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Kinoplakat: Verblendung

Dunkel, Böse, etwas Hollywood-Glanz
David Fincher verfilmt werkgetreu

Titel Verblendung
(The Girl with the Dragon Tatoo)
Drehbuch Steven Zaillian
nach dem Roman Verblendung von Stieg Larsson
Regie David Fincher, USA 2011
Darsteller

Daniel Craig, Rooney Mara, Christopher Plummer, Stellan Skarsgård, Steven Berkoff, Robin Wright, Yorick van Wageningen, Joely Richardson,Geraldine James, Goran Visnjic, Donald Sumpter, Ulf Friberg, Bengt C.W. Carlsson, Tony Way, Per Myrberg u.a.

Genre Thriller
Filmlänge 158 Minuten
Deutschlandstart
12. Januar 2012
Inhalt

Der Journalist Mikael Blomkvist ist nach einem Bericht, in dem er den schwedischen Wirtschaftsmogul Wennerström schwerer Wirtschaftsvergehen beschuldigte, von diesem wegen Verleumdung und angeblich falscher Recherche angezeigt und schließlich vom Gericht verurteilt worden. Nach der Verkündung dieses Urteils möchte Blomkvist der medialen Aufmerksamkeit in Stockholm entgehen und nimmt vom inzwischen im Ruhestand befindlichen Großindustriellen Henrik Vanger den Auftrag an, eine Chronik über die Familiengeschichte der Familie Vanger zu schreiben.

In Wirklichkeit will Vanger Blomkvists Aufmerksamkeit auf die Enkelin seines Bruders, Harriet Vanger, lenken, die im Sommer 1966 auf bisher nicht geklärte Weise verschwunden ist. Vanger bekommt jedes Jahr von einem anonymen Absender zu seinem Geburtstag mit der Post eine in einen schwarzen Bilderrahmen gepresste Blume. Er vermutet, dass sie ihm vom Mörder seiner Nichte geschickt wird, um ihn in den Wahnsinn zu treiben. Vor ihrem Verschwinden hatte ihm Harriet stets eine solche Blume zum Geburtstag geschenkt. Insgeheim hegt Vanger die Hoffnung, Blomkvist möge die Hintergründe des Verschwindens des Mädchens aufdecken.

Blomkvist lernt die hochintelligente, aber für unzurechnungsfähig erklärte Hackerin Lisbeth Salander kennen, die gelegentlich als Ermittlerin für eine private Sicherheitsfirma arbeitet. Mit ihrer Hilfe entdeckt Blomkvist neue Spuren: Das Verschwinden Harriets scheint mit einer Reihe sexuell motivierter Frauenmorde in Verbindung zu stehen ...

Was zu sagen wäre

Düster. Kalt. Brutal. Bisweilen grausam (wie die Romanvorlage). Konnte man von einer Hollywood-Produktion nicht unbedingt erwarten. Andererseits: von einem David Fincher (the social network - 2010; Der seltsame Fall des Benjamin Button - 2008; Sieben - 1995) schon. Er wird seiner Klasse gerecht. Seine Thriller-Verfilmung macht alle Fehler wett, die die schwedische TV-Verfilmung von 2009 gemacht hat.

Finchers Bilder bewegen, ohne nervös zu hampeln. Sein Schnitt ist präzise und zeigt Szenenübergänge, die durchdacht sind - und nicht einfach aneinandergeklebt. Er hält sich eng an die literarische Vorlage und interpretiert Larssons Text in bewegtes Bild, gleitet durch die Seiten, ohne abzuschweifen und ist alles in allem nur etwas moralischer als die Vorlage. Die Beziehung zwischen Blomkvist und Salander im Roman ist insgesamt etwas trockener, als der mit einer Liebesgeschichte überzuckerte Sexreigen, den Fincher zeigt. Bemerkenswert daher, dass die blutigen Bilder des Romans erhalten geblieben sind.

Handlungsfäden, die in ungedrehten Fortsetzungen eine Rolle spielen

Was ich Fincher ungerne durchgehen lasse, ist sein Hang zur Werktreue. Die meisten Handlungsfäden tauchen auf. Einige aber, die erst in späteren Romanen der Trilogie wichtig werden, verwirren eher oder gehen gleich ganz unter - Lisbeths Hacker-Kumpel etwa tauchen an entscheidender Stelle im letzten Fünftel auf und dass sie anfangs schon mal eine kleine Rolle spielten, habe ich da längst vergessen. Gut, dass ich das Buch kannte, so musste ich mich nicht mit der Frage aufhalten, woher plötzlich diese Hacker-Typen kommen. DSowas zieht den Film in die Länge, wobei er in der Auflösung dann gegenüber dem Roman Zeit spart, weil die ... anders ist.

Und dann, wenn der Harriet-Fall geklärt ist, beginnt im Roman die Vorbereitung auf die Fortsetzungen, denn die große Storyline hat ja noch kaum begonnen. Das fällt dem Film sichtbar schwer. In rascher Bildfolge handelt Fincher (fast) alles ab, was im Buch ausgelegt wird. Was der Leser dort aber nochmal schnell nach-lesen kann, ist im Film vorbei, bevor es beginnt. Ob aber Hollywood die beiden Fortsetzungen inszenieren lässt, stand nach Filmstart in den Sternen - die Zahlen waren unbefriedigend.

An der Kinokasse durchgefallen

Am Opening-Weekend (23. - 25. Dezember) machte der (geschätzt) 90-Millionen-Dollar-Film ein Box-Office von nur 12,75 Millionen US-Dollar. Die 90-Millionen-Marke übersprang er erst Anfang Februar 2012. In Hollywood gilt das nicht als zeichen dafür, dass die Zuschauer Lust auf mehr hätten. Auch David Fincher zeigt kein großes Interesse - das lässt befürchten, dass Teil 2 und 3 bestenfalls hinterher gekurbelt werden.

Störend - im ersten Moment - auch die schönen Menschen. Hier war die schwedische Erstverfilmung schon weiter. Die Blomkvist- und die Salanderfigur im Roman sind alles mögliche, aber schöne Menschen sind beide nicht. Daniel Craig (James Bond) hingegen bleibt der gut gebaute Macho mit für die Rolle angefressenem Fettring. Rooney Mara (the social network, David Fincher 2010), die die quirlige, wieselflinke, brandgefährliche, verletzliche Lisbeth spielt, ist, wenn sie ungeschminkt am Powerbook sitzt, zu schön für das Original.

Wertung: 6 von 7 €uro
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