Bud Fox träumt von Gordon Gekko. Der Broker-Frischling sitzt in einem Maklerbüro am Rande der Wall Street und versucht, Geschäfte – „todsichere Dinger“ – an seinen Kuindenstamm zu verticken. Die Dinger sind ebenso sichere Geldanlagen wie sie sicher kaum Provision abwerfen. Gordon Gekko dagegen … Gekko ist der Hecht im Karpfenteich, der Große Manitu, der Hai an der Börse, der an einem Tag Millionen verliert und am nächsten Tag doppet so viele Millionen gewinnt. Für ihn will Bud arbeiten. Bud will an das Ganz Große Geld!
Mit seinem Vater, einem Gewerkschafter und Flugzeugmechaniker verbindet Bud wenig. Und es gelingt ihm, in Gekkos Team aufgenommen zu werden. Dass er kriminelle Wege gehen muss, Insiderwissen einsetzen muss, stört ihn nicht lange; er genießt Geld, Macht und die Aufmerksamkeit der schönen Innenarchitektin Darien Taylor.
Erst, als Bud die Firma seines Vaters ans Messer geliefert hat und dadurch die Börsenaufsicht an die Tür klopft, wacht er aus seinem zu schönen Traum auf.
Er bietet Gekkos größtem Konkurrenten einen Deal an …
Eine Lektion in modernem Wirtschaften, wie es die verstehen, die nicht mehr in Produktion, in Bau investieren, sondern in Geld. Nicht länger rentiert sich der Bau eines neuen Wohnhauses, nicht mehr länger die Produktion eines neuen Autos. Es rentiert sich, in Gewinne oder Verluste zu investieren, Kurse nach oben zu treiben oder in den Keller zu jagen, um daraus Profite zu generieren. Woher dieses Geld kommt, ist egal – im vorliegenden Fall wird das am Beispiel einer Fluggesellschaft durchgespielt, die auf wackligen Beinen steht, durchaus zu sanieren ist, aber höheren Profit verspricht, wenn man sie zerschlägt und die Einzelteile zu Geld macht.
„Gier ist gut“, predigt Gordon Gekko im Film. „Sie hält unseren Wirtschaftskreislauf in Gang.“ In diesem Sinne inszeniert Oliver Stone sein Drama und schraubt sich Michael Douglas (Eine verhängnisvolle Affäre – 1987; "A Chorus Line" – 1985; Auf der Jagd nach dem Juwel vom Nil – 1985; Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten – 1984; Das China-Syndrom – 1979; Coma – 1978) in mephistophelische Doppelbödigkeit. Die Dynamik des Geldkreislaufs überträgt sich auf Kamera, Montage, Deko. Zahlen hasten vorbei, Menschen hasten vorbei, Schauplätze wechseln in Augenblicken. Die Optik: Hochglanz. Manhattans Glasfassaden schimmern im Abendlicht wie Goldbarren. Die Fäulnis, die immer nur eine Spekulation weiter wartet, lauert ununterbrochen; wobei Fäulnis hier schon das gehobene Zwei-Zimmer-Appartement in New York City bedeutet. Hast Du keinen Jet, bist Du eine Null. „Und wenn Du einen Freund brauchst“, höhnt Gekko, „kauf Dir einen Hund!“ Die Menschen waren selten verkommener als an Oliver Stones Wall Street.
Oliver Stone (geboren: 15.09.1946 in New York) arbeitete als Lehrer und Handelsschiffer in Südostasien, bevor er zum Kriegsdienst in Vietnam eingezogen wurde. Seine fünfte Regiearbeit widmete Oliver Stone seinem verstorbenen Vater, der Aktienhändler an der Wall Street war (Platoon – 1986; Salvador – 1986; Die Hand – 1981; Die Herrscherin des Bösen – 1974). "Wall Street" erinnert in der Drehbuchkonstruktion stark an Platoon: Wieder sucht Charlie Sheen nach dem wahren Vorbild, muss sich zwischen Gut und Böse entscheiden – hier der brave, ehrenwerte Vater, dort der skrupellose Gekko, der alles bietet, was man zum Leben brauchen möchte.
Der Film entstand unter Beratung von Börsenprofis und an Originalschauplätzen in New York. Zum ersten Mal durfte ein Filmteam während des Handels im Saal der New York Stock Exchange drehen.
Die Fortsetzung: Wall Street - Geld schläft nicht (2010)