beschäftigt, als er von seinem Freund Billy Bear befreit wird. Dabei erschießen sie zwei Aufseher. Beide begeben sich nach San Francisco, wo sie einer halben Million Dollar hinterherjagen. Am selben Tag muss der Polizist Jack Cates die Ermordung seiner Kollegen VanZant und Algren miterleben, die versucht hatten, Ganz festzunehmen.

Ganz und Billy Bear entführen die Freundin ihres ehemaligen Komplizen Luther und fordern von diesem die Herausgabe von 500.000 Dollar aus einem Bandendiebstahl.

Cates versucht die Gangster mithilfe des Strafgefangenen Reggie Hammond zu finden. Hammond gehörte zur Bande Ganz' und ist mit diesem verfeindet. Cates erhält die Erlaubnis, Hammond für 48 Stunden aus dem Gefängnis zu holen. Für die nächsten zwei Tage ist das ungleiche Paar aufeinander angewiesen. Der mürrische, wortkarge Cates und die Quasselstrippe Hammond raufen sich irgendwie zusammen und gelangen auf die Spur der Gangster, indem sie vor dem Parkhaus, in dem Hammonds Cabrio mit dem Geld seit drei Jahren parkt, auf Luther warten.

Die erste Geldübergabe in einer U-Bahn-Station können sie lediglich vereiteln; Ganz, Bear und Luther entkommen. Bei der zweiten Geldübergabe in einem Bus erschießt Ganz Luther und Cates und Hammond werden abgehängt …

Was zu sagen wäre

Das schlaucht vielleicht“, knurrt Detective Jack Cates: „Irgend so ein Irrer kriegt meine Kanone in die Hände, läuft damit durch die Straßen und knallt Leute ab. Und ich, anstatt da zu sein, wo ich hingehöre, im Bett bei meinem Mädchen, um ihr einen ordentlichen Fick zu verpassen, muss nachts hinter diesem Irren herlaufen. Und das mit einem kohlrabenschwarzen Knackie, der ausstaffiert ist, wie der letzte Hinterhof-Lude. Du hast doch nichts anderes im Kopf, als wo Du Dein dickes dummen Ding parkst.“ Ein Sympathieträger ist er nicht, dieser übergewichtige weiße Cop mit rassistischen Macho-Allüren. Aber das ist ja oft der Anfang einer romantischen Geschichte.

Ja, der Film, auf dessen Plakat Reggies Mittelfinger, Handschellen und eine Knarre Richtung Betrachter blinken, ist in seinem Inneren ein Liebesfilm zwischen zwei Männern, ohne dass diese Liebe mit Sex oder Romantik zu tun hätte. Cates, der sich den rassistischen Macho umlegt wie einen Polizeipanzer („Das ist nicht so gemeint. Ich wollte Dich unten halten, verstehst Du?“) ist kein dumpfer blonder Bulle. Er ist runter mit den Nerven – Scheiß-Job mit Arbeitszeiten den Zank-Kontakt mit der eigentlichen Freundin aufs Fernmündliche beschränkt. Damit steigt Walter Hill (Die letzten Amerikaner – 1981; Long Riders – 1980; Die Warriors – 1979; Driver – 1978) in seinen Actionfilm ja auch ein: Mies gelaunt beginnt Cates seinen Tag, hebt sich schwerfällig aus dem Bett, streift sich die verschwitzten Klamotten vom Vortag und den Pistolen-Halfter über, kippt sich aus dem Flachmann einen Schnaps in den Kaffee, zankt sich noch einmal ärgerlich-routiniert mit der Freundin und begibt sich ins Büro. Sein Leben ist scheiße, kurz gesagt.

Und dann kommt Reggie ins Spiel. Reggie ist schwarz und cool bis in die Bügelfalten seines Armani-Anzugs, und vor allem gibt er keinen Anlass für Misstrauen im Kinosessel. Er sitzt seit zweieinhalb Jahren, hat noch sechs Monate vor sich und hat strikt vor, nie wieder ins Gefängnis zurückzukehren. Während Cates ihn anpöbelt und beleidigt und mit seinem Misstrauen überzieht, ist Reggie ein überraschter Charakter, sicher: ein Ganove, der sich, weil er kein Hühne ist, mit seinem scharfen Mundwerk durch den Unterwelts-Dschungel schlagen muss. Aber kein Betrüger. Nie vermittelt er den Eindruck, als wolle der den semmelblonden Cop austricksen. Kurz: Er ist ein ehrlicher Mensch, im harten Actiongenre ein weicher Charakter.

