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Kinoplakat: Rhea M. – Es begann ohne Warnung (1986)

Kinofilme sind nicht die
Welt des Stephen King

Titel Rhea M. – Es begann ohne Warnung
(Maximum Overdrive)
Drehbuch Stephen King
nach seiner eigenen Kurzgeschichte "Trucks"
Regie Stephen King, USA 1986
Darsteller
Emilio Estevez, Pat Hingle, Laura Harrington, Yeardley Smith, John Short, Ellen McElduff, J.C. Quinn, Christopher Murney, Holter Graham, Frankie Faison, Pat Miller, Jack Canon, Larry Parks, John Brasington, J. Don Ferguson u.a.
Genre Horror, Action
Filmlänge 98 Minuten
Deutschlandstart
20.November 1986
Inhalt

Eines Tages gerät die Erde in den Schweif des Kometen Rhea M.. Das hat zur Folge, dass alle technischen Geräte auf der Erde Bewusstsein und Eigenleben entwickeln. Ohne Vorwarnung beginnen Geldautomaten ihre Kunden zu beschimpfen, ein Getränkeautomat beschießt Menschen mit Getränkebüchsen, harmlose Küchengeräte verwandeln sich in tödliche Killermaschinen.

Trucks belagern eine Gruppe von Menschen an der Dixie Boy, einer abgelegenen Raststätte in Wilmington, North Carolina. Die Frauen und Männer sitzen in einer Falle zwischen den monströsen Sattelschleppern einerseits und einem gefühllosen Manager andererseits. Einer der Eingeschlossenen entwickelt die Theorie, Aliens hätten die irdischen Maschinen übernommen, um die Menschheit auszurotten und den Planeten Erde für sich zu beanspruchen.

Bill Robinson, ein junger Exsträfling, ergreift schließlich die Initiative, um die scheinbar ausweglose Situation zu beenden. Das plötzliche Auftauchen eines Militärfahrzeugs mit aufgebautem M60 Maschinengewehr macht seine Pläne jedoch zunichte, als dieses mit Waffengewalt das Betanken der Monstertrucks durch die belagerten Menschen erzwingt.

Den Eingeschlossenen wird klar, dass viel mehr auf dem Spiel steht als nur ihr eigenes Überleben …

Was zu sagen wäre

Ein Film „written for the Screen and directed by Stephen King“ muss natürlich mit Hardrock-Soundtrack unterlegt sein; viele seiner Geschichten startet der Erfolgsautor mit Strophen eines Rocksongs. Hier ist es AC/DC. Dazu geht gleich zu Beginn eine Zugbrücke hoch, die gar nicht hochgehen dürfte. Da ist die Erde seit ein paar Minuten im Schweif des Kometen Rhea M., und von der Brücke fallen Autos, während Menschen schreien und Schutz suchen.

Anschließend steht ein Mann – King selbst spielt ihn – vor einem Geldautomaten und muss sich von dem als Arschloch beschimpfen lassen; „Äh, Schatz, der Geldautomat hat mich beleidigt!“ Dann kommt der um sich schießende Cola-Automat, ein blonder, aufgeweckter Junge mit E.T.-Fahrrad auf der Suche nach Hilfe. Und natürlich die disharmonische Gruppe im Dixie Boy, in der Pat Hingle den Besitzer der Raststätte und das Oberarschloch gibt. Zusammen wachsen all die Elemente nie. Klar, die Schicksalsgemeinschaft in der Raststätte – eine Reminiszenz an George A. Romeros Shopping-Mall-Flüchtlinge in "Zombie" (1978) – wird mit der Zeit größer, ein frisch getrautes Ehepaar stößt dazu, bei dem die Ehefrau derart nervtötend ist, dass man sich unweigerlich fragt, wer die wohl freiwillig heiratet; nun, ihr Gatte scheint nicht die hellste Kerze auf der Torte zu sein. Aber alle diese Fguren bleiben ohne Zusammenhang, stehen im Film herum wie vergessene Steine auf einem Mühle-Brett.

Was in Schriftform noch gehen mag – grausamste Todesarten, die Stephen King in unnachahmlicher Art erzählen kann, so, dass die blutige Brutalität immer begleitet wird vom melancholischen Schmerz des Dahinscheidens, das geht im kommerziellen Kino nicht. Deutlich wird das in einer Szene, als der aufgeweckte Junge durch die von Leichen gepflasterten Straßen seiner Suburb radelt. Überall liegen Leichen. Aus einem Schlafzimmerfenster im zweiten Stock hängt die – leicht bekleidete – Leiche einer blonden Frau, blutend. King schneidet um und blickt nun aus dem Fenster der Frau auf den Jungen auf seinem Fahrrad – und dann wieder zurück zum Jungen direkt auf der Straße. Der Umschnitt ins Schlafzimmer ergibt nur Sinn, wenn wir dort den Grund für den Tod der Frau erfahren – so, wie wir sehen konnten, dass der Nachbar auf der Terrasse tot ist, weil sein Walkman ihm augenscheinlich das Trommelfell eingedrückt hat; so, wie wir sehen konnten, dass das Spielzeug-Polizeiauto dem Hund den Kiefer zerfetzt und das Gehirn rausgehauen hat, so wie wir (andeutungsweise) sehen konnten, dass der Rasenmäher die Nachbarin zerfetzt hat. Weil technische Geräte verrückt spielen, steht zu vermuten, dass die Frau im Schlafzimmer mit einem Vibrator hantiert hat … aber das kann Hollywood unmöglich auch nur andeuten. In Kings Texten geht sowas.

Aber alles, was Kings Texte, egal ob Kurzgeschichte oder Roman, so einzigartig, so griffig, physisch nachempfindbar macht, müssen hier Kamera, Montage und Schauspieler übernehmen. Aber, sind wir mal ehrlich: Diese Story mit den durchgedrehten Lkw eignet sich wunderbar für Kings phantasievolle Schreibe und diese Kurzgeschichte, die dem Film zugrunde liegt. Sie eignet sich überhaupt nicht für die große Leinwand im Kino.

Wohlwollend kann man "Rhea M." – angesichts seiner heimlichen Hauptdarsteller – als klassischen Autokino-Film bezeichnen. Richtig gruselig ist es nie. Spannend auch nie. Aber es ist unterhaltsam, den Stereotypen dabei zuzusehen, wie sie stereotype Sachen machen und Stereotypen aufsagen. Dabei sind es lauter klassische Stephen-King-Figuren – der tapfere Held wider Willen mit Vergangenheit, der tapfere Junge, das miese Arschloch, die toughe Freundin und allerlei, nunja, Tankstellenfiguren, den Losern näher als den Winnern. Diese Figuren aus dem King-Universum werden hier kurz lebendig, um uns zu beweisen, dass literarische Szenarien und Figuren eben etwas völlig anderes sind, als gefilmte Szenarien und Figuren: Das Literarische fordert die Phantasie, der Film die gelungene Vision eines guten Erzählers.

Das klingt nach einer Binse. Is' aber so. Quot erat demonstrandum.

Wertung: 1 von 10 D-Mark
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