Jeff Lebowski: ein Tagedieb. Ein Nichtstuer. Er nennt sich selbst nur „Dude”. Der „Dude” ist einer, der außer seiner Ruhe, einem guten Joint und einem White-Russian-Cocktail kaum etwas für sein täglich' Seelenheil braucht. Außer vielleicht noch eine gepflegte Bowlingpartie mit seinem cholerischen Kumpel Walter. Nichts hasst der "Dude" mehr als Ärger. Und den bekommt er jetzt durch die Blödheit zweier Geldeintreiber und die Verwechslung mit einem ungleich reicheren Namensvetter. Dessen Frau nämlich wurde entführt.
Und der "Dude" – ausgerechnet – soll jetzt das Lösegeld übergeben. Das ist der Beginn einer Katastrophenkette, die Lebowski erst seinen Perserteppich kostet, dann seine Ruhe, dann beinahe seine Geschlechtsteile und die ihm schließlich sogar seine legendäre Lässigkeit nimmt …
Der neue Film der Coen-Brüder. Nach u.a. Fargo (1996), Hudsucker (1994), Barton Fink (1991), Millers Crossing (1990) oder Blood Simple (1984) haben Joel & Ethan Coen wieder eine Geschichte gezimmert, die allein durch ihre Typen lebt. Früher, als die Filme noch Schwarz-Weiß waren, wäre das ein Film aus der Schwarzen Serie gewesen – meist waren das Verfilmungen der Romane von Raymond Chandler (an dessen The Big Sleep der aktuelle Filmtitel erinnert) oder Dashiell Hammet; Filme mit Humphrey Bogart, James Cagney oder ähnlich hardboiled Kriminalern.
Bemerkenswert ist, dass die Story als solche nicht sehr spannend ist, man aber keine Sekunde verpassen möchte. Das liegt an der Ansammlung grotesker Typen, die diesen Film-noir-in-Farbe bevölkern. Heute ist der Film bunt, der Protagonist besticht nicht durch einen Hut, sondern eine lange, fettige Mähne. Wo Bogart einst den Trenchcoat pflegte, pflegt der „Dude“ den verfilzten Bademantel. Die Figur des an den Rollstuhl gefesselten Mr. Lebowski basiert hauptsächlich auf der Figur des General Sternwood aus Chandlers „The Big Sleep“. Der hatte eine Tochter, der aktuelle Rollifahrer eine Gattin, die eher schlüpfrig im Umgang mit dem anderen Geschlecht ist. Egal, ob Schwarz-Weiß oder Farbe: Am Ende ist es immer dieselbe Dramaturgie: Aus einer Kleinigkeit wird durch eine Kleinigkeit, die falsch läuft, ein Riesen-Ding.
Großartig ist Jeff Bridges als Titelheld, der mit dieser Rolle in den Olymp jener aufgestiegen, die auf immer mit einer Rolle identifiziert werden (Liebe hat zwei Gesichter – 1996; White Squall – Reißende Strömung – 1996; Spurlos – 1993; König der Fischer – 1991; "Die fabelhaften Baker Boys" – 1989; Tucker – 1988; Starman – 1984; Tron – 1982; Heaven's Gate – 1980; King Kong – 1976; Mr. Universum – 1976; Die Letzten beißen die Hunde – 1974; Die letzte Vorstellung – 1971). Das gilt auch für Bridges Klamotten im Film. Ein großer Teil der Kleidung, die der „Dude“ im Film trägt, ist tatsächlich Jeff Bridges' eigene Kleidung, auch die Plastiksandalen. Joel Coen sagte: „Die Geschichte von Lebowski ist lächerlich und ziemlich uninteressant. Das einzige Kriterium für uns lautet: Wie interessant und realistisch sind unsere Charaktere?“ (was dann auch meinen Kritikpunkt „nicht sehr spannend, man will aber keine Sekunde verpassen“ erklärt) Ohne John Goodman (Blues Brothers 2000 – 1998; Flintstones: Die Familie Feuerstein – 1994; Hudsucker – 1994; Barton Fink – 1991; "King Ralph" – 1991; Always – Der Feuerengel von Montana – 1989) als schießwütiger Bowlingkumpel Walter wäre "The Big Lebowski" nicht realisiert worden – sagen die Coens.
Die gesammelten Werke der Coen-Brüder
- Blood Simple – Eine mörderische Nacht (1984)
- Arizona Junior (1987)
- Miller's Crossing (1990)
- Barton Fink (1991)
- Hudsucker – Der große Sprung (1994)
- Fargo – Blutiger Schnee (1996)
- The Big Lebowski (1998)
- O Brother, Where Art Thou? (2000)
- The Man Who Wasn't There (2001)
- Ein (un)möglicher Härtefall (2003)
- Ladykillers (2004)
- No Country for Old Men (2007)
- Burn After Reading (2008)
- A Serious Man (2009)
- True Grit – Vergeltung (2010)
- Inside Llewyn Davis (2013)
- Hail, Caesar! (2016)
The Ballad of Buster Scruggs (2018)