Aber er kann auch einer „semmelblonden Mütze“ wie dem Macho Cop Contra geben. Die Dialoge, die Roger Spottiswoode, Hill und Steven DeSouza geschrieben haben, sind nicht unbedingt romantisch, jugendfrei schon gar nicht. Aber sie haben Wumms: Die beiden verfolgen in Cates' himmelblauen Cadillac Luther, der Reggies Auto geklaut hat, das drei Jahre in einer Garage stand – der Nachbau eines Porsche 356 A Speedster. Cop Cates wundert sich: „Ich wusste gar, dass Ihr Mohrenköpfe an ausländischen Wagen Interesse habt.“ „Ja, weißt Du“, sagt Reggie, „ich hatte keine Wahl, ein weißer Querficker hat mir den letzten himmelblauen Cadillac vor der Nase weggeschnappt.

Anders gesagt: Die beiden verstehen sich, weil sie einen ähnlichen Blick auf die Welt – aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln heraus – haben. Mit Reggie kann Cates über seine B eziehungsprobleme reden, darüber dass es schwierig mit seinem „Mädchen“ sei, die „keinen Job bekommt, für den sie ausgebildet ist, das macht sie so sauer.“ Und weil im Kino selten Liebe und Freude auf den Beziehungen unterschiedlicher Geschlechter liegen, was einen Actionfilm ohnehin nur lähmt, beschert sich Hollywood nun zur Abwechslung wieder einmal ein Männer-Traumpaar.

Walter Hill reanimiert das Genre des Buddy-Movie gleich mit einer für den vermeintlich Schwächeren in dem Team grandiosen Szene, die am Premierentag dieses Films gleich in die Annalen Hollywoods einging: In einer Country-und-Western-Kneipe, reichlich dekoriert mit Südstaatenflaggen, mischt Reggie, der schmächtige schwarze Sträfling in dem Armani-Anzug einen Haufen „Hinterwäldler“ auf, nicht nur mit seiner schlagfertigen Zunge, sondern auch mit harter Faust: „Ich bin euer größter Albtraum: Ein Nigger mit Polizeimarke. Ich kann Euch zusammenschlagen, wann immer ich will. Ich kann Weiße und Rassisten nicht ausstehen!"

Diese Szene ist – in einem Film aus einem Land, in dem die Rassenunterschiede immer noch mächtig sind und in dem Rassenunterschiede auch im Film immer noch ein vorsichtig umtänzeltes Thema bedeuten, ein Hammer. In ihr spielt sich einerseits der Newcomer Eddie Murphy souverän und taff von Null auf 100 in den Olymp der Hollywood-Ikonen, und schmilzt der weiße Polizist Cates vor so viel Schlagfertigkeit dahin. Dann tragen sie erst einmal noch eine Prügelei aus, die uns im Kinosessel zeigen soll, dass Reggie auch sein Prügelhandwerk versteht und selbst einen bulligen Bullen wie Nick Nolte ("Die Bullen von Dallas" – 1979; "Dreckige Hunde" – 1978; Die Tiefe – 1977) durchaus auf Abstand halten kann. Dann bleiben die Handschellen weg, weil nun eine starke Herzensbindung die beiden aneinanderkettet. Und als die Trennung ansteht, erinnert uns das gefühlig an Humphrey Bogart und Ingrid Bergmann, als die in Casablanca voneinander Abschied nahmen.

Das Actionpaar dieses Films ist der Grundstein für den exzellenten Actionfilm, in dem James Remar (Long Riders – 1980; "Cruising" – 1980; Die Warriors – 1979) einen richtig guten Bad Guy spielt, der nicht erst wortlastik fackelt, sondern mit Stahlblick und geiler Lust gleich schießt.

Rund macht Hill seinen Film, weil er seine lebensnahen Figuren samt Action als Comic inszeniert. Denn es gibt ja noch „The Boys are back in Town“. Hill versteht es meisterlich, genuinen Countryrock in seinen Film zu integrieren. Der jazzige Score von James Horner und der Soundtrack mit krachenden Hits geleiten dieses Action-Romantic-Drama elegant wie ein himmelblauer Caddie.

Wertung: 9 von 9 D-Mark
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